Rohstoffpolitik / Wirtschafts- und Umweltverbände: Rohstoffe in Hessen gewinnen und so die Versorgung sichern, Baukosten senken und Arten- und Naturschutz wahren
(Frankfurt am Main) - Das erste Drittel der neuen Legislaturperiode ist vorbei. Aus diesem Anlass haben Verbände der Rohstoffwirtschaft, der Naturschutzbund NABU Hessen sowie die Vereinigung der hessischen Unternehmerverbände (VhU) heute eine Bestandsaufnahe zu politischen Anliegen zur Gewinnung regionaler Rohstoffe an die hessische Landespolitik vorgestellt. Ein zentrales Anliegen ist weiterhin, mineralische Rohstoffe wie Sand, Kies, Naturstein (wie z.B. Basalt, Kalkstein) und Ton vor Ort in Hessen gewinnen zu dürfen und nicht aus anderen Ländern oder dem Ausland importieren zu müssen. So ließen sich die Versorgungssicherheit erhöhen und Baukosten senken. Umwelt- und Naturschutz müssen dabei gewahrt und der Erhalt seltener Arten, die sich aufgrund der geeigneten Lebensräume in Rohstoffgewinnungsbetrieben ansiedeln, unterstützt werden.
Die Verbände wünschen sich eine Zeitenwende für die Akzeptanz der Rohstoffgewinnung, fordern schnellere Genehmigungsverfahren, praxistauglichere Regeln bei der Entsorgung von Erdaushub sowie Kommunen bei der Schaffung von Deponien für Bauabfälle in die Pflicht zu nehmen. Einig sind sich die Verbände bei ihrer Forderung an die Hessische Landesregierung, die EU-Wiederherstellungsverordnung für die Natur effektiv umzusetzen.
Thomas Reimann, VhU-Vizepräsident, Vorsitzender des VhU-Bau- und Immobilienausschusses und Vorstandsvorsitzender der ALEA Hoch- und Industriebau AG in Frankfurt, sagte: „In Hessen sind die Baukosten für Wohngebäude seit 2021 um 37 Prozent gestiegen, im Straßenbau sogar um 42 Prozent. Zur Senkung der Baukosten überarbeitet die Landespolitik die Bauordnung, das ist gut und richtig. Aber auch die Gewinnung von Sand, Kies, Naturstein und Ton in Hessen bremst den Anstieg der Baukosten. Die im hessischen Koalitionsvertrag verabredeten guten Initiativen zur Stärkung der Rohstoffgewinnung sollten nun zeitnah angegangen werden. Denn allein im Rhein-Main-Gebiet werden bis 2040 rund neue 300.000 Wohnungen benötigt. Auch für den Erhalt maroder Straßen, Brücken und Schienen braucht es die Rohstoffgewinnung in Hessen.“
Christoph Hagemeier, Vorstandssprecher der Mitteldeutsche Hartstein-Industrie AG in Hanau, sowie Landesvorsitzender des Verbands der Bau- und Rohstoffindustrie vero, sagte: „Wir wünschen uns eine Überarbeitung der Hessischen Verfüllrichtlinie, denn wie Erdaushub in Hessen entsorgt wird, ist ein großer Kostenfaktor beim Bauen. 2023 wurden 6 Millionen Tonnen Erdaushub in hessischen Tagebauen verfüllt. Völlig natürliche Böden vom Aushub eines Kellers können jedoch oftmals nicht im Tagebau vor Ort verfüllt werden, sondern fahren lange und teure Umwege. Das kostet den Häuslebauer tausende Euro zusätzlich, ohne, dass dadurch etwas für die Umwelt getan ist“.
