Pressemitteilung | Deutscher Städtetag - Hauptgeschäftsstelle Berlin

Spitzengremien des Deutschen Städtetages berieten in Essen / Städte engagieren sich für Wohnungsbau und wollen mehr Flächen nutzbar machen - Unterstützung von Bund und Ländern nötig

(Berlin) - Die Städte wollen wegen des hohen Bedarfs an Wohnungen in Wachstumsregionen deutlich mehr Flächen nutzbar und den Wohnungsbau attraktiver machen. Von Bund und Ländern erwarten sie noch in dieser Legislaturperiode dafür weitere Schritte. Das machte der Deutsche Städtetag heute in Essen nach Sitzungen von Präsidium und Hauptausschuss deutlich. "Trotz substantieller Verbesserungen für den geförderten sozialen Wohnungsbau durch den Bund und steigender Neubau-Zahlen fehlt in vielen Städten mit angespannten Wohnungsmärkten geeigneter Wohnraum für breite Bevölkerungsschichten. Dabei handelt es sich um die Haushalte, die keinen Anspruch auf eine Sozialwohnung haben, sich aber auch keine teure Wohnung leisten können. Deshalb brauchen wir nachfragegerechte Konzepte zur Wohnraumförderung und dafür zusätzliche Unterstützung von Bund und Ländern", sagte die Präsidentin des Deutschen Städtetages, Oberbürgermeisterin Dr. Eva Lohse aus Ludwigshafen. "Es ist gut, dass der Bund seine Mittel für den sozialen Wohnungsbau auf insgesamt 1,5 Milliarden Euro jährlich bis Ende 2019 anhebt. Nun sollten die Länder dieses Geld schnell einsetzen und durch eigene Mittel aufstocken. Attraktiv wirken Förderprogramme beispielsweise mit Tilgungszuschüssen. Gut ist zwar, dass der Wohnungsbau dort, wo die Engpässe am größten sind, überdurchschnittlich wächst. Aber das Tempo und der Umfang des Wohnungsbaus reichen noch nicht aus."

Vor diesem Hintergrund betonte Lohse: "Wir brauchen einen Instrumentenmix, der noch in dieser Legislaturperiode zu wirken beginnt, um in Wachstumsregionen mehr Bauland zu mobilisieren. Und wir brauchen über den sozialen Wohnungsbau hinaus eine stärkere Förderung von Wohneigentum und Mietwohnungsbau." Helfen könne zum Beispiel eine Investitionszulage, die der Bund für den Bau preisgünstiger Mietwohnungen auflegen sollte. Da sich die Koalition über eine zusätzliche steuerliche Förderung des Wohnungsbaus nicht einigen konnte, sollten die dafür ursprünglich vorgesehenen Mittel in Höhe von mindestens 2 Milliarden Euro in eine Zulage fließen, um größere Anreize für Investoren für den Wohnungsbau zu schaffen. Eine solche Investitionszulage sollte regional differenziert werden, um auch in Regionen mit starker Wohnungsnachfrage und deren Umland wirksam zu sein. Außerdem sollte sie fördern, dass die Höhe der Mieten für breite Schichten der Bevölkerung bezahlbar sein muss.

Das "Bündnis für bezahlbares Wohnen und Bauen", in dem auch der Deutsche Städtetag mitarbeitet, hatte im vergangenen Jahr Empfehlungen erarbeitet. Erste Erfolge im Wohnungsbau sind spürbar: Viele Städte betreiben ein aktives Flächenmanagement, regeln den Anteil von preislimitiertem Wohnungsbau oder die an Bedingungen geknüpfte Baulandvergabe. Auch die Baugenehmigungen steigen deutlich. 2016 wurde in Deutschland bis zum dritten Quartal der Bau von 276.300 Wohnungen genehmigt. Das waren 24 Prozent mehr als im Vorjahreszeitraum. Außerdem werden mehr neue Wohnungen fertiggestellt. Im vergangenen Jahr wurden in den sieben größten deutschen Städten doppelt so viele Wohnungen gebaut wie zehn Jahre zuvor. Insgesamt waren es bundesweit 2015 allerdings unter 250.000 Wohnungen. Nötig wären nach übereinstimmender Einschätzung von Experten mindestens 350.000 bis 400.000 Wohnungen pro Jahr.

