Stimmungsbild: Bürokratie, Steuerlast und Altersvorsorge im Fokus – ESD fordert mutige Strukturreformen
(Berlin/Saarbrücken) - Die wirtschaftliche Stimmung unter Selbstständigen und kleinen Unternehmen in Deutschland bleibt angespannt. Das zeigt das Stimmungsbarometer des Europaverbandes der Selbständigen – Deutschland (ESD) e.V. Die Befragung spiegelt zentrale Sorgen und Erwartungen der Betroffenen – aber auch konkrete Reformvorschläge.
94 % der Teilnehmenden fühlen sich stark oder sehr stark durch bürokratische Vorgaben belastet. Als größte Hürden wurden das Steuerrecht (45 %) sowie Berichtspflichten gegenüber Behörden (36 %) genannt.
„Bürokratie ist längst kein Randthema mehr – sie ist zum Geschäftsrisiko geworden“, erklärt ESD-Präsident Timo Lehberger. „Wer unternehmerisches Engagement will, muss endlich wieder Vertrauen und Einfachheit ermöglichen.“
Auch die Steuerbelastung bleibt eines der drängendsten Themen: 88 % halten sie für zu hoch, mehr als die Hälfte (51 %) fordert eine Senkung der Einkommensteuer, 30 % sprechen sich für einen KMU-spezifischen Steuertarif aus.
„Die Bundesregierung hat einen ersten wichtigen Schritt getan“, so Lehberger mit Blick auf den jüngsten Kabinettsbeschluss zur Unternehmensentlastung. „Jetzt braucht es flankierende Maßnahmen für Solo- und Kleinunternehmen: unbürokratische Antragsverfahren, echte Anreize für Weiterbildungs- und Digitalisierungsausgaben – und vor allem einen konsequenten Praxistest aller geplanten Entlastungen.“ Entscheidend sei, ob diese tatsächlich im Alltag kleiner Betriebe ankommen – oder ob sie wieder im Paragrafendschungel steckenbleiben.
Ein weiterer Schwerpunkt der Umfrage war die Altersvorsorge:
60 % befürworten eine Versicherungspflicht für Selbstständige, allerdings nur mit Wahlfreiheit oder auf Basis einer Grundsicherung. Gleichzeitig geben 17 % an, derzeit überhaupt nicht fürs Alter vorsorgen zu können.
Der ESD sieht sich durch diese Ergebnisse bestätigt in seiner Forderung nach einer Pflichtabsicherung zur Vermeidung von Altersarmut, die oberhalb des Grundsicherungsniveaus liegt, insolvenz- und pfändungssicher ausgestaltet ist und eine echte Wahlmöglichkeit zwischen gesetzlicher Rentenversicherung, berufsständischen Versorgungswerken und anderen geeigneten Vorsorgearten bietet. Dabei müssen unregelmäßige Einkommensverläufe sowie die besonderen Herausforderungen der Gründungsphase angemessen berücksichtigt werden.
„Die geplante Vorsorgepflicht darf nicht zur Existenzfrage für kleine Unternehmen werden“, mahnt Lehberger. „Was wir brauchen, ist eine sozial gerechte, flexibel ausgestaltete Lösung – keine Einheitsvorgabe für alle.“
Zur geplanten Erhöhung des gesetzlichen Mindestlohns, die derzeit von der SPD gefordert wird, äußerten sich 67 % neutral, während 33 % sie als Gefahr für ihre Wettbewerbsfähigkeit einstufen. Eine ausdrückliche Zustimmung wurde nicht geäußert.
Auf die Frage nach unterstützenden Maßnahmen nennen 58 % Bürokratieabbau bei Anträgen, gefolgt von Zuschüssen zur Digitalisierung (17 %) und Beratungsförderung (12 %).
„Selbstständige wünschen sich keine Sonderbehandlung – aber endlich faire Rahmenbedingungen: weniger Komplexität, mehr Verlässlichkeit und echten politischen Gestaltungswillen“, so Lehberger abschließend. „Der ESD wird diesen Kurs weiter mit Nachdruck vertreten – in Berlin, in Brüssel und vor Ort.“
Auch das politische Repräsentationsgefühl ist ein zentrales Thema: Auf die Frage, welche Partei aus ihrer Sicht aktuell am ehesten die Interessen von Selbstständigen und kleinen Unternehmen vertritt, nannten 33 % die CDU/CSU, 17 % die FDP, jeweils 8 % SPD und AfD sowie 4 % andere Parteien. Ein Viertel der Befragten (25 %) gab an, dass keine der genannten Parteien ihre Interessen ausreichend vertritt.
Gleichzeitig zeigt sich ein starkes Bedürfnis nach eigenständiger Interessenvertretung: 46 % wünschen sich eine eigene politische Stimme für Selbstständige, 34 % fühlen sich politisch nicht mehr vertreten, und 21 % halten die Interessenvertretung über Verbände für effektiver als parteipolitisches Engagement.
„Das Vertrauen in die etablierten politischen Strukturen bröckelt – umso wichtiger ist eine starke, unabhängige Stimme für Selbstständige“, betont Lehberger. „Der Europaverband der Selbständigen versteht sich genau als solche Stimme – sachlich, lösungsorientiert und praxisnah.“
Quelle und Kontaktadresse:
Europaverband der Selbständigen - Deutschland (ESD) e.V., Behrenstr. 42, 10117 Berlin, Telefon: 030 20 45 98 54