SoVD NRW fordert Recht auf Einzelzimmer fĂŒr pflegebedĂŒrftige Menschen
(DĂŒsseldorf) - "FĂŒr Teilhabe und soziale Gerechtigkeit" - unter diesem Motto fand gestern (9. Februar 2011) der Jahresempfang des SoVD NRW in der DĂŒsseldorfer Rheinterrasse statt. "Sozial benachteiligte und behinderte Menschen werden aus vielen Bereichen des gesellschaftlichen Lebens nach wie vor ausgeschlossen", kritisierte die 1. Landesvorsitzende Gerda Bertram. Sie wies insbesondere auf das nordrhein-westfĂ€lische Bildungssystem hin: Obwohl die UN-Behindertenrechtskonvention das Land verpflichtet, ein inklusives Bildungssystem zu schaffen, sei die Umsetzung noch viel zu zögerlich. "Wir erkennen zwar an, dass die Landesregierung erste Schritte in die richtige Richtung getan hat. Aber der gemeinsame Unterricht von behinderten und nichtbehinderten Kindern ist auch bei der Gemeinschaftsschule nicht zwingend vorgesehen. Wir brauchen aber eine barrierefreie, inklusive Schule, damit kein Kind mehr zurĂŒckbleibt", sagte Bertram.
"Nicht hinnehmbar ist fĂŒr uns auch, dass alten und pflegebedĂŒrftigen Menschen im Pflegeheim gegen ihren Willen ein Doppelzimmer zugemutet werden kann. Das verletzt die Privat- und IntimsphĂ€re dieser Menschen massiv. Wir brauchen einen Rechtsanspruch auf ein Einzelzimmer im Landesheimrecht. Die bestehenden Regelungen zum Abbau von Doppelzimmern reichen nicht aus", stellte die 1. Landesvorsitzende klar. Des Weiteren mahnte Bertram Verbesserungen fĂŒr die hĂ€usliche Pflege an: "Zwei Drittel der pflegebedĂŒrftigen Menschen werden zuhause von ihren Angehörigen versorgt - oftmals ohne professionelle UnterstĂŒtzung. Sie leisten Pflege bis weit ĂŒber ihre Belastungsgrenze hinaus und werden dabei selbst krank. Wir brauchen mehr bezahlbare UnterstĂŒtzungs- und Entlastungsangebote, damit sie diese schwere Aufgabe leisten können."
SoVD-PrĂ€sident Adolf Bauer prangerte die zunehmende Ungerechtigkeit in Deutschland an und forderte einen Richtungswechsel von weiterem Sozialabbau hin zu mehr SolidaritĂ€t. "Bei uns gilt inzwischen: Wer hat, dem wird gegeben. Und wer nichts hat, der kommt auch zu nichts. Das aber widerspricht den GrundsĂ€tzen des Sozialstaates fundamental. Soziale Gerechtigkeit bedeutet, dass der Staat gezielt und aktiv in die individuellen FĂ€higkeiten des Einzelnen investiert, um allen Menschen gleiche Chancen auf Teilhabe und Selbstverwirklichung zu ermöglichen. Der Sozialstaat muss dafĂŒr sorgen, dass sich Menschen unabhĂ€ngig von ihrer Gesundheit, ihrem Talent und ihrem Geldbeutel auf gleicher Augenhöhe begegnen können." Bauer warnte nachdrĂŒcklich vor einem weiteren Anstieg der Armut - insbesondere von Kindern. "Materielle Armut fĂŒhrt zu geringeren Bildungschancen. Ein soziales VorwĂ€rtskommen durch gezielte vorschulische und schulische Förderung ist fĂŒr Kinder aus armen Familien in kaum einem anderen Land Europas so wenig möglich wie in Deutschland. Der Staat muss dafĂŒr Sorge tragen, dass jedes Kind eine Chance auf gute Bildung erhĂ€lt. Nur so können wir den Teufelskreis der Armut durchbrechen."
Der SoVD-PrĂ€sident forderte zudem die StĂ€rkung der solidarischen Sicherungssysteme. Die weitere Privatisierung sozialer Risiken wie Alter, Krankheit und PflegebedĂŒrftigkeit mĂŒsse gestoppt werden. "In einer sozialen Marktwirtschaft ist die Aufgabe des Sozialstaates nicht auf die Rolle des Reparaturbetriebes einer freien Wettbewerbsordnung beschrĂ€nkt. Im funktionierenden Sozialstaat ist wirtschaftlicher Erfolg untrennbar mit sozialer Gerechtigkeit und Wohlstand fĂŒr seine BĂŒrgerinnen und BĂŒrger verbunden. Denn sie haben den Unternehmenserfolg maĂgeblich erwirtschaftet."
Quelle und Kontaktadresse:
Sozialverband Deutschland e.V. Landesverband Nordrhein-Westfalen (SoVD)
Michaela Gehms, Pressesprecherin
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