Pressemitteilung | Deutscher Gewerkschaftsbund (DGB) - Bundesvorstand

Stärkung des Europaparlaments Voraussetzung für eine sozialere EU-Politik

(Berlin) - Ohne ein starkes Europäisches Parlament kann nach Ansicht des DGB die notwendige Neuorientierung der Brüsseler Politik auf ein sozialeres Europa nicht durchgesetzt werden. Denn sowohl die aktuelle Wirtschaftskrise als auch die Vertrauens- und Legitimationskrise der EU seien durch falsche Weichenstellungen von Kommission und Rat mit verursacht worden, heißt es im Positionspapier des DGB zu den Europawahlen. Insofern könne und müsse das Europäische Parlament für eine sozialere und arbeitnehmerfreundliche Politik sorgen. Schon in der Vergangenheit habe es immer wieder als "soziales Gewissen Europas" agiert. Deshalb lohne es sich, am 7. Juni wählen zu gehen, erklärte der DGB-Vorsitzende Michael Sommer am Dienstag (10. Februar 2009) in Berlin. Ökonomischer und sozialer Fortschritt müssten wieder in Einklang gebracht werden: "Ohne ein starkes, arbeitnehmerfreundliches Europäisches Parlament kann die Krise Europas nicht überwunden werden".

Die wichtigsten Forderungen des DGB an die Kandidaten der Parteien und an das neue Europäische Parlament sind:

- Initiativen zum Vorrang der sozialen Grundrechte vor den Marktfreiheiten: Eine soziale Fort­schrittsklausel soll darauf zielen, dass der Europäische Gerichtshof im Konfliktfall den wirtschaftlichen Grundfreiheiten keinen Vorrang vor sozialen Rechten einräumen kann. Die EU soll verpflichtet werden, die Arbeits- und Lebensbedingungen zu verbessern und die sozialen Grundrechte, wie das Streikrecht und Tarifautonomie zu gewährleisten. In Europa müssen Streiks nicht nur zur Wahrung und Verbesserung sozialer Standards zulässig sein, sondern auch gegen unfairen Wettbewerb und Lohn- und Sozialdumping.

- Das Prinzip "Gleicher Lohn für gleiche Arbeit am gleichen Ort" durchzusetzen. Niemand - auch wenn er sich nur zeitweise in einem EU-Mitgliedstaat aufhält - darf weniger verdienen, als seine direkten ArbeitskollegInnen, wenn sie gleichwertige Arbeiten ausführen. Es bedarf einer Revision der Entsenderichtlinie, um sicherzustellen, dass die in der Richtlinie vorgesehenen Arbeitsbedingungen das bleiben, was sie immer waren: Mindest- und keine Höchststandards. Nötig ist ein Pakt gegen Sozial- und Lohndumping.

- Eine neue EU-Zukunftsstrategie 2010 - 2020: Die Lissabon-Strategie war darauf angelegt, Europa zur wettbewerbsfähigsten Region der Welt zu machen. Im Ergebnis hat die soziale Gerechtigkeit ab- und unsichere Beschäftigung zugenommen. In der nächsten Legislaturperiode wird es wesentlich darum gehen, die bin­nenmarktdominierte Integrationsstrategie durch eine neue Strategie zu er­setzen, die das soziale Fundament der EU stärkt.

- Gute Arbeit und mehr Demokratie in der Wirtschaft: Wir brauchen mehr Mindeststandards: angefangen bei Mindestlöhnen bis hin zur Gleichstellung von LeiharbeitnehmerInnen mit dem Stammpersonal. Dazu gehört auch eine Stärkung der Mitbestimmung. Die nationalen Mitbestimmungsregeln dürfen nicht durch die Umwandlung von Unternehmen mit ehemals nationaler Rechtsform in Unternehmen mit europäischen Rechtsformen gefährdet werden.

- Ein Gesamtkonzept zur Migrations-, Zuwanderungs- und Integrationspolitik: Dies muss sich an der langfristigen Entwicklung auf dem Arbeitsmarkt orientieren, den Schutz vor Verfolgung sichern, die Interessen der Herkunftsländer berücksichtigen und die in der Europäischen Union lebenden MigrantInnen vor Ungleichbehandlung schützen. Zuwanderung muss gesteuert und die Menschenrechte müssen eingehalten werden.

- Einen neuen Ordnungsrahmen in Europa: Die jüngste Finanzmarktkrise verdeutlicht, dass wir einen neuen europäischen Ordnungsrahmen mit Regelungen zur Vorbeugung, Haftung, Mitbestimmung und Langfristorientierung brauchen. Das neue Parlament sollte sich für einen Haftungsverbund der Europäischen Banken, eine europäische Finanztransaktionssteuer, eine stärkere Eigenkapitalhinterlegung bei risiko­reichen Bankgeschäften sowie eine europäische Rating-Agentur stark machen.

- Überfällig sind zudem europäische Mindeststandards zum Arbeitnehmer-Datenschutz

Hinweis:

Sie finden das Positionspapier unter www.dgb.de

Im Vorfeld der Europawahl findet das jährlich vom DGB, dem Europäischem Gewerkschaftsbund, der Friedrich-Ebert-Stiftung, der Hans-Böckler-Stiftung und dem Europäischen Gewerkschaftsinstitut veranstaltete "Europäische Gespräch" diesmal am 10. und 11. Februar 2009 in Prag unter dem Motto "Das soziale Europa wählen" statt.

Quelle und Kontaktadresse:
Deutscher Gewerkschaftsbund (DGB), Bundesvorstand Axel Brower-Rabinowitsch, Leiter, Presse- und Öffentlichkeitsarbeit Henriette-Herz-Platz 2, 10178 Berlin Telefon: (030) 24060-0, Telefax: (030) 24060-324

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