Stiftungen sind kein Selbstbedienungsladen / Keine Aushöhlung der Stiftungsidee
(Berlin/Vallendar) - Gegen die Pläne der rheinland-pfälzischen Landesregierung, das Weingut der Stiftung Friedrich-Wilhelm-Gymnasium Trier zu veräußern und den Gewinn dem Landeshaushalt zuzuführen, hat sich der Bundesverband Deutscher Stiftungen gewandt. Diese Planungen sind nach Ansicht des Verbandes geeignet, aus kurzfristigen fiskalischen Motiven eine kulturelle Einrichtung unwiederbringlich zu zerschlagen, die schon über viele hundert Jahre ein wichtiger Bestandteil der Stiftungslandschaft in Rheinland-Pfalz und Deutschland ist.
„Auch wenn vorgesehen ist, aus den Veräußerungserlösen einen Kapitalstock in der Stiftung zu belassen, der einen Förderbeitrag in gewohnter Höhe erwarten lässt, ist der Abfluss der restlichen Mittel überaus problematisch, stammen sie doch nicht aus staatlichen, sondern aus vielfältigen kirchlichen und privaten Zuwendungen seit Mitte des 16. Jahrhunderts“, so Dr. Christoph Mecking, Geschäftsführer des Bundesverbandes Deutscher Stiftungen. Mecking weiter: „Diese Orden und Privatpersonen sind als Stifter im materiellen Sinne zu verstehen und nicht das Kultusministerium Rheinland-Pfalz, wie immer wieder mitgeteilt wird. Dieses hat nach Information des Verbandes lediglich in den fünfziger Jahren die Umstrukturierung der Stiftung vorgenommen.“
Die Stifter hatten Weinberge, landwirtschaftliche Flächen und andere Kapitalien an das Friedrich-Wilhelm-Gymnasium gegeben, um dieses direkt zu fördern. Sie wollten nicht den Staatshaushalt entlasten. Damit hält der Bundesverband die Planungen für einen Verstoß gegen den Willen der Stifter und damit auch gegen Buchstaben und Geist des § 3 des Stiftungsgesetzes.
Im Gegensatz zu Stiftungen des privaten Rechts sind solche des öffentlichen Rechts in aller Regel leichter, nämlich durch actus contrarius, aufhebbar oder änderbar. Alle Stiftungen sind auf Dauer angelegt. Dies gilt auch für solche des öffentlichen Rechts. Stiftungen werden gerade aus diesem Grunde immer häufiger von der öffentlichen Hand ins Leben gerufen. Die genannten Vorgänge sind geeignet, diesen Ruf von Solidität zu schädigen.
Der Bundesverband ist der Ansicht, dass mit den geplanten Maßnahmen in einer Zeit, da die Stiftungsbereitschaft in der Bevölkerung steigt, die falschen Signale gesetzt werden, und sieht dies mit umso größerem Bedauern, als sich gerade das Land Rheinland-Pfalz in den letzten Jahren als ein sehr stiftungsfreundliches Land profiliert hat. Gerade auch deshalb hatte sich der Bundesverband entschieden, die 60. Jahrestagung des Bundesverbandes Deutscher Stiftungen, den größten Stiftungskongress in Deutschland, vom 12. bis 14. Mai 2004 in Trier durchzuführen. Dass jetzt gerade in dieser Stadt eine so traditionsreiche Einrichtung zerschlagen wird, erfüllt den Bundesverband Deutscher Stiftungen mit Sorge.
Vor diesem Hintergrund hat der Verband einen Vorschlag unterbreitet und regt an, die Stiftung Friedrich-Wilhelm-Gymnasium in Übereinstimmung mit ihren historischen Wurzeln zu bringen und in eine Stiftung des bürgerlichen Rechts umzuwandeln. Die dann neu konstituierten Organe könnten selbst entscheiden, ob es für eine erfolgreiche Stiftungsexistenz sinnvoll ist, sich vom Weingut zu trennen. Dies hält der Bundesverband für ein deutliches Signal zum Stiften. In einer Zeit, in der den Unternehmen eine Abschaffung des Steuerabzugs von Spenden und Stiftungsdotationen droht und so dem Stiftungswesen unermesslichen Schaden zugefügt werden soll, ist ein solches Signal dringend geboten.
Seinen Appell zur Rettung der Stiftung Friedrich-Wilhelm-Gymnasium Trier wird der Bundesverband auf dem morgigen rheinland-pfälzischen Stiftungstag wiederholen. Zusammen mit der Stiftung Wissenschaftliche Hochschule für Unternehmensführung (WHU) und der Stiftung Rheinland-Pfalz für Kultur veranstaltet der Bundesverband Deutscher Stiftungen am 24. Oktober in den Räumen der WHU den inzwischen dritten Tag der Stiftungen des Landes Rheinland-Pfalz. Die Schirmherrschaft hat die Ministerin für Arbeit, Soziales, Familie und Gesundheit des Landes Rheinland-Pfalz, Malu Dreyer, übernommen.
Im Rahmen von Arbeitsgruppensitzungen werden Fragen einer zielorientierten Substanzstärkung durch Zustiftungen, unselbständige Stiftungen und Stiftungsfonds bis hin zum professionellen Anlagemanagement des Stiftungsvermögens behandelt und in einer anschließenden Podiumsdiskussion vertieft. Im Anschluss daran verleiht der Vorstandsvorsitzende der Stiftung WHU , Prof. Dr. Erich Greipl, den d’Ester-Preis für besonderes studentisches Engagement an einen Studenten der WHU. Das offizielle Programm schließt mit der Einweihung einer Spendergalerie der Ehemaligen-Organisation der WHU „In Praxi“ durch den Vorstandsvorsitzenden der Stiftung In Praxi, Erik Schäfer.
Im Rahmen des Tages der Stiftungen wird um 18.30 Uhr eine landesweite Ausstellung der Aufsichts- und Dienstleistungsdirektion (ADD) zum Thema Stiftungen eröffnet. 23 Stiftungen, die Initiative Bürgerstiftungen und der Bundesverband präsentieren dabei ihre aktuellen Arbeiten und Stiftungszwecke aus den Bereichen Sport, Jugend, Bildung, Fürsorge, Denkmalschutz, Kunst, Medizin und Forschung. Die Ausstellung ist bis zum 7. November an der WHU zu besichtigen.
Quelle und Kontaktadresse:
Bundesverband Deutscher Stiftungen e.V.
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