Technologiebewertung: HTA-Methodik für Medizinprodukte differenzieren / Studie arbeitet Unterschiede zu Arzneimitteln heraus
(Berlin) - Nicht für jedes Medizinprodukt ist "Health Technology Assessment" (HTA) gleichermaßen anwendbar und geeignet. Deshalb müsse in der Praxis der Technologiebewertung eine Differenzierung vorgenommen werden, ob und wann ein HTA-Verfahren geeignet und sinnvoll ist. Das sagte der Geschäftsführer des BVMed, Joachim M. Schmitt, zur Veröffentlichung einer Studie zu HTA bei Medizinprodukten durch Prof. Dr. von der Schulenburg von der Universität Hannover.
In einer jetzt in der Zeitschrift "Gesundheitsökonomie und Qualitätsmanagement" erschienenen Originalarbeit der Forschungsstelle für Gesundheitsökonomie unter der Leitung von Prof. Dr. Graf von der Schulenburg wurde die Frage bearbeitet, ob Medizinprodukte analog zu Arzneimitteln einem HTA unterworfen werden können und sollten. HTA steht dabei für eine methodisch standardisierte medizinische und ökonomische Bewertung.
Der BVMed weist darauf hin, dass die Studie sehr gut die Unterschiede zwischen Arzneimitteln und Medizinprodukten herausarbeite:
- Bei Arzneimitteln wird die Hauptwirkung auf pharmakologischem Weg erreicht. Die Effekte von Medizinprodukten auf den menschlichen Körper sind dagegen meist physikalischer Natur. Der Begriff der Wirksamkeit ist bei Medizinprodukten daher im Sinne der Funktionalität zu verstehen.
- Arzneimittel greifen in komplexe biologische Systeme ein und ihre therapeutische Wirkung ist eine Wechselwirkung zwischen Arzneistoffen und dem menschlichen Körper. Medizinprodukte wirken dagegen auf den menschlichen Körper - und nicht umgekehrt.
- Unerwünschte Arzneimittelwirkungen sind häufig nicht vorhersehbar. Es sind keine Aussagen möglich, wann sie eintreten, wie schwer sie sind und ob sie reversibel sind. Unerwünschte Effekte von Medizinprodukten sind dagegen in stärkerem Maße vorhersehbar und in der Regel reversibel. Zudem sind die klinischen Effekte bei Medizinprodukten in der Regel von den Fähigkeiten und Fertigkeiten sowie den Erfahrungen des Anwenders abhängig.
- Die Diskussion des sehr heterogenen Feldes der Medizinprodukte und der HTA-Methodik zeigt, dass eine Vielzahl von Medizinproduktgruppen nicht oder nur bedingt geeignet sind, einer HTA-Methodik unterworfen zu werden. Für die verbleibenden Medizinprodukte sind Modifikationen der HTA-Methodik notwendig, da für Medizinprodukte vielfach randomisierte, kontrollierte und verblindete klinisch-kontrollierte Studien als Datengrundlage nicht vorhanden sind und sowohl wegen der jeweiligen Produktspezifika als auch aus methodischen Gründen nicht durchgeführt werden können.
Bei solchen Medizinprodukten, bei denen die etablierte Methodik nicht angewendet werden kann, sollte sie so modifiziert werden, dass diese einerseits der Zielsetzung eines reproduzierbaren wissenschaftlichen Erkenntnisgewinns und andererseits den besonderen Produkteigenschaften gerecht wird.
Die Erkenntnisse aus der theoretischen Betrachtung der Studie sind in einem Entscheidungsbaum gebündelt, mit dessen Hilfe es möglich ist zu prüfen, ob die Durchführung von HTA für ein spezifisches Medizinprodukt oder eine Gruppe von Medizinprodukten medizinisch notwendig, ökonomisch sinnvoll und methodisch durchführbar erscheint und sich somit einer HTA-Bewertung erschließt.
BVMed-Geschäftsführer Joachim M. Schmitt: "Technologiebewertung ist aus Sicht der Industrie richtig und wichtig. Der Nachweis des medizinischen und ökonomischen Nutzens ist eine Herausforderung für die Unternehmen. HTA-Verfahren können dabei positiv und unterstützend sein, um Innovationen der Medizintechnologie voranzubringen. HTA-Verfahren müssen dabei aber die Besonderheiten und die Heterogenität der Medizinproduktebranche berücksichtigen. Die MedTech-Unternehmen benötigen eindeutige, aber auch sachgerechte Vorgaben, was man im Rahmen der HTA-Verfahren wie bewerten will."
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