Studienbeiträge und die Reform der Studienfinanzierung
(Berlin) - Vor zwei Wochen hat uns die OECD wieder einmal ein schlechtes Zeugnis für unser Bildungssystem ausgestellt. Besonders bezeichnend war dabei, dass der private Anteil der Ausgaben in den deutschen Kindergärten doppelt so hoch ist wie im OECD-Mittel. Dagegen machen die privaten Aufwendungen an den Hochschulen weniger als die Hälfte des OECD-Durchschnitts aus. Das ist bildungsökonomischer Blödsinn.
Genau so ist es Unsinn, Eliteuniversitäten und Hochschulwettbewerb fördern zu wollen und gleichzeitig an einem Verbot von Studienbeiträgen festzuhalten. Das ist so, als würde man Wettbewerb zwischen Unternehmen fördern wollen, aber die Betriebe zwingen, ihre Produkte an die Kunden zu verschenken.
Studienbeiträge haben eine wichtige Lenkungsfunktion. Die jungen Men¬schen entscheiden sich bewusster für ein Studium. Die angehenden Akademiker verlangen etwas für ihr Geld, sie fordern Qualität. Die Hochschulen sind dadurch gefordert, sich regelmäßig den Leistungs- und Qualitätsstandards des Marktes zu stellen.
In Ländern wie den USA und Großbritannien, in denen die private Studienfinanzierung zur Normalität gehört, ist das Problem der Langzeitstudenten unbekannt. Hierzulande befand sich dagegen im Wintersemester 2002/2003 fast ein Viertel aller Studierenden im 12. oder in einem höheren Semester. Ein teures Vergnügen, nicht zuletzt für die Betroffenen selbst, denn unnötige Jahre im Studium bedeuten einen nicht wieder gut zu machenden Verlust an Einkommen.
Zudem profitieren vor allem die Studierenden von Studienbeiträgen, die für ein verbessertes Angebot in der Lehre eingesetzt werden. Dies setzt allerdings voraus, dass den öffentlichen Haushalten jeglicher Zugriff auf die Beitragseinnahmen verwehrt bleibt. Für die BDA ist dies eine der zentralen Voraussetzungen für die Einführung von Studienbeitragsmodellen.
Neben dieser Hauptprämisse, die vor allem politischen Willen erfordert, hat die BDA zwei weitere Leitlinien für ihre konzeptionellen Überlegungen aufgestellt:
- Niemand sollte aus finanziellen Gründen von der Aufnahme eines Studiums abgehalten oder gar ausgeschlossen werden und
- die Modelle müssen unbürokratisch und transparent gestaltet werden.
Beide Voraussetzungen sind mit unserem Modell, das ich Ihnen heute vorstelle, erfüllt.
Für die Studienbeiträge schlagen wir ein Splitting-Modell vor, das sich aus einem hochschuleinheitlichen Grundbeitrag und einer variablen Komponente zusammensetzt, die dann fachbereichsspezifisch ausgestaltet werden kann. In der Einführungsphase von drei Jahren soll die Beitragshöhe gedeckelt werden. Vorgesehen ist ein maximaler Grundbeitrag von 500 Euro pro Semester sowie maximal 25 Euro pro angemeldetem Leistungspunkt im Bachelor-Studium und 50 Euro im Master-Studium. Die einzelne Hochschule soll über die tatsächliche Höhe der Beiträge im Rahmen dieser Grenzen entscheiden.
Die Sicherung der Sozialverträglichkeit ruht in unserem Modell auf zwei Säulen:
- Jeder Studierende erhält vom Staat ein Ausbildungsbudget in Höhe von 15.000 Euro, das er nicht zurückzahlen muss. Die Inanspruchnahme muss nicht kontinuierlich erfolgen, ein etwaiger Restbetrag kann auch für spätere Weiterbildungsmaßnahmen eingesetzt werden. Dieses Ausbildungsbudget ersetzt die bislang für eine zielgenaue Bildungsfinanzierung wenig tauglichen Transferzahlungen an die Eltern von Studierenden wie Kindergeld und Ausbildungsfreibeträge. Es löst zugleich auch das BAföG ab.
-Zweitens steht jedem Studierenden ein maximales Darlehen von rund 35.000 Euro zur Verfügung, das zur Finanzierung des Lebensunterhalts und der Studienbeiträge in Anspruch genommen werden kann. Konzentriert ein Studierender die Mittel aus dem Ausbildungsbudget und aus dem Darlehen auf ein dreijähriges Bachelor-Studium, dann stehen ihm in unserem Modell maximal 834 Euro pro Monat allein für den Lebensunterhalt zur Verfügung. Das ist deutlich mehr als der heutige BAföG-Höchstsatz plus Kindergeld.
Die Rückzahlung des Darlehens beginnt erst nach dem Studium und wenn ein bestimmtes Mindesteinkommen erreicht wird. Durch unterschiedliche Tilgungszeiten kann die individuelle Belastung gesteuert werden. Als Kreditgeber schlagen wir die Kreditanstalt für Wiederaufbau vor, die einheitliche Kreditkonditionen ohne Risikoprüfung gewährleisten kann.
Damit legt die BDA ein Modell vor, das die Vorteile von Studienbeiträgen kombiniert mit einer neuen Form der staatlichen Studienfinanzierung sowie einem sozialverträglichen Darlehenssystem vollkommen unabhängig von eigenen oder elterlichen Vermögensverhältnissen.
Mit der Fokussierung auf Studienbeiträge ist es aber allein nicht getan. Auch die staatliche Hochschulfinanzierung muss künftig anreizorientierter ausgestaltet werden. Dazu sollen nach unserem Modell die Hochschulen neben einer angebotsorientierten und an Leistungskriterien gekoppelten Basisfinanzierung einen Teil der öffentlichen Mittel in Form einer nachfrageorientierten Mittelzuweisung erhalten.
Konkret regen wir an, analog zur Berechnung der variablen Studienbeiträge die Mittelzuweisungen an die Anzahl der von den Studierenden angemeldeten Leistungspunkte an der Hochschule zu koppeln.
Bei unserem Gesamtmodell geht es uns vor allem darum, die oftmals erbittert geführte und ideologisch gefärbte Auseinandersetzung um Studienbeiträge durch umfassende Lösungsvorschläge zu versachlichen. Dabei ist unser Modell als eine Empfehlung an die Länder und Hochschulen zu verstehen, die aus diesem Grund hier und heute auch vertreten sind.
Quelle und Kontaktadresse:
Bundesvereinigung der Deutschen Arbeitgeberverbände e.V. (BDA)
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Telefon: 030/20330, Telefax: 030/20331055