PISA-Konsequenz: Leistung statt Auslese stärken
(Berlin) - Als Problem des deutschen Schulsystems bezeichnet der Bundesvorsitzende des Verbands Bildung und Erziehung (VBE) Ludwig Eckinger, dass Leistung und Auslese miteinander verwechselt werden.
Es wäre ein fatales Missverständnis, so Eckinger, unter der Flagge von PISA den überkommenen Schulstrukturstreit neu zu beleben. Wir müssen uns stattdessen zu einer Neubewertung der Schulstufen bekennen. Die Voraussetzungen für gelingende Bildungskarrieren werden vor allem im Kindergarten und in der Grundschule gelegt. Wir müssen deshalb die Bildungspolitik vom Kopf auf die Füße stellen. Das erfordere auch eine Umverteilung der Bildungsinvestitionen. In Deutschland würden 17 Prozent des Bruttoinlandsprodukts (BIP) pro Kopf für einen Grundschüler ausgegeben, im OECD-Duchschnitt seien es aber 20 Prozent. Auch für Schüler der Sekundarstufe I liege Deutschland mit 21 Prozent unter dem OECD-Durchschnitt von 23 Prozent.
Hochproblematisch sei es zudem, dass der Bildungsauftrag des Kindergartens durch tendenziell steigende Elterngebühren eingeschränkt sei. Das verhindere vor allem, dass Kinder aus bildungsfernen Familien, und hier insbesondere aus Migrantenfamilien, das Bildungsangebot des Kindergartens nicht in Anspruch nehmen. Ludwig Eckinger verweist auf Untersuchungen des Deutschen Jugendinstitutes, wonach fast jedes vierte Kind zwischen drei und sieben Jahren aus Migrantenfamilien nicht in den Kindergarten geht. Die Kinder aus schwierigen sozialen Milieus drohen damit schon ganz am Anfang ihres Bildungsweges abgehängt zu werden, stellt VBE-Bundesvorsitzender Eckinger fest.
Nach wie vor ist auch die Durchlässigkeit des deutschen Schulsystems von unten nach oben nicht ausreichend, betont Ludwig Eckinger. Wir dürfen uns keine Bildungssackgassen leisten, wenn tatsächlich die Bildung eines jeden im Interesse aller liegt. In Deutschland wird nach wie vor einseitig darauf gesetzt, das Abitur als alleinigen Königsweg zu bewerten. Dass aber zehn Prozent der Schülerinnen und Schüler ohne Schulabschluss bleiben und damit ohne berufliche Zukunft, wird zu wenig gesehen. Hier droht sozialer Sprengstoff, warnt der VBE-Bundesvorsitzende. Eckinger kritisiert, dass die vorliegenden Bildungsstandards auf die gegliederten Schulabschlüsse abgestimmt seien und damit die Durchlässigkeit der gestuften Bildungsangebote behindert werde. Der VBE sei zwar grundsätzlich für Bildungsstandards, um allen Schülern vergleichbare Bildungsangebote zu sichern. Es wäre aber ein großes Missverständnis, wenn Bildungsstandards als Bildungsbarrieren wirken könnten.
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