Pressemitteilung | DIHK - Deutscher Industrie- und Handelskammertag e.V.

Terrorabwehr im Binnenmarkt: Überzogenes Sicherheitsdenken belastet die Wirtschaft

(Berlin) - “Jeder Transport ist ein Risiko“, dies ist Begründung der EU-Kommission für ihren Richtlinienvorschlag zur „Verbesserung der Sicherheit der Lieferkette“. Von der Vorbereitung des Versands über die Lagerhaltung bis zur Auslieferung der Transportkette ist lückenlose Sicherheit vor terroristischen Angriffen das Ziel: „Das Unmögliche denken“ ist dabei die Maxime der Kommission. Klingt angesichts steigender Bedrohung durch Terror erstmal gut, hat aber gravierende Folgen:

EU setzt auf Sicherheitszertifikat
4,75 Millionen Unternehmen in der EU werden von dem Zertifizierungsverfahren betroffen sein: Zunächst sollen Betriebe Sicherheitsstandards erfüllen, um den Status „Zuverlässiges Unternehmen“ zu erhalten. Um diesen Status zu erreichen, müssen u.a. die Beschäftigten, Geschäftspartner und Besucher systematisch identifiziert und z.B. umfassende Zugangskontrollen für den Versand-, Lade- und Frachtbereich eingerichtet werden. Die formale Freiwilligkeit der Teilnahme an diesem Zertifizierungsverfahren steht dabei jedoch nur auf dem Papier. Fachlich wird das Stichwort „Terror“ einen immensen öffentlichen Druck auf die betroffenen Unternehmen ausüben und die Teilnahme so „erzwingen“. Nach einer Studie zur Folgenabschätzung, die von der EU-Kommission im Vorfeld in Auftrag gegeben wurde, kämen auf die europäische Wirtschaft insgesamt Kosten in Höhe von einmalig 48 Milliarden Euro und weitere 36 Milliarden Euro pro Jahr hinzu. Der Staat soll die Kontrolle ausüben und wird zur Installierung eines enormen Verwaltungsapparates gezwungen. Brüsseler Ankündigungen zum Bürokratieabbau und Deregulierung erscheinen vor diesem Hintergrund als bloßes Lippenbekenntnis.

Der DIHK fordert daher die Bundesregierung auf, den Vorschlag der Kommission abzulehnen, weil:
-die Vorschläge zu keinem tatsächlichen Sicherheitsgewinn führen und damit ihre selbst gesteckten Ziele nicht erreichen,
- der Grundsatz der freiwilligen Zertifizierung den quasi-obligatorischen Charakter der Verordnung verschleiert,
- fehlende Zertifizierung für die Unternehmen faktisch zu einem Berufsverbot führt und empfindliche Wettbewerbsnachteile bewirkt,
- der Vorschlag lediglich auf Annahmen und Mutmaßungen über mögliche Bedrohungen beruht und
- die angegebenen Rechtsgrundlagen keine Antiterrorpolitik gestatten.

Kommissionsvorschlag stößt auf breite Ablehnung
Der Bundesrat hat sich bereits auf die Seite der IHK-Organisation geschlagen. Auch international gibt es große Gegenwehr. 23 Mitgliedstaaten (bis auf die Niederlande) lehnen den Vorschlag der Kommission ab.

Was ist zu tun?
Zunächst muss die Kommission nach Ansicht der IHK-Organisation eine belastbare Risikoanalyse erarbeiten, dann müssen bestehende Risikopotenziale bewertet und schließlich bereits bestehende Regelungen zur Abwehr terroristischer Gefahren einbezogen werden.

Wie geht es weiter?
Voraussichtlich Ende November wird das Thema im Verkehrsausschuss des EU-Parlaments behandelt werden. Noch fraglich ist, ob sich der EU-Verkehrsministerrat Mitte Dezember mit diesem Thema befassen wird. Im Bundestag wurde das Thema am 08.11.2006 im Verkehrsausschuss beraten. Im Ergebnis der Beratung wurde der Vorschlag der Kommission von allen Fraktionen entsprechend der Forderung des DIHK abgelehnt. Der DIHK wird die Beratungen auf nationaler und internationaler Ebene weiter kritisch begleiten und auf allen Ebenen auf eine Zurücknahme dieses Vorschlages dringen.

Quelle und Kontaktadresse:
Deutscher Industrie- und Handelskammertag (DIHK) Ute Brüssel, Pressesprecherin Breite Str. 29, 10178 Berlin Telefon: (030) 203080, Telefax: (030) 203081000

(sk)

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