Pressemitteilung | (vzbv) Verbraucherzentrale Bundesverband e.V.

Qualitätsoffensive bei Lebensmitteln

(Berlin) - Der Bundesverband der Verbraucherzentralen und Verbraucherverbände (BVZV) hat zu einer radikalen Umkehr bei Lebensmittelproduktion und -konsum aufgerufen. "Verbraucher, Landwirtschaft, Lebensmittelindustrie und Handel müssen gemeinsam neue Standards der Lebensmittelqualität einführen," sagte die Vorsitzende des Bundesverbandes der Verbraucherzentralen und Verbraucherverbände (BVZV) e.V., Edda Müller, bei einer Tagung in Berlin.

"Wir brauchen einen Qualitätsbegriff, der die Art und Weise, wie unsere Lebensmittel erzeugt werden, einschließt - dazu müssen künftig auch Umwelt- und Tierschutzstandards gehören," so BVZV-Vorstand Müller. "Wir müssen weg von der Schizophrenie, dass zwar 80 Prozent der Verbraucher die Käfighaltung von Hühnern strikt ablehnen, dass aber nur 20 Prozent auch tatsächlich Eier aus Freilandhaltung kaufen." Um das Verbraucherverhalten zu verändern, müssen Kaufbarrieren abgebaut werden. "Verlässliche Verbraucherinformationen und glaubhafte Produktkennzeichnungen sind ebenso notwendig wie ein flächendeckendes Angebot qualitativ hochwertiger Nahrungsmittel", sagte Frau Müller. Als Schutz vor Täuschung und irreführender Werbung müssten außerdem individuelle Schadensersatzrechte eingeführt werden. "Auch bei Nahrungsmitteln muss konsequent das Verursacherprinzip gelten," sagte BVZV-Vorstand Müller.
Bundesverbraucherministerin Renate Künast unterstützt die Initiative der Verbraucherverbände für Qualität. "Genau das ist es, was wir brauchen, um in unserer verbraucherorientierten Politik voranzukommen," so Künast.

Verbraucherschutz sei auch vorbeugender Gesundheits- und Umweltschutz und verhindere hohe gesellschaftliche Folgekosten, die bei Fehlentwicklungen entstünden. Die Politik sei dabei, im Benehmen mit allen Beteiligten die Rahmenbedingungen zu setzen und die Standards für eine solche Qualitätsoffensive zu definieren. In diesen Wochen gehe es um die Standards für das Ökosiegel sowie die Eckpunkte, um öffentliche Mittel vermehrt in Umwelt- und Tierschutzbereiche zu lenken. Die Bundesregierung habe bereits ein Verbot der Batteriehaltung von Legehennen auf den Weg gebracht. "Mitmachen müssen aber nicht nur die Anbieter, sondern vor allem auch die Verbraucher durch ihre gezielte Nachfrage," erklärte die Ministerin. "Verbraucher sollen ihre Marktmacht nutzen und wirklich mit dem Einkaufskorb Politik machen."


Bauern nicht in Mengenproduktion drängen

Dr. Claus Hipp, Geschäftsführender Gesellschafter der Hipp-Unternehmensgruppe, sagte: "Wenn wir naturnah produzierte Rohstoffe verwenden, wie es unter dem Gesichtspunkt der Nachhaltigkeit dringend erforderlich ist, dann müssen die Bauern für ihre Leistung gerecht entlohnt werden, sonst müssen sie weiterhin, um zu überleben, in eine problematische Mengenproduktion ausweichen."

Für mehr Transparenz für den Verbraucher beim Qualitätsmanagement der Unternehmen plädiert der Hauptgeschäftsführer der Bundesvereinigung der deutschen Ernährungsindustrie, Prof. Dr. Matthias Horst. "Die Unternehmen müssen mehr als bisher dem Verbraucher in einem offenen Dialog die Methoden und Vorteile moderner Lebensmittelherstellung verdeutlichen und die Kriterien ihrer Qualitätsmanagementsysteme darlegen."


Gute Produkte zu Schnäppchenpreisen ?

Der Geschäftsführer von Slow Food Deutschland e.V., Andrea Arcais, sagte: "Produkte, die gesund sind, deren Qualität durch die Produzenten und Weiterverarbeiter gewährleistet werden kann, haben ihren Preis — und den müssen sie auch erzielen. Gute Produkte zu Recht zu verlangen, gleichzeitig für diese aber Schnäppchenpreise zu erwarten, geht mit einer bewussten und genussvollen Haltung gegenüber unserem Essen nicht zusammen."

An der vom BVZV veranstalteten Konferenz unter dem Titel "Muss Lebensmittelqualität mehr kosten? Herausforderungen an eine neue Verbraucherpolitik" nahmen rund 250 Vertreter aus Landwirtschaft, Handel, Ernährungsindustrie, Politik und Wissenschaft teil. Ziel der Konferenz war es, eine gemeinsame Qualitätsoffensive aller Akteure für bessere Lebensmittel zu verabreden. Der BVZV ist sich dabei der Tatsache bewusst, dass auch die Verbraucher ihren Beitrag zu einer Qualitätsoffensive leisten müssen. Thema der Veranstaltung war deshalb insbesondere die Frage, inwieweit und unter welchen Voraussetzungen die Verbraucher bereit sind, höhere Preise für qualitätsvolle, sichere und gesunde Lebensmittel zu akzeptieren.

Die vom BVZV veranstaltete Tagung ist am Abend mit der Veröffentlichung einer "Berlin-Resolution - 10-Punkte-Programm einer Qualitätsoffensive für bessere Lebensmittel" zu Ende gegangen. In der Resolution verpflichten sich die Konferenzteilnehmer zu konkreten Schritten hin zu Qualitätsstandards, die die Art und Weise, wie unsere Lebensmittel erzeugt werden, einschließt.

Nationale Konferenz für Neuanfang in der Agrarwirtschaft
Um die auf der Tagung eingeleitete Qualitätsoffensive fortzusetzen und verbindliche Schritte für alle beteiligten Akteure zu vereinbaren, fordert der BVZV die Einberufung einer "Nationalen Konferenz für einen Neuanfang in der Agrar- und Lebensmittelwirtschaft" durch Bundeskanzler Schröder.


Der BVZV

Der Bundesverband der Verbraucherzentralen und Verbraucherverbände (BVZV) ist die Dachorganisation der verbraucherpolitischen Organisationen in Deutschland. Der BVZV vertritt die Interessen der Verbraucher - in der Öffentlichkeit und gegenüber Politik, Verwaltung und Wirtschaft. Der BVZV arbeitet gemeinnützig und ist parteipolitisch neutral. Sitz des BVZV ist Berlin.

Gegründet wurde der BVZV im November 2000 als Ergebnis einer Strukturreform der deutschen Verbraucherorganisationen. Im BVZV haben sich die drei Bundesorganisationen Arbeitsgemeinschaft der Verbraucherverbände e.V. (AgV), die Stiftung Verbraucherinstitut (VI) und der Verbraucherschutzverein (VSV) zusammengeschlossen. Mitglieder des BVZV sind die 16 Verbraucherzentralen der Länder sowie 18 weitere sozial orientierte Organisationen.

Quelle und Kontaktadresse:
Bundesverband der Verbraucherzentralen und Verbraucherverbände Verbraucherzentrale Bundesverband e.V. (BVZV) Markgrafenstraße 66 10969 Berlin Tel.: 030/25800-0 Fax: 030/25800-18

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