Paragraphenreiter behindern E-Commerce / Umsetzung der EU-Richtlinie hat in Deutschland zu Rechtsunsicherheit im Online-Handel geführt / Weiteres Beispiel für deutsche Übererfüllung von Brüsseler Vorgaben / BITKOM veröffentlicht kostenlose Broschüre mit Checkliste und Tipps
(Berlin) - Umfangreiche neue Informationspflichten im E-Commerce erschweren den elektronischen Handel in Deutschland. Darauf macht der Bundesverband Informationswirtschaft, Telekommunikation und neue Medien (BITKOM) aufmerksam. "Viele Unternehmen kennen gar nicht die neuen, seit Ende 2004 geltenden Regeln. Kleinere Unternehmen ohne eigene Rechtsabteilung sind damit oft überfordert. Wer nicht aufpasst, dem drohen Ordnungsgelder oder Unterlassungsverfügungen", warnt Kai Kuhlmann, BITKOM-Experte für E-Commerce. Wer nur eine einzige der vielen kleinen Änderungen übersieht, kann belangt werden. Wie von BITKOM befürchtet, haben die neuen Regelungen zu erheblicher Rechtsunsicherheit geführt. So muss ein Unternehmer nun bei allen E-Commerce-Geschäften den Kunden auf Steuern und Kosten im Zusammenhang mit dem Kauf hinweisen, die der Kunde möglicherweise gegenüber Dritten tragen muss. "Welche Fälle von dieser Regelung überhaupt abgedeckt werden sollen, sagt der Gesetzgeber nicht", kritisiert Kuhlmann.
Seit dem 8. Dezember 2004 gibt es, von vielen noch unbeachtet, erweiterte Informationspflichten für den Fernabsatz, den Verkauf von Waren und Dienstleistungen per Internet, Fernseher oder anderen Kommunikationsmitteln. An diesem Tag ist die deutsche Umsetzung der Europäischen Richtlinie 2002/65/EG in Kraft getreten, das "Gesetz zur Änderung der Vorschriften über Fernabsatzverträge bei Finanzdienstleistungen". Anders als von der EU gefordert, bringt das Gesetz in Deutschland nicht nur Änderungen für Anbieter von Finanzdienstleistungen, sondern für alle Unternehmen, die im Internet ihre Waren oder Dienstleistungen anbieten. Kuhlmann: "Wieder einmal hat der deutsche Gesetzgeber eine Brüsseler Vorgabe aus vermeintlichem Verbraucherschutz zum Nachteil der Unternehmen übererfüllt."
Das neue Gesetz vermehrt die schon bislang sehr umfangreichen rechtlichen Vorschriften für E-Commerce-Anbieter. So reichte früher nach §1 der Informationspflichten-Verordnung die Angabe der Unternehmensidentität aus. Nun müssen alle Unternehmen zusätzlich "die Identität eines Vertreters des Unternehmens in dem Mitgliedstaat, in dem der Verbraucher seinen Wohnsitz hat, wenn es einen solchen Vertreter gibt, oder die Identität einer anderen gewerblich tätigen Person als dem Anbieter, wenn der Verbraucher mit dieser geschäftlich zu tun hat, und die Eigenschaft, in der diese Person gegenüber dem Verbraucher tätig wird" angeben. "Die Vorschriften im E-Commerce werden unnötig aufgebläht. Damit bedrohen sie den Internet-Handel in Deutschland", sagt Kuhlmann. Rund 203 Milliarden Euro wurden im vergangenen Jahr in Deutschland per E-Commerce umgesetzt, 76 Prozent mehr als 2003. Nach Berechungen des European Information Technology Observatory (EITO) könnten es 2008 rund 670 Milliarden Euro werden. "Dieses florierende Geschäftsfeld sollte gefördert und nicht behindert werden", sagt Kuhlmann.
Der BITKOM hat daher eine Praxishilfe erstellt, die nicht nur die bisherigen, sondern auch alle neuen Informationspflichten im E-Commerce berücksichtigt. Mit der Praxishilfe können Unternehmen anhand einer Checkliste überprüfen, ob ihr Online-Angebot gesetzeskonform ist und in welchen Bereichen juristische Schwierigkeiten drohen. Die Broschüre kann kostenlos im Internet unter http://www.bitkom.org/de/publikationen/1357_30792.aspx (siehe Downloadfenster) herunter geladen werden.
Quelle und Kontaktadresse:
Bundesverband Informationswirtschaft, Telekommunikation und neue Medien e.V. (BITKOM)
Marc Thylmann
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