Pressemitteilung | Deutscher Städtetag - Hauptgeschäftsstelle Berlin

Oberbürgermeister der neuen Länder appellieren in Plauen an den Bund / Städte von Ausgaben entlasten / Lage trotz Steuermehreinnahmen weiter dramatisch / Städtebauförderung in voller Höhe erhalten

(Berlin) - Der wirtschaftliche Aufschwung kann die Haushalte der Städte in Ostdeutschland in diesem Jahr nicht stabilisieren. Hohe Sozialausgaben, geringe Steuereinnahmen und sinkende Zuweisungen drohen die kommunalen Haushalte in den neuen Ländern zu sprengen. Die Oberbürgermeister der ostdeutschen Städte appellieren deshalb an den Bund, die Finanzlage der Kommunen durch die Arbeit der Gemeindefinanzkommission in diesem Herbst deutlich zu verbessern. Außerdem riefen die Oberbürgermeister den Bund dazu auf, die geplanten Kürzungen der Städtebauförderung zurückzunehmen und diese für die Kommunen so wichtigen Mittel in voller Höhe zu erhalten.

Nach einer Konferenz der Oberbürgermeister der ostdeutschen Städte am Freitag (29. Oktober 2010) in Plauen erklärte der Hauptgeschäftsführer des Deutschen Städtetages, Dr. Stephan Articus: "Die Städte sind in den vergangenen Jahren immer stärker mit Aufgaben belastet worden, die ihre Haushalte überstrapazieren. Jetzt ist der Bund gefragt, die Kommunen durch die geplante Gemeindefinanzreform deutlich von Sozialausgaben zu entlasten, ohne die Einnahmenseite zu schwächen. Für solche Entlastungen bieten auch höhere Steuereinnahmen des Bundes eine Chance, die durch die Steuerschätzung kommende Woche erwartet werden. Es muss jetzt dringend gehandelt werden, um die Dramatik der kommunalen Finanzkrise zu entschärfen."

Der Deutsche Städtetag rechnet zwar damit, dass die Steuerschätzung, an der der Verband selbst beteiligt ist, für dieses Jahr erstmals seit Beginn der Finanz- und Wirtschaftskrise wieder steigende Gewerbesteuereinnahmen für die Gesamtheit der Kommunen in West und Ost prognostizieren wird. Dennoch erwartet der Städtetag in diesem Jahr bundesweit erstmals ein zweistelliges Milliardendefizit der Kommunen. "Entwarnung für die Kommunalfinanzen können wir noch lange nicht geben. Dafür sind die Steuereinnahmen weiter zu niedrig und unsere Ausgabenbelastungen viel zu hoch", sagte Articus.

Zur Finanzlage der Städte in den neuen Ländern berichtete der Hauptgeschäftsführer des kommunalen Spitzenverbandes: Die Einnahmen der Städte und Gemeinden in Ostdeutschland sind im Jahr 2009 auf 28,6 Milliarden Euro, das heißt um 15 Prozent, gesunken und werden sich in diesem Jahr trotz der guten Konjunktur kaum erholen oder sogar weiter sinken. Je Einwohner liegen die Steuereinnahmen der ostdeutschen Städte und Gemeinden nur etwas über der Hälfte des Westniveaus. Allerdings haben gerade auch die Städte und Gemeinden in Ostdeutschland von der Wachstumsdynamik der Gewerbesteuer profitiert: Zwischen 2000 und 2009 haben sich die Gewerbesteuereinnahmen pro Einwohner fast verdoppelt. Die Einnahmen aus Zuweisungen von Bund und Ländern sind nach wie vor die Haupteinnahmequelle der Kommunen in den neuen Ländern. Die Zuweisungen sind in den vergangenen Jahren gestiegen, werden aber voraussichtlich wieder zurückgehen. Deshalb treten auch die Städte in Ostdeutschland für eine Stärkung der Gewerbesteuer ein und lehnen es entschieden ab, die Gewerbesteuer zu schwächen.

Gleichzeitig steigen die sozialen Ausgaben weiter an - bereits von 2000 auf 2009 haben sich die Ausgaben pro Einwohner verdoppelt. Insbesondere die ständig steigenden Kosten für die Grundsicherung im Alter und bei Erwerbsunfähigkeit stellen ein immenses finanzielles Risiko für die Kommunen in Ostdeutschland dar. Ursache dafür sind die häufig unterbrochenen Erwerbsbiografien und der wachsende Niedriglohnbereich, die das Rentenniveau mittelfristig sinken lassen, sowie die demografische Entwicklung.

Appell an Bund: Halbierung der Städtebauförderung zurücknehmen, Erfolg des Investitionsprogramms sichern

Die ostdeutschen Städte warnen vor schmerzhaften Einschnitten, wenn die Mittel für die Städtebauförderung wie geplant im kommenden Jahr halbiert werden sollten. Die Oberbürgermeister in den neuen Ländern appellierten an den Bund, die Mittel auch im kommenden Jahr in vollem Umfang von 610 Millionen Euro wie in 2010 bereit zu stellen, um die Städte nicht noch zusätzlich zu belasten.

Der Oberbürgermeister von Plauen, Ralf Oberdorfer, Präsidiumsmitglied des Deutschen Städtetages, sagte: "Die Städtebauförderung auf 305 Millionen Euro für 2011 zu reduzieren, torpediert nicht nur die Bemühungen der Städte, soziale Verwerfungen in bestimmten Stadtvierteln zu vermeiden, sondern bremst auch die konjunkturelle Erholung. Denn jeder Euro Fördermittel löst nachweislich bis zu weiteren 8 Euro öffentliche und private Investitionen aus. Das stärkt das lokale Handwerk und den Mittelstand. Deshalb ist die Städtebauförderung gerade in Krisenzeiten unverzichtbar. Wenn sie drastisch reduziert wird, müssen lange geplante Projekte gestrichen werden, die die Lebensqualität für die Bürgerinnen und Bürger verbessern."

Die Städte befürchten zudem, dass die Länder ihre Komplementärfinanzierung ebenfalls reduzieren werden, wenn der Bund seine Förderung zurückfährt. Der Stadtumbau in den neuen Ländern sei noch lange nicht abgeschlossen und bedürfe weiterhin einer ausreichenden Förderung durch Bund und Länder.

Die Mittel der Städtebauförderung fließen beispielsweise in die erfolgreichen Programme "Soziale Stadt" und "Stadtumbau Ost". Sie ermöglichen vielen Städten zu investieren, zum Beispiel benachteiligte Stadtviertel attraktiver zu gestalten, preiswerten Wohnraum herzurichten oder frei werdende Liegenschaften von Industrie, Militär oder Bahn anders zu nutzen.

Quelle und Kontaktadresse:
Deutscher Städtetag, Hauptgeschäftsstelle Berlin Pressestelle Straße des 17. Juni 112, 10623 Berlin Telefon: (030) 377110, Telefax: (030) 37711999

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