Textilrecycling in der Krise – bvse-Fachverband Textilrecycling weist Aussagen der Kanzlei GGSC entschieden zurück
(Bonn) - Mit großer Verwunderung nimmt der Fachverband Textilrecycling (FTR) im bvse-Bundesverband Sekundärrohstoffe und Entsorgung e.V. die jüngst veröffentlichte Stellungnahme der Kanzlei GGSC, Berlin, zur Kenntnis.
Angesichts der desolaten Lage des Textilrecyclingsystems in Deutschland tragen die dort vorgeschlagenen, aus Sicht des Verbandes fragwürdigen Lösungsansätze nicht dazu bei, tragfähige und gemeinsam getragene Strategien zur weiterhin hochwertigen Erfassung textiler Abfälle zu entwickeln.
Das seit Jahrzehnten bewährte System der Erfassung und Verwertung von Alttextilien und Altschuhen in Deutschland fußt auf einer konstruktiven Zusammenarbeit zwischen kommunalen, gemeinnützigen und gewerblichen Akteuren. Dabei stellen gewerbliche Dienstleister den Großteil der Leistungserbringer – nicht etwa durch eine vermeintliche Privilegierung, wie GGSC suggeriert, sondern durch ihre Rolle als beauftragte Partner kommunaler oder gemeinnütziger Träger. Nahezu 100 % der Sortierleistungen werden von gewerblichen Unternehmen erbracht.
Diese gewachsene Marktstruktur basierte bislang auf Fairness, Kooperation und Sachverstand. Umso irritierender sind die jüngsten Aussagen der Kanzlei GGSC, die nach Ansicht des FTR auf falschen Darstellungen und realitätsferner Faktenauslegung beruhen.
Falsche Unterstellungen und unprofessionelle Pauschalurteile
Insbesondere der Vorwurf, die Branche schöpfe „enorme Gewinne“ ab, die eigentlich den Bürgerinnen und Bürgern hätten zufließen müssen, entbehrt jeglicher Grundlage. Die Formulierung, dass „Gewinne privatisiert und Verluste sozialisiert werden“, ist aus Sicht des bvse-Fachverbandes Textilrecycling nicht nur sachlich falsch, sondern in der öffentlichen Debatte unprofessionell und fehl am Platz.
Tatsächlich hat die deutsche Alttextilbranche – mit über 10.000 Beschäftigten – über viele Jahre die textilen Abfallentsorgungsleistungen kostenfrei erbracht und bis vor kurzem sogar Erlöse an Kommunen abgeführt. Einnahmen aus Sondernutzungsgenehmigungen fließen seit Jahrzehnten in öffentliche Haushalte. Anders als bei vielen anderen Abfallströmen war das Alttextilsystem bislang nicht auf eine Querfinanzierung angewiesen.
Dass sich dies aktuell dramatisch ändert, ist nicht der Branche anzulasten, sondern eine Folge vielfältiger – auch politischer – Entwicklungen, die Fachleuten durchaus bekannt sind.
Keine Privilegien für gewerbliche Sammler
Die Behauptung, § 18 Abs. 6 Satz 1 KrWG privilegiere gewerbliche Sammler, ist laut FTR nicht nachvollziehbar. Die gesetzliche Regelung dient primär dem Schutz und der Planungssicherheit der öffentlich-rechtlichen Entsorgungsträger (örE), nicht jedoch der Bevorzugung gewerblicher Anbieter. Tatsächlich sind gewerbliche Sammler im aktuellen Regelwerk gegenüber gemeinnützigen Akteuren keineswegs bevorzugt – eher im Gegenteil.
Auch der Vorschlag zur Erweiterung der Bereichsausnahme für Dienstleistungen des Katastrophenschutzes, Zivilschutzes und der Gefahrenabwehr scheint eher als Erheiterung im Sommerloch gemeint zu sein, richtet sich diese Bereichsausnahme doch an Dienstleistungen der Feuerwehr, Rettungsdienste, Brandverhütung, Zivilverteidigung etc. und Dienstleistungen im Bereich der nuklearen Sicherheit…
Ab 2025 neue Verpflichtungen – aber keine Lösungen in Sicht
Mit Inkrafttreten der Getrenntsammlungspflicht für Textilien zum 1. Januar 2025 kommen auf die örE neue organisatorische und finanzielle Verpflichtungen zu. Faktisch greifen diese jedoch weiterhin überwiegend auf die etablierten gewerblichen und gemeinnützigen Strukturen zurück. Kommunale Eigenleistungen sind selten – und bei kritischer Betrachtung möglicherweise auch nicht wirtschaftlich tragfähig.
Dass das bestehende Sammelsystem angesichts der enormen Kosten nicht mehr aufrechterhalten werden kann, wird von keiner Seite bestritten. Selbst der Verband kommunaler Unternehmen (VKU) sieht dringenden Handlungsbedarf, sieht jedoch die Hersteller in der Pflicht, etwa über eine erweiterte Herstellerverantwortung (EPR). Da eine Einführung frühestens 2027/2028 realistisch ist, droht dem System kurzfristig der Zusammenbruch.
Der Vorschlag, gemeinnützige Organisationen als alleinige Akteure im Alttextilrecycling zu priorisieren, erscheint laut FTR weder realistisch noch zukunftsfähig – nicht zuletzt, weil viele dieser Organisationen zuletzt ihre Sammelsysteme mangels Wirtschaftlichkeit einstellen mussten.
Ein tragfähiges Modell sieht der Fachverband vielmehr in einem Verbundsystem aus gewerblichen und gemeinnützigen Akteuren, das auf den Stärken und Erfahrungen aller Beteiligten aufbaut.
Der bvse-Fachverband Textilrecycling fordert daher erneut eine Übergangslösung, gemeinsam entwickelt von allen relevanten Akteuren. Dazu bedarf es eines konstruktiven und kooperativen Dialogs und einer gemeinsamen Kraftanstrengung, um das Textilrecycling zukunftsfest zu machen.
Quelle und Kontaktadresse:
(bvse) Bundesverband Sekundärrohstoffe und Entsorgung e.V., Jörg Lacher, Leiter(in) Politik und Kommunikation, Fränkische Str. 2, 53229 Bonn, Telefon: 0228 988490
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