Pressemitteilung | Bayerischer Lehrer- und Lehrerinnenverband e.V. im VBE (BLLV)

Personaldecke an Förderschulen extrem dünn / BLLV-Präsident Albin Dannhäuser und BLLV-Fachgruppenleiter Frank Tollkühn warnen vor weiteren Verschlechterungen an Förderschulen / „Mehr Personal!“

(München) - Vor einer weiteren Verschlechterung der Lern- und Arbeitsbedingungen an Bayerns Förderschulen haben Frank Tollkühn, Leiter der Fachgruppe Förderschulen beim Bayerischen Lehrer- und Lehrerinnenverband, und BLLV-Präsident Albin Dannhäuser gewarnt. Die Zahl der Schülerinnen und Schüler mit sonderpädagogischem Förderbedarf ist in den vergangenen Jahren drastisch gestiegen. „Sie wird weiter steigen, wenn jetzt auch noch Schülerinnen und Schüler in Förderschulen gedrängt werden sollen, nur weil sie nicht ausreichend deutsch sprechen können“, warnten beide und kritisierten, dass die Personaldecke jetzt schon „extrem dünn“ sei. „An keiner anderen Schulart müssen so viele Vertretungsstunden gehalten werden, wie an Förderschulen.“ Sie forderten die Staatsregierung auf, ein langfristiges Konzept vorzulegen, um eine bessere Personalversorgung an den Schulen sicherzustellen. Eine vom BLLV im Dezember 2005 durchgeführte Befragung unter 416 Förderschullehrern/innen ergab, dass über 91 Prozent der Beschäftigten an Förderschulen in Bayern „eine Verbesserung der Rahmenbedingungen ihrer Schulart für sehr oder äußerst wichtig“ halten. Knapp 80 Prozent wünschen sich mehr Zeit für die individuelle Betreuung ihrer Schüler/innen und die notwendige Kooperation mit den Lehrern/innen an Grund- und Hauptschulen.

Wurden vor zehn Jahren knapp 60.000 Kinder sonderpädagogisch betreut, sind es heute pro Schuljahr in Bayern ca. 78.000 Schüler/innen (+30 Prozent).
Während an den Volksschulen zur sonderpädagogischen Förderung die Schülerzahl kontinuierlich von rund 55.000 (1995/96) auf jetzt gut 61.000 anstieg (+11 Prozent), explodierte im gleichen Zeitraum die Zahl der vom Mobilen Sonderpädagogischen Dienst (MSD) betreuten Schüler/innen an Grund- und Hauptschulen von rund 5.800 auf jetzt 17.200 (+198 Prozent) - innerhalb von zehn Jahren eine Verdreifachung der Schülerzahl. Der enorme Anstieg an Schülern, bei denen ein sonderpädagogischer Förderbedarf diagnostiziert wurde, zeigt deutlich die Zunahme an Lernerschwernissen in der Schülerschaft der allgemeinen Schule. Es stellt sich die Frage, ob wirklich alle betreuten Schüler/innen ausreichend durch den zeitlich befristeten Einsatz des MSD versorgt sind
- im Schnitt hat ein MSD-Lehrer 36 Schüler/innen zu betreuen.

„Das Angebot hinkt dem Bedarf deutlich hinterher“, kritisierte Tollkühn „aber auch an den Volkschulen zur sonderpädagogischen Förderung besteht Handlungsbedarf.“ Seiner Meinung nach müsste sich das Profil in Zukunft vor allem durch kleinere Klassen, ausreichende Differenzierungs- und Therapiestunden sowie ein spezielles pädagogisches Angebot auszeichnen.
Dieser Anspruch spiegelt sich auch in den Ergebnissen der BLLV-Befragung
wieder: 84 Prozent der Befragten halten den Ausbau der Schulsozialarbeit für dringend erforderlich, 81 Prozent fordern mehr Lehrerstunden pro Klasse für die Differenzierung und 78 Prozent „pädagogisch sinnvolle Klassengrößen“. „Dies wird sicherlich nicht erreicht, wenn auch im nächsten Schuljahr grundsätzlich die Klassenbildung in allen Planungsphasen auf die Höchstschülerzahlen auszurichten ist. 17 Schüler mit dem Förderschwerpunkt Lernen in einer Klasse ist aus sonderpädagogischer Sicht abzulehnen, da damit dem tatsächlichen individuellen Förderbedarf nicht Rechnung getragen werden kann“, so Tollkühn.

„In keiner anderen Schulart müssen so viele Vertretungsstunden bei Krankheit oder Fortbildung gehalten werden, wie an den Förderschulen.
Diese Tatsache erfordert von den Beschäftigten enorme Flexibilität, Einsatzbereitschaft und ist ein deutliches Zeichen für die enorme Belastung durch die herrschenden Arbeitsbedingungen“, erklärte Dannhäuser. „Gerade die Kolleginnen und Kollegen an Förderschulen führen Klassen mit und erteilen zusätzliche Unterrichtstunden - ohne jede Vergütung.“ Die Leidtragenden dieser dramatischen Situation sind aber vor allem die Schülerinnen und Schüler mit sonderpädagogischem Förderbedarf“, stellten Tollkühn und Dannhäuser fest. „Sie bedürfen einer verlässlichen, konsequenten und garantierten Förderung. Gerade in der Schulart, in der traditionell die individuelle Förderung im Mittelpunkt steht, müssen oftmals Differenzierungs- und Förderstunden ersatzlos entfallen. Darüber hinaus betrifft es auch Schülerinnen und Schüler aus den Grund- und Hauptschulen, wenn aufgrund der personellen Knappheit, die Kolleginnen und Kollegen vom MSD zurückgeholt werden, um den Unterricht an der Stammschule zu gewährleisten.

Der BLLV-Fachgruppenleiter und Dannhäuser forderten ein Konzept, mit dem diese Mängel umgehend beseitigt werden können.“ Die Lern- und Arbeitsbedingungen an Förderschulen dürfen sich nicht weiter verschlechtern. Neben einer langfristigen Personalpolitik sind außerdem ausreichende finanzielle Mittel erforderlich, „damit wieder mehr junge, motivierte und fertig ausgebildete Kolleginnen und Kollegen an den Förderschulen arbeiten können.“

Quelle und Kontaktadresse:
Bayerischer Lehrer- und Lehrerinnenverband e.V. im VBE (BLLV) Annemarie Detsch, Pressesekretariat Bavariaring 37, 80336 München Telefon: (089) 72100128, Telefax: (089) 72100155

(bl)

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