Pressemitteilung | Gewerkschaft Erziehung und Wissenschaft (GEW)

„Tour de Chance“ statt Bundesländerwettkampf / PISA E 2003: DGB, IG Metall und GEW fordern Bekämpfung der Bildungsarmut

(Frankfurt am Main) - „Wir brauchen weder eine Bundesländerolympiade zu Wahlkampfzwecken noch eine föderalistische Kirchturmpolitik, sondern gemeinsame produktive Anstrengungen für das Schulwesen im ganzen Land.“ Das verlangen Ingrid Sehrbrock, Wolf-Jürgen Röder und Marianne Demmer, die Bildungsverantwortlichen des DGB, der IG Metall und der Gewerkschaft Erziehung und Wissenschaft (GEW), nach Veröffentlichung der PISA-Bundesländerdaten in einer gemeinsamen Erklärung. „Nachdem Schulen, Eltern und Schüler zum wiederholten Male den Bundesländerwettkampf über sich ergehen lassen mussten, ist es in Deutschland Zeit für eine ‚Tour de Chance’: einen Wettbewerb um die bestmögliche Förderung aller Kinder.“ Hierzu gehörten vor allem die konsequente Unterstützung der schwachen Leistungsgruppen sowie die Steigerung der Hochschulzugangsberechtigungen auf internationales Niveau. Zudem müsse die Unterfinanzierung des Bildungswesens beendet und das bundesweite Ganztagsschulprogramm endlich in allen Bundesländern produktiv genutzt und fort geführt werden.

„In Deutschland finden im europaweiten Vergleich Arbeiterkinder am schwersten den Weg zur Hochschule. Die Bildungsarmut sozial Benachteiligter wird durch das ausleseorientierte Schulwesen zementiert und sogar noch verschärft“, heißt es in der Erklärung weiter. Die internationale PISA-2003-Studie hatte Deutschland im vergangenen Dezember erneut einen Spitzenplatz in Ungerechtigkeit bescheinigt: Die Abhängigkeit der Leistung von der sozialen Herkunft sei in der Bundesrepublik im weltweiten Vergleich mit am höchsten. Zudem klaffen laut der jüngsten Studie des Essener Bildungsforschers Klaus Klemm die Kontextbedingungen und Chancen im Bundesländervergleich weit auseinander. Die Schere zwischen den reichen und armen Bundesländern drohe größer zu werden. Von einer Gleichwertigkeit der Chancen in Deutschland könne daher kaum noch die Rede sein.

Die Gewerkschaften fordern konsequente Maßnahmen gegen die soziale Spaltung im Schulwesen. Die so genannte Risikogruppe bei den Schülern müsse deutlich verkleinert werden. Das Schulwesen müsse umsteuern: weg von sozialer Auslese hin zur individuellen Förderung aller Schüler und Schülerinnen. Nur ein Schulsystem, das alle Potenziale ausschöpft statt einen großen Teil der Schüler durchs Netz fallen zu lassen, passe zu einer modernen Demokratie und sichere eine entwicklungsfähige Wirtschaft.

Die Gewerkschaften kritisieren, dass der schlichte Bundesländerleistungsvergleich keine seriöse Bewertung zulasse und den Schulen nicht gerecht werde. Die vorliegenden Daten taugten nicht für eine Bewertung, was in Deutschland passiert sei, um die Qualität und Chancengleichheit insgesamt zu verbessern. Diese Themen seien viel wichtiger als die Frage, wer Tabellenführer ist.

Quelle und Kontaktadresse:
Gewerkschaft Erziehung und Wissenschaft (GEW) Reifenberger Str. 21, 60489 Frankfurt Telefon: 069/78973-0, Telefax: 069/78973-201

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