Pressemitteilung | Fachverband der Gewürzindustrie e.V.

Rohstoffpreise explodieren

(Bonn) - „Rohstoffpreisentwicklung erfordert Preisanpassungen“. So moderat, aber auch unmissverständlich überschrieb die Bundesvereinigung der Deutschen Ernährungsindustrie (BVE) das Statement ihres Präsidenten Jürgen Abraham anlässlich der ANUGA am 16. Oktober 2007 in Köln. Seither ist keine Ruhe eingetreten, die Hausse am Rohstoffmarkt geht unverändert weiter. Ein Ende ist nicht abzusehen.

Stetig steigende Nachfrage in Indien, China und anderen asiatischen Ländern führt zu immer neuen Höchstpreisen für zahlreiche auf US $-Basis gehandelte Gewürze. Der aktuell hohe Euro-Kurs vermag diese Preisentwicklung nur zu einem kleinen Teil zu kompensieren. Der Rohölpreis bewegt sich noch immer in Rekordhöhe. Entspannung in nächster Zeit erscheint möglich, jedoch keineswegs sicher oder auch nur wahrscheinlich. Dies wirkt sich besonders auf die energieintensive Verarbeitung von Kräutern aus: Die Trocknung von einem Kilogramm Kräutern erfordert 1,5 l Heizöl.

Ähnlich entwickeln sich die Preise auf dem Rohstoffmarkt für Lebensmittel. Der Palm- und Rapsölpreis liegt um 51 Prozent über Vorjahr, bei ungarischer Paprika, Nelken und Kümmel sind es 20 Prozent. Der Preis für Senfsaat hat sich verdoppelt, ebenso der Preis für Gartenthymian aus Polen, der Preis für Koriander ist um 120 Prozent gestiegen. Bei Anis und Safran sind es nahezu 50 Prozent; Rindfleischextrakt kostet 80 Prozent mehr als 2006, Oregano zwei- bis dreimal mehr.

Ein weiterer wichtiger Preistreiber: Nahezu alle Industrieländer fördern die Herstellung von Treibstoffen aus Lebensmittelpflanzen. So hat die Bundesregierung am 05.12.2007 den Novellierungsentwurf zum so genannten Biokraftstoffquotengesetz verabschiedet. Die Novelle zielt darauf ab, den Anteil der Biokraftstoffe bis 2020 auf 20 Volumenprozent zu steigern. Gleiche Ziele verfolgt die Europäische Kommission. Biodiesel aus Raps- und Palmöl, Bioethanol aus Weizen und Mais: Mit staatlicher Förderung ist dies profitabel für Landwirte, verknappt aber den Markt und führt zu drastischem Preisanstieg (Mais + 25 Prozent, Weizen + 77 Prozent gegenüber dem Jahresbeginn). Damit wird auch Viehfutter teurer, dies wirkt sich wiederum auf Milch- und Fleischpreise aus. Indien und China steigern ihre Fleischproduktion erheblich und kaufen Mais zur Viehfütterung auf dem Weltmarkt ein. Mais und Weizen dienen auch als Rohstoffe für zahlreiche Lebensmittel und Zusatzstoffe wie Glukose, Dextrose, Maltodextrin, Paniermehl und Stärken, die ebenfalls sämtlich im Preis anziehen. Eine sehr schlecht ausgefallene Sonnenblumenernte in den Hauptanbaugebieten am Schwarzen Meer (Rumänien, Bulgarien, Türkei, Ukraine) mit entsprechend geringer Ausbeute an Sonnenblumenöl befeuert den Rapsölpreis zusätzlich.

Indirekt wirkt sich die Bioenergiepolitik auch auf den Phosphatpreis aus: Der Anbau von Pflanzen zur Energiegewinnung erfordert Düngung. Phosphorsäure für die Herstellung von Düngemitteln ist aber auch Rohstoff für die Herstellung lebensmittelreiner Phosphorsäure; Kostensteigerungen wirken sich unmittelbar auf die Herstellkosten von Phosphaten zur Fleischverarbeitung aus. Dies und die gestiegene Nachfrage aufgrund des weltweiten Bevölkerungswachstums führt dazu, dass große Phosphatlieferanten bereits keine Jahreskontrakte mehr abzuschließen bereit sind. Selbst bei Rohstoffen wie Glycerin gibt es inzwischen Beschaffungsprobleme.

Hinzu kommt: Flächen für Energiepflanzen stehen für andere Pflanzen nicht mehr zur Verfügung. So wird die Aussaat von Kräutern als vergleichsweise nicht profitabel erachtet. Landwirtschaftliche Hilfskräfte, insbesondere in den neuen östlichen EU-Ländern, wandern in die Städte ab. Der Markt für Kräuter verknappt. In Deutschland und anderen EU-Mitgliedstaaten führt diese Bioenergiepolitik „nur“ zu steigenden Preisen für Lebensmittel. Weltweit gefährden Agro-Treibstoffe die Ernährungssicherheit und das Klima: In Indonesien, Malaysia, Kolumbien und Brasilien wird Platz für Palmöl- oder Zuckerrohrplantagen zum Energiepflanzenanbau durch Brandrodung von Regenwald geschaffen.

Die Nachfrage insbesondere in den asiatischen Ländern wird weiter steigen. Eine Korrektur des politischen Irrwegs in Sachen Bioenergie ist nicht zu erkennen. Verbraucher und Industrie werden sich langfristig auf diese Entwicklung einstellen müssen.

Quelle und Kontaktadresse:
Fachverband der Gewürzindustrie e.V. Dirk Radermacher, Geschäftsführer Reuterstr. 151, 53113 Bonn Telefon: (0228) 216162, Telefax: (0228) 229460

(tr)

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