Pressemitteilung | Gewerkschaft Deutscher Lokomotivführer im Deutschen Beamtenbund (GDL)

Podiumsdiskussion: Faire Löhne - fairer Wettbewerb

(Frankfurt am Main) - "Der Wettbewerb im deutschen Eisenbahnverkehr wird heute fast ausschließlich über die niedrigsten Löhne für die Lokomotivführer und Zugbegleiter ausgetragen. Es ist nicht hinnehmbar, dass zehn Prozent der Lokomotivführer bei bestimmten nichtbundeseigenen Bahnen in Deutschland um bis zu 30 Prozent weniger Lohn für ihre verantwortungsvolle Tätigkeit im Schicht- und Wechseldienst erhalten als beim Marktführer Deutsche Bahn." Das erklärte der Bundesvorsitzende der Gewerkschaft Deutscher Lokomotivführer (GDL) Claus Weselsky in seiner Auftaktrede zur Podiumsdiskussion "Politischer Rahmen für faire Löhne und fairen Wettbewerb im Schienenverkehr" am 5. August 2009 in Berlin. "Für Zugbegleiter reicht das Entgelt bei manchen nichtbundeseigenen Bahnen noch nicht einmal zur Ernährung ihrer Familie aus. Vereinzelt müssen sogar Ansprüche auf Sozialleistungen geltend gemacht werden", so Weselsky.

Flächen-Eisenbahnfahrpersonaltarifvertrag für faire Entlohnung

"Damit das gesamte Fahrpersonal in Deutschland fair entlohnt wird, wollen wir einen Flächen-Eisenbahnfahrpersonaltarifvertrag (Flächen-EFPTV) abschließen", erklärte der GDL-Bundesvorsitzende.

Weg der GDL ist richtig

Professor Gregor Thüsing von der Universität Bonn zitierte in seinem Einführungsvortrag die Montagsausgabe der Frankfurter Allgemeinen Zeitung: "Der Postdienstleister TNT zahlt trotz der Aufnahme dieser Branche ins Entsendegesetz nicht den vereinbarten Mindestlohn und gewinnt trotzdem öffentliche Ausschreibungen." Das sei eine typische Kostensenkung auf Kosten des Personals, die auch noch durch den Gewinn von Ausschreibungen gewürdigt wird. Das zeige uns, dass Tariftreue nicht eingefordert werden kann. "Zum einen ist hier der Staat in der Verantwortung. Denn er schafft die gesetzlichen Grundlagen, sei es im Arbeitskampf- oder im Vergaberecht. Zum anderen sind für eine angemessene Entlohnung starke Gewerkschaften unverzichtbar. Von daher besteht große Sympathie für den von der GDL eingeschlagenen Weg", so Thüsing.

Einigkeit über faire Entlohnung

Trotz der üblichen Polarisierung im Wahlkampf waren sich die verkehrspolitischen Sprecher der Fraktionen beim Thema "faire Löhne" in der Podiumsdiskussion einig: Dirk Fischer (CDU/CSU) sprach sich für vergleichbare Löhne bei vergleichbarer Leistung aus: "Wir wollen vernünftige Löhne." Uwe Beckmeyer (SPD) sagte: "Leute müssen von dem leben können, was sie verdienen." "Selbst im Falle einer 100-prozentigen Privatisierung der Bahn müssen Lokführer ihrer Leistung und Verantwortung entsprechend vergütet werden", so Horst Friedrich (FDP). Der verkehrspolitische Sprecher der Europafraktion Die Grünen Michael Cramer erklärte: "Toll, dass sich die GDL um die zehn Prozent kümmert, die von der Lohnentwicklung abgekoppelt sind. Wir wollen kein Lohndumping." Dorothee Menzner (Die Linke) konstatierte: "Menschen, die in diesem Land in Vollzeit qualifizierte Arbeit leisten, müssen auch entsprechend gelohnt werden."

Zustimmung zum Flächen-FPTV

Sehr erfreut war die GDL auch darüber, dass keiner der verkehrspolitischen Sprecher die Maßnahme dazu - den Flächen-EFPTV - in Frage stellte.