Zudem forderte Hagemeier, dass das Land die Kommunen bei der Schaffung von Deponiekapazitäten in die Pflicht nimmt. „Knappe Deponiekapazitäten tragen ebenfalls zu den hohen Baukosten bei. Die Landesregierung sollte über einen planungsrechtlichen Ansatz nachdenken, um die Kommunen zur Ausweisung dringend benötigter Deponieflächen stärker in die Pflicht zu nehmen.“
Stephan Schmidt, Geschäftsführender Gesellschafter der Stephan Schmidt KG in Dornburg und Vorstandsmitglied des Bundesverbands Keramische Rohstoffe und Industrieminerale, erwartet von der Landesregierung mehr Tempo bei den Genehmigungsverfahren: „Wir brauchen einen hessischen Genehmigungsturbo zur Rohstoffgewinnung. Zur Genehmigung eines Tagebaus sind bis zu 46 verschiedene Gutachten und Fachbeiträge zu erstellen. Das ist für Unternehmen wie auch Genehmigungsbehörden kaum noch zu überblicken. Ein komplexes und langwieriges Genehmigungsverfahren führt nicht automatisch zu einer besseren Genehmigung. Wir brauchen dringend schlankere Genehmigungsverfahren und entscheidungsstärkere Behörden, die mit dem Ziel der Genehmigungsfähigkeit die Vorhaben prüfen und mutig entscheiden.“
Mark Harthun, Geschäftsführer Naturschutz des NABU Hessen, sagte: „Der Abbaubetrieb von Tagebauen und Steinbrüchen birgt auch große Chancen für stark gefährdete Arten, da dort für sie regelmäßig Ausweichbiotope geschaffen werden. Das gilt für Kreuzkröten, Geburtshelferkröten, Wechselkröten und Gelbbauchunken, die dynamische Lebensräume mit Tümpelfeldern und austrocknende Pfützen brauchen. Aber auch Vogelarten wie Uferschwalbe und Flussregenpfeifer fühlen sich heutzutage vor allem in Abbaustätten wohl. Alle genannten Arten sind in ihren Beständen gefährdet, weil es in unserer gezähmten Landschaft kaum mehr dynamische Lebensräume gibt. Diese finden sich heutzutage vor allem als Abbruchkanten und Rohböden in aktiven Abbaubetrieben.
Baurohstoffe sollten regional gewonnen und genutzt werden, um lange Transportwege und CO2 zu vermeiden. Denn auch ein Rohstoffabbau im Ausland würde dort in die Natur eingreifen, bei meist niedrigeren Umweltstandards. Wenn durch den Rohstoffabbau Lebensräume verloren gehen, muss dieser Verlust naturschutzfachlich so ausgleichen werden, dass neue Lebensräume gleich gut oder möglichst sogar besser geeignet sind, für die vorkommenden Arten. Dann lassen sich Artenschutz und Rohstoffabbau miteinander vereinbaren.“
Ralph Lang, Technischer Leiter der WEIMER Gruppe (Bereich Steine + Erden, RC-Baustoffe und Bodenverwertung) in Lahnau und stellvertretender Vorsitzender des vero-Landesverbands Hessen sagte: „Die Versorgung mit Rohstoffen kann nicht allein durch die Kreislaufwirtschaft erfolgen. 2022 wurden in Deutschland 564 Millionen Tonnen Gesteinskörnungen hergestellt, davon machten Recycling-Baustoffe nur 75 Millionen Tonnen oder 13 Prozent aus. Bereits heute werden mineralische Bauabfälle zu 90 Prozent verwertet und verbleiben nahezu vollständig im Stoffkreislauf. Recycling-Baustoffe sind hochwillkommen, können aber leider nur einen kleinen Teil der Rohstoffgewinnung ersetzen. Primärrohstoffe werden auch in Zukunft in großer Menge benötigt.“
„Erfreulich ist, dass in Hessen seit August 2025 Recycling-Baustoffe aus dem Abfallrecht entlassen werden können. Wenn Recycling-Baustoffe nicht länger als Abfall gelten müssen, sondern als normales Produkt gelten, lassen sie sich besser vermarkten. Deswegen ist es gut, dass das Hessische Umweltministerium das Ende der Abfalleigenschaft ermöglicht hat.“
Philipp Rosenberg, Geschäftsführer des Industrieverbands Steine und Erden e.V. Neustadt an der Weinstraße, forderte, dass auch kommende Generationen Sand und Kies in Hessen gewinnen können: „Auch zukünftig wird es eine hohe Nachfrage nach mineralischen Rohstoffen geben. Deswegen sind Rohstoffflächen planerisch zu sichern. Diese Pläne sind regelmäßiger als bislang fortzuschreiben. Flächen, die bereits für die Rohstoffgewinnung gesichert wurden, dürfen nicht für andere Nutzungszwecke umgewidmet werden.“
Kritisch sieht Rosenberg, dass militante Proteste gegen die Rohstoffgewinnung Sympathiebekundungen aus der Mitte der Gesellschaft erfahren: „Genehmigungen für die Rohstoffgewinnung werden mit hohen Auflagen erteilt und häufig gerichtlich überprüft. Es ist für betroffene Unternehmen völlig inakzeptabel, dass militante Proteste, bei denen Mitarbeiter bedroht werden und Sabotageakte erfolgen, Zuspruch von Bürgerinitiativen und Parteien erhalten. Die Mitte der Gesellschaft muss ‚nein‘ zu militanten Protesten sagen.“
Quelle und Kontaktadresse:
VhU - Vereinigung der hessischen Unternehmerverbände e.V. - Hauptgeschäftsstelle, Patrick Schulze, Geschäftsführer(in) Kommunikation, Emil-von-Behring-Str. 4, 60439 Frankfurt am Main, Telefon: 069 95808-0
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