Die stellvertretende Präsidentin des Deutschen Städtetages, Oberbürgermeisterin Charlotte Britz aus Saarbrücken, erläuterte: "Die Richtung beim Wohnungsbau stimmt. Aber wir müssen es noch attraktiver machen, neue und bedarfsgerechte Wohnungen zu bauen. Wir brauchen insbesondere Wohnungen im mittleren und preiswerten Segment. Die Förderung des freifinanzierten Mietwohnungsbaus ist grundsätzlich für alle Städte wichtig. Nur so können wir den Wohnungsmarkt insgesamt entlasten und dabei die Versorgung von Haushalten mit geringem und mittlerem Einkommen mit angemessenem Wohnraum sichern. Bund, Länder und Kommunen sollten gemeinsam an verbesserten Bedingungen arbeiten, um den Wohnungsbau in den Städten zu stärken. Dazu brauchen wir differenzierte Lösungen, die auch den Ballungsräumen mit ihren Problemen gerecht werden. Eine kontinuierliche Bautätigkeit schafft Grundlagen für ein gesellschaftliches Miteinander und attraktive Wohn- und Wirtschaftsstandorte."

Viele Städte sind sehr daran interessiert, geeignete Flächen für den Mietwohnungsbau anzubieten, scheitern aber aus finanziellen Gründen daran, Vorkaufsrechte auszuüben und Bauflächen, auch in Baulücken zu erwerben. Durch die folgenden, oft mehrfachen Verkäufe zum Höchstgebot steigen die Kosten für erschlossene Flächen, Kaufpreise oder Mieten deutlich.

Nach Auffassung des Deutschen Städtetages sind vor allem folgende Instrumente für mehr Wohnungsbau nötig:

- Der Bund sollte eine Investitionszulage für den Bau preisgünstiger Mietwohnungen auflegen.
- Wohneigentum sollte durch Bund und Länder mit einem Zuschuss zum Eigenkapital für Bauwillige oder einem Baukindergeld oder der Kombination aus beidem gefördert werden, differenziert nach Zielgruppen (z.B. junge Familien), Standorten (z.B. Städte mit angespanntem Wohnungsmarkt) und Objekten (z.B. im Hinblick auf Flächeneffizienz und bauliche Nachhaltigkeit).
- Der Gesetzgeber sollte prüfen, wie eine Kreditklemme für benachteiligte Kreditnehmer vermieden werden kann, weil Familien mit Kindern und Menschen über 60 Jahre nach der Umsetzung der EU-Richtlinie über Wohnimmobilienkredite nur noch erschwert Darlehen bekommen.
- Der Bund sollte prüfen, einen Fonds für Wohnbauland aufzulegen. Ein solcher Fonds könnte den Kommunen durch verbilligte Darlehen ermöglichen, Bauland zu erwerben und unter bestimmten Bedingungen an Bauwillige zu vergeben. Das könnte das Angebot an Bauland verbreitern und zu einer zügigeren und günstigeren Bebauung mit Wohnungen für Haushalte mit mittlerem Einkommen führen, weil keine Zwischenerwerber zum Zuge kommen.
- Kommunales Flächenmanagement sollte weiter verstärkt werden.
- Kommunale Standards zu Stellplatzpflichten sowie Energieeffizienzstandards, die über die Energieeinsparverordnung hinausgehen, gilt es zu überprüfen.
- Die verbilligte Abgabe von bundeseigenen Grundstücken an Kommunen für sozialen Wohnungsbau gilt es, praktikabler zu gestalten und auch für zweckgebundene Weiter-veräußerung an private Investoren zu öffnen.

Quelle und Kontaktadresse:
Deutscher Städtetag, Hauptgeschäftsstelle Berlin Volker Bästlein, Leitung, Presse- und Öffentlichkeitsarbeit Hausvogteiplatz 1, 10117 Berlin Telefon: (030) 377110, Fax: (030) 37711999

(cl)

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