"Bei so viel Übereinstimmung", scherzte Weselsky, "hätten wir fast schon unseren Tarifvertragsentwurf zur Unterschrift vorlegen können. Dies bestärkt uns und zeigt uns, dass unser Ansatz richtig ist. Wettbewerb muss über Qualität ausgetragen werden und nicht über die Löhne des Fahrpersonals. Wir machen uns aber keine Illusionen: Die zehn Prozent der Unternehmen, die unter DB-Niveau entlohnen, sind sehr schwer zu normieren. Das geht nur mit Hilfe von rechtlichen Rahmenbedingungen."

Bekenntnis zu vernünftigen Rahmenbedingungen, aber mit unterschiedlichen Maßnahmen

Fischer sprach sich für vernünftige Rahmenbedingungen im Wettbewerb aus. Zwar ginge ihm ein bundeseinheitliches Vergabegesetz zu weit. Er befürwortete aber eine bessere Überleitung des Eisenbahnfahrpersonals, wenn ein neues Eisenbahnverkehrsunternehmen eine Ausschreibung gewonnen hat. "Dazu müssen wir uns zusammen mit den Ländern Gedanken machen", so Fischer.

Beckmeyer ist nicht glücklich über die derzeitige Ausschreibungspraxis: So sollte zwar bei der Vergabe des "Bremer-S-Bahn-Sterns das Tariftreuegesetz angewendet werden. Trotzdem habe ein inländischer Konkurrent mit niedrigeren Tariflöhnen den Zuschlag bekommen. "Ich habe daraus den Schluss gezogen: Der Wettbewerb über eine Abwärtsspirale der Löhne muss ein Ende haben. Die Gewerkschaften sind gut beraten, gegen solche Verkehrsverträge gemeinschaftlich anzugehen. Von der SPD gibt es dazu volle Unterstützung."

Für Friedrich sind Regionalisierungsmittel eine willkommene Einnahmequelle des früheren Monopolisten. "Es ist schon eigenartig, dass ein Unternehmen, das bereits eine Strecke bedient, bei einer Ausschreibung der gleichen Strecke um 600 Millionen Euro günstiger anbietet. Wenn ich die gleiche Leistung bei gleicher Qualität bekomme, muss ich Steuergelder vernünftig einsetzen. Das ändert aber nichts an einer entsprechenden angemessenen Vergütung des Fahrpersonals."

Cramer votierte eindeutig für Tariftreue im Verkehrsrecht: "Wir Grüne sind für den Wettbewerb, aber für fairen." Am Beispiel der Franzosen zeigte er außerdem auf, wohin Monopole führen können: In Frankreich sei der Schienenverkehr um 25 Prozent geschrumpft.

Menzner sprach sich für eine grundsätzliche politische Debatte aus: "Wollen wir, was billig ist oder was schnell ist, oder ist uns ein sozialer und ökologischer Verkehr politisch auch etwas Wert? Dabei spielen auch die Gewerkschaften eine wichtige Rolle. Und hier gibt es auch sehr gute Gründe für Spartengewerkschaften. Nicht jede Berufsgruppe fühlt sich von einer großen Gewerkschaft richtig vertreten."

Einladung an Bahngewerkschaften

"Uns ist bewusst, dass der vor uns liegende Weg schwierig ist. Wir können bestehende Lohnunterschiede von bis zu rund 30 Prozent nicht von heute auf morgen beseitigen. Hier sind wir bei bereits bestehenden Verkehrsverträgen bereit, eine stufenförmige Angleichung zu akzeptieren. Die GDL hat jedoch schon bewiesen, dass sie dicke Bretter bohren kann und sie wird dies auch hier tun. Gleichzeitig haben wir die anderen Bahngewerkschaften eingeladen, den Flächen-EFPTV mitzuverhandeln. Dadurch können wir den Druck nochmals erhöhen", so Weselsky.

Quelle und Kontaktadresse:
Gewerkschaft Deutscher Lokomotivführer im Deutschen Beamtenbund (GDL) Gerda Seibert, Leiterin, Presse- und Öffentlichkeitsarbeit Baumweg 45, 60316 Frankfurt am Main Telefon: (069) 405709-0, Telefax: (069) 405709-129

(el)

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