Pressemitteilung | Hans-Böckler-Stiftung

Studie zur Veröffentlichung von Jahresabschlüssen / Viele Unternehmen verstoßen gegen Publizitätspflichten

(Düsseldorf) - Zahlreiche kleine und mittlere Unternehmen halten ihren Jahresabschluss gesetzwidrig geheim. Betriebsräten erwächst daraus ein wesentlicher Informationsnachteil - gerade, wenn im Betrieb kontroverse Verhandlungen über Umstrukturierungen oder Beschäftigungsbündnisse anstehen. Dabei haben Betriebsräte und andere Interessierte, beispielsweise Lieferanten, in vielen Fällen gute Chancen, ihren Anspruch auf Information durchzusetzen. Sie müssen ihn nur kennen. Das zeigt ein aktuelles Gutachten von Wirtschaftsprüfern und Juristen im Auftrag der Hans-Böckler-Stiftung.

Dr. Birgit K. Mielke, Wirtschaftsexpertin der Hans-Böckler-Stiftung, beobachtet eine "weitgehende Publizitätsverweigerung" in Teilen der Wirtschaft. Grundsätzlich müssen auch nicht an der Börse notierte Kapitalgesellschaften ihren Jahresabschluss nach dem Gesetz offen legen. Publizitätspflichten gelten ebenfalls für große Gesellschaften mit persönlich haftenden Gesellschaftern. Je nach Größe und Rechtsform muss das Unternehmen seine Bilanz beim Registergericht hinterlegen oder im Bundesanzeiger veröffentlichen. Das taten für das Geschäftsjahr 2002/2003 jedoch nicht einmal fünf Prozent, wie eine Untersuchung der Meldungen an zwei große Registergerichte sowie im Bundesanzeiger zeigt.

Bei den Kapitalgesellschaften gibt es seit fünf Jahren eine klare rechtliche Handhabe gegen Blockierer. Jeder kann sich an das zuständige Registergericht wenden. Das Gericht ermittelt und kann gegen Publizitätssünder ein Ordnungsgeld von bis zu 25 000 Euro verhängen - notfalls auch mehrmals. Auch Personengesellschaften müssen offen legen - aber nur, wenn sie bei Umsatz, Bilanzsumme und/oder Beschäftigten hohe Grenzen überschreiten. Um ein Informationsbegehren durchzusetzen, müssen Interessierte dem Gericht plausibel machen, dass diese Größen tatsächlich erreicht sind. Gerade das ist bislang schwierig, wenn das Unternehmen selber keinen Jahresabschluss veröffentlicht. So streiten etwa der Discounter Lidl, der Betriebsrat und die Gewerkschaft ver.di um Veröffentlichungspflichten.

Eine Verbesserung der Rechtslage bei den Personengesellschaften erwarten die Gutachter von einer Gesetzesinitiative, die die rot-grüne Bundesregierung im April vorgelegt hatte. Danach sollen die Unterlagen aller offenlegungspflichtigen Unternehmen in einem zentralen Unternehmensregister elektronisch gespeichert werden. Dort könnte sie jeder Interessierte einsehen.

Quelle und Kontaktadresse:
Hans-Böckler-Stiftung Hans-Böckler-Str. 39, 40476 Düsseldorf Telefon: (0211) 77780, Telefax: (0211) 7778120 Presse: Jaenette König eMail: Jeanette-Koenig@BOECKLER.DE

(sk)

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