Pressemitteilung | Reporter ohne Grenzen e.V. (RSF)

Sechs Journalisten in Gaza getötet: RSF verurteilt gezielten Angriff durch die israelische Armee

(Berlin) - Reporter ohne Grenzen (RSF) verurteilt die gezielte Tötung des bekannten Al-Dschasira-Reporters Anas al-Sharif sowie fünf seiner Kollegen durch die israelische Armee in Gaza auf das Schärfste. Bei dem Angriff am 10. August auf ein Zelt in der Nähe des Al-Schifa-Krankenhauses in Gaza-Stadt, in dem sich Medienschaffende aufhielten, wurden insgesamt sechs Journalisten getötet und drei weitere verletzt. Unter den Getöteten waren neben al-Sharif seine Al-Dschasira-Kollegen Mohammed Qraiqea, Ibrahim al-Thaher, Mohamed Nofal und Mahmoud Aliwa sowie der freie Journalist Mohammed al-Khaldi.

„Die internationale Gemeinschaft und auch wir als RSF haben mehrfach vor der akuten Gefahr gewarnt, wenn Medienschaffende öffentlich und ohne überzeugende Belege beschuldigt werden, enge Verbindungen zur Hamas zu haben. Insbesondere gegen Anas al-Sharif wurde in letzter Zeit eine regelrechte Kampagne geführt. Diese Tötung ist nicht nur ein Kriegsverbrechen, sie markiert auch einen weiteren Höhepunkt in der systematischen Einschüchterung und Gewalt gegen palästinensische Medienschaffende“, erklärt Anja Osterhaus, Geschäftsführerin von Reporter ohne Grenzen Deutschland.

Bereits im Vorfeld hatten Irene Khan, die UN-Sonderberichterstatterin für Meinungsfreiheit, der Sender Al-Dschasira sowie weitere Pressefreiheitsorganisationen die Vorwürfe gegen al-Sharif als unbegründet zurückgewiesen und gewarnt, seine Arbeit solle mit einer gezielten Kampagne delegitimiert werden. Solche öffentlichen Anschuldigungen erhöhen nachweislich das Risiko für Journalistinnen und Reporter in Kriegsgebieten und können – wie im Fall al-Sharif – tödliche Konsequenzen haben. In der vergangenen Woche haben Medien auch in Deutschland palästinensische Medienschaffende wieder pauschal in die Nähe der Hamas gerückt, ihre Glaubwürdigkeit in Zweifel gezogen und ihre Schutzkleidung als „Kampfmontur“ bezeichnet. So zu berichten, markiert und gefährdet Reporterinnen und Reporter vor Ort ganz konkret.

Kein Schutz, keine Rechenschaft: Gewalt gegen Medien in Gaza
Die Tötung von Anas al-Sharif steht in einer langen Reihe schwerer Übergriffe der israelischen Armee gegen palästinensische Journalistinnen und Reporter. Seit Beginn des Kriegs in Gaza im Oktober 2023 sind nach RSF-Recherchen mehr als 200 palästinensische Medienschaffende getötet worden, fast 50 davon nachweislich im Zusammenhang mit ihrer Arbeit. RSF weist erneut darauf hin, dass es sich bei gezielten Angriffen auf Berichterstattende um Kriegsverbrechen handelt.

Diese Vorgehensweise ist nach Ansicht von RSF Teil einer gezielten Strategie der Blockade und Abschottung: Die israelische Armee verhindert systematisch unabhängige Berichterstattung aus dem Gazastreifen, indem sie internationalen Medien seit Kriegsbeginn den direkten Zugang verweigert und palästinensische Reporterinnen und Reporter durch Angriffe und mediale Diffamierung unter Druck setzt. Ziel ist es, Kriegsverbrechen und Menschenrechtsverletzungen vor der Weltöffentlichkeit zu verschleiern und Rechenschaftspflicht zu unterbinden. RSF fordert, dass die Verantwortlichen für diese Tötungen juristisch belangt werden. Es muss eine unabhängige, internationale Untersuchung des Angriffs auf al-Sharif und seine in den vergangenen 22 Monaten getöteten Kolleginnen und Kollegen geben.

RSF hat mit Bezug auf den Krieg in Gaza bereits vier Strafanzeigen vor dem Internationalen Strafgerichtshof (IStGH) eingereicht und Signale erhalten, dass der IStGH ermittelt. Zudem fordert RSF einen sofortigen Zugang für internationale Medienschaffenden nach Gaza und hat diese Forderung zuletzt in einem weltweiten Appell unterstrichen, dem sich über 130 Medien angeschlossen haben.

Auf der Rangliste der Pressefreiheit stehen die Palästinensischen Gebiete auf Rang 163, Israel auf Platz 112 von 180.

Mehr zur Situation der Journalistinnen und Journalisten in den Palästinensischen Gebieten: www.reporter-ohne-grenzen.de/palaestinensergebiete

Mehr zur Situation der Journalistinnen und Journalisten in Israel: www.reporter-ohne-grenzen.de/israel

Quelle und Kontaktadresse:
Reporter ohne Grenzen e.V. (RSF), Hermannstr. 90, 12051 Berlin, Telefon: 030 609 895 33 - 0

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