Pressemitteilung | DIHK - Deutscher Industrie- und Handelskammertag e.V.

Reformdruck für das deutsche Bildungssystem: Der Europäische Qualifikationsrahmen

(Berlin) - Die Europäische Kommission hat jüngst mit ihrem Vorschlag für einen Europäischen Qualifikationsrahmen (EQF – European Qualifications Framework) den Grundstein für eine europaweite Vergleichbarkeit von beruflichen Qualifikationen und Kompetenzen gelegt. Die Einschätzung von nationalen Bildungsabschlüssen im europäischen Ausland soll erleichtert und damit ein wichtiger Hemmschuh für die internationale Mobilität von Arbeitskräften beseitigt werden.

Neuer Fokus: Kompetenzen statt Ausbildungsform

Tragendes Prinzip des EQF ist die Orientierung an Lernergebnissen. Ziel ist, erworbene Qualifikationen und die dahinter stehenden Kompetenzen lesbar zu machen. Entscheidend ist deshalb nicht mehr, wie, wann und wie lange jemand gelernt hat, sondern die tatsächlichen Lernergebnisse. Dazu gehören nach dem EQF u.a. kognitive Fähigkeiten, Innovationsfähigkeit und kreatives Denken. Ausbildungsdauer, Ausbildungsort und die Ausbildungsform hingegen spielen explizit keine Rolle mehr. Für die deutschen dualen Berufsabschlüsse bedeutet der EQF eine Verbesserung: Mechatroniker ist in Deutschland ein dualer Ausbildungsberuf. In vielen anderen Ländern existiert dieser Beruf aber nur als vollzeitschulische Ausbildung oder als Fachhochschulstudium. Die Lernergebnisse sind oftmals dieselben. Bislang werden deutsche Berufsabschlüsse mit ihrem hohen Anteil betrieblicher Lernzeit jedoch unterhalb vergleichbarer rein schulischer Berufsabschlüsse anderer Länder eingruppiert. Dass man aber gerade im Betrieb die notwendige Praxiserfahrung erwirbt, die sich Fachhochschulabgänger erst aneignen müssen, wird bis heute nicht berücksichtigt. Durch die Fokussierung auf Lernergebnisse im EQF könnte künftig ein deutscher Ausbildungsmechatroniker bei entsprechenden Fähigkeiten wie ein britischer Fachhochschulmechatroniker eingeordnet werden.

Vom EQF zum NQF

Der EQF kann – als freiwilliges Instrument – nur dann als „Meta-Qualifikationsrahmen“ über den verschiedenen Bildungssystemen und -bereichen in Europa ein Erfolg werden, wenn die Nationalstaaten ihn konsequent im eigenen Land umsetzen. In Deutschland soll nun deshalb ein Nationaler Qualifikationsrahmen (NQF) geschaffen werden, der einerseits kompatibel zu der europäischen Variante sein und andererseits die Gegebenheiten des deutschen Bildungssystems berücksichtigen sollte. Aus Sicht der Wirtschaft muss die Politik einen NQF konzipieren, der ähnlich flexibel und offen ist wie der EQF. Nur dann können auch außergewöhnliche Karrierewege wie z.B. die eines Jürgen Klinsmann, Joschka Fischer oder Lothar Späth richtig abgebildet werden.

Grundphilosophie des EQF nutzen

Der EQF soll als gemeinsames Instrument für akademische wie berufliche Bildung gleichermaßen angewendet werden. Erwartet wird hierdurch eine stärkere Durchlässigkeit der europäischen Bildungssysteme. Das muss sich endlich auch in Deutschland durchsetzen. Bisher sind die Regelungen der Bundesländer so unterschiedlich und kompliziert, dass nur etwa ein Prozent aller Studierenden nach einer beruflichen Bildung, aber ohne Abitur an die Hochschulen kommt. Die IHK-Organisation fordert daher: Der Ankündigung der Bundesregierung, diese Schranken zu öffnen, müssen nun Taten folgen! Österreich und die Schweiz machen uns auf diesem Gebiet einiges vor: Dort ermöglicht nach dem Grundsatz „Kein Abschluss ohne Anschluss“ auch die „Berufsmatura“ den direkten Zugang zu Universitäten und Fachhochschulen bis ins fünfte Semester der entsprechenden Studienrichtung.

Quelle und Kontaktadresse:
Deutscher Industrie- und Handelskammertag (DIHK) Ute Brüssel, Pressesprecherin Breite Str. 29, 10178 Berlin Telefon: (030) 203080, Telefax: (030) 203081000

(bl)

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