Überschussmitteilung bei Lebensversicherungen: Mehr Durchblick für Kunden durch normierte Information / vzbv: "Jetzt sind die Versicherungen am Zug"
(Berlin) - Kunden von Lebensversicherungen sollen künftig standardisierte Informationen zur Überschussbeteiligung bekommen. Dies sieht ein Informationsstandard vor, der vom Deutschen Institut für Normung unter Federführung des Verbraucherzentrale Bundesverbands entwickelt wurde. Er greift die wegweisenden Urteile des Bundesverfassungsgerichts vom Juli 2005 auf. Das Gericht hatte nicht nur die Praxis der Versicherungsbranche bei der Überschussbeteiligung und der Berücksichtigung stiller Reserven als rechtswidrig erkannt, sondern auch mehr Transparenz gegenüber den Versicherungsnehmern angemahnt. Der vzbv rief die Versicherer auf, die jährlichen Kundenmitteilungen dem neuen Normformat anzupassen.
Der Gesamtverband der deutschen Versicherungswirtschaft (GDV) hat für den 1. März 2006 die Vorstellung seiner "Transparenzoffensive" angekündigt. "Jetzt sind die Versicherungen am Zug: Mit den normierten Informationen kann die Versicherungsbranche zeigen, dass sie es mit der angekündigten Transparenzoffensive ernst meint", sagte vzbv-Vorstand Prof. Dr. Edda Müller.
Derzeit sind die Mitteilungen der deutschen Lebensversicherungen über den Stand der Überschussbeteiligung in vielen Punkten unverständlich und lückenhaft. So werden oft nur die vertraglichen Ansprüche im Todesfall offengelegt - die Rückkaufswerte bleiben hingegen verborgen. Auch wird meist nicht deutlich, welche der mitgeteilten Werte garantiert und welche unverbindlich sind. Ferner werden oft Hochrechnungen auf den Versicherungsablauf des jeweiligen Vertrags vorgenommen, deren Unverbindlichkeit jedoch meist nicht ausreichend erläutert wird. Bedauerlich ist auch, dass verwendete Begriffe von den Verbrauchern nicht verstanden werden, weil sie sich von Versicherer zu Versicherer unterscheiden und zum Teil sogar doppelt belegt sind, etwa der "Rückkaufswert": Hier unterscheiden sich in der Regel die Werte, die dem Kunden bei Vertragsabschluss zu überlassenen sind ("Rückkaufswert-Tabelle") von dem jeweiligen "Rückkaufswert" der späteren Vertragsjahre.
Auch eine Empfehlung des GDV vom Oktober 2004 zur Gestaltung der jährlichen Mitteilung wird den Informationsbedürfnissen der Versicherungskunden nicht gerecht: Diese geht über eine Offenlegung der Ansprüche des Kunden im Todesfall nicht hinaus.
Neuer Informationsstandard: Erst Zusage, dann Rückzug des GDV
Die jetzt auf Initiative des vzbv ausgearbeitete so genannte "öffentlich verfügbare Spezifikation"" ist keine "Norm" im eigentlichen Sinne, da sie ohne direkte Beteiligung von Versicherungsunternehmen entstanden ist. Zunächst hatte der GDV seine Mitarbeit angekündigt, sich anschließend aber - einen Tag vor der ersten Arbeitssitzung - wieder zurückzogen.
So sieht der neue Informationsstandard aus
Die Spezifikation enthält in übersichtlicher Form alle relevanten Informationen zu den Vertragsdaten, den Leistungen bei Kündigung zu einem angegebenen Stichtag, den Leistungen im Todesfall und den Leistungen im Fall der Prämienfreistellung zum Stichtag. Zudem enthält sie eine Aufgliederung des Überschusses des vor dem Stichtag liegenden Versicherungsjahres nach den Überschussquellen sowie eine Modellrechnung über die mögliche Leistung zum Vertragsablauf auf der Basis alternativer hypothetischer Überschussentwicklungen.
Um es Versicherern und Dritten, wie etwa Testmagazinen oder Rating-Agenturen zu ermöglichen, die Transparenz der jährlichen Darstellung der Überschussbeteiligung zu unterscheiden, erfolgt eine Zuordnung der jährlichen Mitteilung über den Stand der Überschussbeteiligung in Transparenzklassen.
Gesetzesreform greift Urteile auf
Die Urteile des Bundesverfassungsgerichts vom 26.7.2005 und des Bundesgerichtshofs vom 12.10.2005 schlugen in der Versicherungsbranche hohe Wellen. Unter anderem hatte das Verfassungsgericht die Bundesregierung dafür gerügt, bei der Überschussbeteiligung Manipulationsspielräume offengelassen und eine Nachprüfbarkeit der Überschussbeteiligung verhindert zu haben. Daneben verlangte das Gericht mehr Transparenz gegenüber den Versicherungsnehmern.
In ihrem Eckpunktepapier zur Reform des Versicherungsrechts vom Februar 2006 kündigt Bundesjustizministerin Zypries an, den Anspruch der Versicherten auf Überschussbeteiligung als Regelfall verankern und für eine Verstetigung bei der Zuteilung der Überschüsse auf den einzelnen Versicherungsvertrag zu sorgen. Demnach müssen die ermittelten Überschüsse dem Versicherungsnehmer spätestens zwei Jahre nach Ermittlung der Überschüsse gutgeschrieben werden.
Die Spezifikation kommt damit genau zum richtigen Zeitpunkt, da sie den Versicherern ein Berichtsformat für ihre jährliche Information an den Versicherungsnehmer zur Verfügung stellt, damit sie der Forderung des Verfassungsgerichts nach mehr Transparenz gerecht werden können.
Für weitere Informationen:
- Die so genannte öffentlich verfügbare Spezifikation PAS 1055/2005 (PAS = publicly available specification) hat die Bezeichnung: "Anforderungen an die Gestaltung der jährlichen Mitteilung an Versicherungsnehmer über den Stand der Überschussbeteiligung bei Kapitallebensversicherungen".
- Ein Interview mit Wolfgang Scholl, Versicherungsreferent im vzbv, zu den Transparenzverhinderungsstrategie der Versicherungen
Sie können die Hintergrundpapiere im Downloadbereich bei www.vzbv.de herunterladen.
Quelle und Kontaktadresse:
vzbv Verbraucherzentrale Bundesverband e.V.
Carel Mohn, Pressesprecher, Presse- u. Öffentlichkeitsarbeit
Markgrafenstr. 66, 10969 Berlin
Telefon: (030) 258000, Telefax: (030) 25800218
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