Pressemitteilung | Deutscher Caritasverband e.V.

Pflege in Unruhezeiten / Caritas-Gemeinschaft für Pflege- und Sozialberufe denkt über Prinzipien und Rahmenbedingungen nach

(Freiburg) - Zwei Tage Standortbestimmung der Pflegeberufe: Bei einem Festakt zu Ehren ihrer ersten Vorsitzenden, Adelheid Testa (1904 – 1945) und einer anschließenden Fachtagung unter dem Motto „Pflege- in Unruhezeiten“ hat sich die Caritas-Gemeinschaft für Pflege- und Sozialberufe mit ihren Prinzipien gestern, heute und morgen beschäftigt.

Gesundheits- und Pflegeeinrichtungen befänden sich in einer gravierenden Umbruchphase, sagte Veronika Koch, Professorin der Katholischen Fachhochschule Norddeutschland in Osnabrück. Sie nannte als Beispiele die Schließung zahlreicher Krankenhäuser, Personalknappheit, die unklare Zukunft der Ausbildungsstätten – „eine solche Dynamik der Veränderung habe ich in meinem Berufsleben bisher noch nicht erfahren.“ Die Strukturdebatte in den Einrichtungen beeinträchtige den Alltag in der Pflege. Die Betriebswirtin erinnerte daran, dass in Pflege- und Gesundheitseinrichtungen nicht der Gewinn als oberstes Ziel stehen dürfe. An erster Stelle gehe es um die Leistung, die zu erbringen sei, und um den Bedarf in der Bevölkerung. Unter den heutigen Rahmenbedingungen sei allerdings fraglich, wie die erwünschte Leistung gewährleistet werden könne:

Immer weniger Personal versorge immer mehr Menschen mit einem immer höheren Pflegebedarf. Das heiße zwangsläufig: „Es werden bestimmte Arbeiten nicht mehr gemacht.“

Unter den Tisch fallen, so Gertrud Hundenborn, Professorin an der Katholischen Fachhochschule Köln, vor allem solche Arbeiten, die schwer mess- und nachweisbar sind wie Zuhören und Zuwendung. Für diese „Beziehungsarbeit“ gebe es nicht die nötigen Rahmenbedingungen, nicht genügend Personal und keine Vergütung. Es sei nachgewiesen, dass die Pflegenden diese strukturellen Mängel durch freiwillige Mehrarbeit kompensieren – mit der Folge, dass sie selbst ein erhöhtes Gesundheitsrisiko eingingen. Neben dem bekannten Burn-out-Syndrom sei in letzter Zeit verstärkt ein Cool-out-Phänomen zu beobachten: „Viele Pflegekräfte schotten sich emotional ab und werden gefühlskalt gegenüber den kranken und alten Menschen.“ Dabei, so Hundenborn, sei der Boden im Grunde günstig für eine Anerkennung der emotionalen Anteile an der Pflegearbeit: In der Dienstleistungsgesellschaft seien Fähigkeiten wie emotionale Intelligenz, Empathie und Teamgeist allgemein gefragt.

Professorin Schwester Benedicta Arndt machte eine Veränderung im Nachdenken über die Ethik in der Pflege aus. Erst seit den 50-er Jahren des 20. Jahrhunderts werde thematisiert, was zuvor als „implizierte Selbstverständlichkeit“ angesehen worden sei. In den letzten drei Jahrzehnten seien tausende Bücher über Ethik in der Pflege auf den Markt gekommen. „Hat das Nachdenken über Ethik etwas im Pflege-Handeln verändert?“, fragte Benedicta Arndt provozierend, „oder hat es vielmehr dazu geführt, dass die selbstverständlichen zwischenmenschlichen Aspekte der Beziehungsarbeit heute ignoriert werden?“ Trotzdem forderte die Professorin ausdrücklich zum Philosophieren auf: Das Wissen über Ethik sei zwar nicht gleichzusetzen mit gutem moralischen Handeln, „aber es ist eine Voraussetzung für die Reflexion über die Praxis.“

Quelle und Kontaktadresse:
Deutscher Caritasverband e.V. Karlstr. 40, 79104 Freiburg Telefon: 0761/2000, Telefax: 0761/200541

NEWS TEILEN: