Pressemitteilung | Reporter ohne Grenzen e.V. (RSF)

RSF startet mit Digital Security Lab erste Hilfe für überwachte Journalist*innen

(Berlin) - Ein Jahr ist es her, dass der massenhafte Einsatz der Spionagesoftware Pegasus enthüllt wurde. Recherchen eines internationalen Medienverbunds deckten auf, dass Telefone von zehntausenden Politiker*innen, Menschenrechtsaktivist*innen und vor allem auch Journalist*innen potenziell durch Pegasus überwacht wurden. Die Spähsoftware ist ein Produkt der israelischen NSO Group und wurde an verschiedene Regierungen verkauft, deren Liste sich wie ein Who-is-Who der Feinde der Pressefreiheit liest: von Aserbaidschan, Ungarn oder Indien bis hin zu Mexiko, Marokko und Saudi-Arabien.

Bis heute kommen immer wieder neue Fälle ans Licht, bei denen die Software dafür verwendet wurde, unliebsame Kritiker*innen auszuspionieren. Jüngstes Beispiel ist Spanien, wo katalanische Separatisten durch den Geheimdienst mittels Pegasus überwacht wurden. Und auch in Deutschland musste das Innenministerium nach monatelanger Mauertaktik mittlerweile zugeben, dass das Bundeskriminalamt (BKA) Pegasus erworben und eingesetzt hat.

Wegen dieser sehr realen digitalen Bedrohung Medienschaffender haben wir das Digital Security Lab gegründet. Das digitalforensische Labor richtet sich an alle Journalist*innen, die den plausiblen Verdacht haben, aufgrund ihrer Arbeit ausspioniert worden zu sein. Begründet ist die Sorge zum Beispiel, wenn eine Person ausgefeilte Phishing-Nachrichten erhalten hat oder es unerklärbare Informationslecks gibt. Die Bedrohung ist umso größer, je mehr die journalistische Arbeit mächtigen und einflussreichen Menschen missfällt.

Das Digital Security Lab ist ein internationales RSF-Projekt, in dem ich als Leiter des Labors in Berlin zusammen mit zwei Kollegen die Endgeräte von Journalist*innen auf bekannte Spähtechnologie überprüfe. Die Spurensuche beginnt zum Beispiel bei verdächtigen Nachrichten, um herauszufinden, ob sich dahinter Spyware verbirgt. Des Weiteren untersuchen wir installierte Programme und sichten sonstige Daten, die Hinweise auf zuvor ausgeführte Programme oder Aktivitäten geben.

Zum Start des Digital Security Labs veranstalteten wir am Jahrestag der Pegasus-Enthüllungen am 18. Juli eine Panel-Diskussion in der C-Base Berlin. Neben mir sprachen dort der Direktor für Advocacy und Nothilfe von RSF International Antoine Bernard, der RSF-Deutschland Geschäftsführer Christian Mihr, die aserbaidschanische Journalistin Sevinj Vaqifqizi Abbasova, die mittels Pegasus überwacht wurde sowie der Journalist Hannes Munzinger, der für die Süddeutsche Zeitung den Pegasus-Skandal enthüllt hat. Falls Sie das Event verpasst haben sollten, können Sie das aufgezeichnete Gespräch hier in voller Länge nachschauen.

Die bis heute bekannten Fälle von Pegasus und anderer Spyware zeigen, wie sehr die Sicherheit von Journalist*innen bedroht ist. Deshalb setzen wir uns seit Jahren für eine wirksame gesetzliche Regulierung von Überwachungstechnologie ein. Bis das endlich passiert, versuchen wir mit Projekten wie dem Digital Security Lab die Arbeit von Journalist*innen auf praktische Weise sicherer zu machen. Sie können uns dabei helfen, indem Sie Mitglied werden oder spenden.

Quelle und Kontaktadresse:
Reporter ohne Grenzen e.V. (RSF) Pressestelle Postfach 30 41 08, 10756 Berlin Telefon: (030) 609 895 33 - 0, Fax: (030) 202 15 10 - 29

(sf)

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