Pressemitteilung | Bitkom e.V.

Tempo in der Innovationspolitik erhöhen / BITKOM-Zwischenbilanz zur Innovationspolitik: Die Richtung stimmt, jetzt müssen wir Fahrt aufnehmen

(Berlin) - Der Bundesverband Informationswirtschaft, Telekommunikation und neue Medien (BITKOM) fordert Bundes- und Landesregierungen auf, das Tempo in der Innovationspolitik zu erhöhen. Die Bilanz kurz vor Ende des "Jahres der Technik" fällt ernüchternd aus, urteilt der BITKOM ein Jahr nach der Präsentation seines Grundsatzpapiers zur Innovationspolitik anlässlich der Münchener Hightech-Messe Systems. Zwar stellt BITKOM eine Reihe positiver Ansätze in der Bildungs- und Wirtschaftspolitik fest. In vielen Bereichen bleiben die Reformen jedoch hinter den Anforderungen zurück oder sind gar ein Rückschritt, wie das geplante Urheberrechtsgesetz zeigt. Wichtige Infrastrukturprojekte wie der digitale Behördenfunk oder die elektronische Gesundheitskarte kommen nur schleppend voran.

Um Wirtschaftswachstum und damit neue Arbeitsplätze zu schaffen, gibt es nach Ansicht des BITKOM nur eine Perspektive: Vorsprung durch Innovation. Der BITKOM begrüßt, dass die Bundesregierung das Thema Innovation vor einem Jahr zu einem zentralen Bestandteil ihrer Politik gemacht hat. "Bei der Umsetzung in konkrete Reformprojekte und Programme hapert es aber noch an zu vielen Stellen", sagt Berchtold. Er macht der Politik deshalb Vorschläge in fünf Politikfeldern, die für die Förderung von Innovationen besonders erfolgskritisch sind.

Der BITKOM fordert an erster Stelle erneut eine umfassende Reform des deutschen Bildungssystems. Dazu gehören eine moderne Lehrerausbildung und aktuelle Lehrpläne: Berufsbegleitende Weiterbildung der Lehrkräfte, Vermittlung wirtschaftsnaher Inhalte sowie eine stärkere Förderung technischer Fähigkeiten. Des Weiteren sollen verbindliche, bundesweit einheitliche und vor allem anspruchsvolle Bildungsstandards eingeführt werden. "Die Reformbemühungen sind hier auf halbem Weg stehen geblieben", sagt Berchtold. Nicht zuletzt müsse auch die Ausstattung der Schulen mit neuen Medien verbessert werden. In Deutschland teilen sich rechnerisch 25 Schüler einen PC, in dänischen Sekundarschulen steht standardmäßig auf jeder Bank ein Gerät.

Zum zweiten mahnt der BITKOM, in der Forschungsförderung bereits zugesagte Mittel freizugeben. So ist die Projektvergabe aus dem Programm "IT-Forschung 2006" faktisch eingefroren. Das ist umso gravierender, als sich die Projektförderung auf die Umsetzung von Forschungsergebnissen in marktfähige Produkte konzentriert. Gerade auf diesem Gebiet hat Deutschland erhebliche Defizite. Förderprogramme sollten daher in Zukunft stärker Forschungsthemen berücksichtigen, die für die Wirtschaft relevant sind.

Bund, Länder und Gemeinden sollten entschlossener neue Technologien einsetzen, um intern Kosten zu senken sowie nach außen Bürgern und Unternehmen die Zusammenarbeit mit Behörden zu erleichtern. Dies ist die dritte Forderung von BITKOM. Deutschland liegt beim Einsatz von Informationstechnik in der öffentlichen Verwaltung weltweit auf Platz 20. Mit dem flächendeckenden Einsatz von E-Government-Lösungen ließen sich pro Jahr rund 400 Millionen Euro einsparen. "Mit dem Projekt 'Deutschland Online' sind wir dank des entschlossenen Einsatzes von Bundes- und Landesinnenministerien aber auf dem richtigen Weg", lobt Berchtold.

Andere wichtige Projekte kommen demgegenüber kaum voran: Die pünktliche Einführung der elektronischen Gesundheitskarte im Jahr 2006 ist in Gefahr, weil sich Krankenkassen, Selbstverwaltung, Ärzte und Apotheker nicht über die technischen Spezifikationen einigen können. Die Einführung eines digitalen, abhörsicheren Behördenfunks wird immer wieder verschoben. "Selbst zur Fußball-WM 2006 werden unsere Sicherheitsbehörden - wie sonst nur noch Albanien - analog funken", sagt Berchtold.

An vierter Stelle fordert BITKOM energisch, innovative Branchen und Technologien nicht mit zusätzlichen Abgaben und Gebühren zu belasten. Als Rückschritt wertet der BITKOM in diesem Zusammenhang die geplante Novellierung des Urheberrechtsgesetzes. Hier werden der Innovationsbranche neue Lasten aufgebürdet. Der Katalog abgabenpflichtiger Geräte soll erheblich erweitert werden, darunter Computer, Drucker und Handys. Sogar Tonerkartuschen und andere Verbrauchsmaterialien sollen in die Abgabenregelung einbezogen werden. Der BITKOM lehnt Pauschalabgaben ab und fordert, nur von demjenigen Geld zu verlangen, der auch tatsächlich urheberrechtlich geschützte Werke kopiert. Technisch lässt sich das mit einem digitalen Rechtemanagement realisieren. "Rundfunkgebühren, Pauschalabgaben, Ausbildungsplatzabgaben gehören in die politische Mottenkiste und nicht in die ITK-Branche", kommentiert Berchtold.

Nicht zuletzt müsse die Politik auch die steuerlichen Rahmenbedingungen optimieren, um die Innovationskraft der Unternehmen zu stärken. Dazu gehört insbesondere eine Senkung der Steuerlast. Die Gewerbesteuer sollte vollständig abgeschafft werden. Unternehmen würden sowohl durch den niedrigeren Steuertarif als auch durch den geringeren Verwaltungsaufwand entlastet. "Die Kapitalschwäche des Mittelstands ist auch eine Folge des Steuerrechts, das den Mittelabfluss belohnt, die Bildung von Eigenkapital aber bestraft", stellt Berchtold fest.

Die Politik hat in der Vergangenheit aus Sicht des BITKOM zu sehr einzelne Projekte und Technologien gefördert, die Rahmenbedingungen aber kaum angetastet. Das müsse man ändern. Vor allem aber, so Berchtold, müssen Politik und Wirtschaft an einem Strang ziehen, um Investitionen in Forschung und Entwicklung umzusetzen in international marktfähige Produkte und Dienstleistungen. Messgröße dafür ist der Außenhandelssaldo bei Hightech-Produkten der ITK-Branche. Hier meldet BITKOM zurzeit einen Negativ-Saldo. Berchtold: "Wir müssen wieder vom Nettoimporteur zum Nettoexporteur im Hightech-Sektor werden. Das ist der beste Indikator im internationalen Innovationsvergleich, und den wollen wir gewinnen."

Quelle und Kontaktadresse:
Bundesverband Informationswirtschaft, Telekommunikation und neue Medien e.V. (BITKOM) Albrechtstr. 10, 10117 Berlin Telefon: 030/27576-0, Telefax: 030/27576-400

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