Pressemitteilung | Verband Bildung und Erziehung e.V. (VBE)

VBE zum Weltlehrertag 2005: Bremer Erklärung verpflichtet die KMK

(Berlin) - „Der Ausstieg der Kultusministerkonferenz (KMK) aus der OECD-Lehrerstudie ist kein gutes Signal zum Weltlehrertag“, kritisierte der Bundesvorsitzende des Verbands Bildung und Erziehung (VBE) Ludwig Eckinger anlässlich des morgigen Weltlehrertages, der unter dem Motto „Lehrerbildung reformieren – Lehrerprofessionalität stärken“ steht.

„Die deutsche Politik distanziert sich damit vom internationalen Bestreben, die Lehrerprofession weiter zu entwickeln.“ Auf der heutigen Pressekonferenz der Lehrergewerkschaft bezeichnete der VBE-Bundesvorsitzende die Anerkennung des Lehrerberufs als „weltweites Problem“. Eckinger erklärte, ein Grund dafür sei die gesellschaftliche Erwartung an den Lehrer als „Tausendsassa“, der in der Schule Probleme meistern soll, die in der Gesellschaft einer Lösung harren.“ Als Beispiele nannte Eckinger die Integration der Migranten, das Ausgleichen schwieriger sozialer oder familiärer Bedingungen, das Geben von Hilfestellungen für die Orientierung in einer wertepluralen Welt.

In der Bundesrepublik fällt der diesjährige Weltlehrertag zusammen mit dem fünften Jahrestag der Unterzeichung der „Bremer Erklärung“, einem von KMK und Lehrerorganisationen gemeinsamen Papier zu den Aufgaben von Lehrerinnen und Lehrern heute. Der VBE-Bundesvorsitzende würdigte das Papier als „gute Basis, die Verantwortung der Lehrerinnen und Lehrer für die Gesellschaft transparent zu machen und damit auch die Attraktivität des Berufes zu stärken“. Eckinger forderte die Kultusminister auf, die Bremer Erklärung nicht in der Schublade verschwinden zu lassen. „Der VBE pocht auf die Erfüllung der eingegangenen Verpflichtung durch die Bildungspolitik, Rahmenbedingungen zu sichern, um die gesellschaftlich hohen Erwartungen erfüllen zu können“, betonte Eckinger und wies indirekte Schuldzuweisungen angesichts des schlechten Abschneidens bei PISA zurück.

„Die Länder müssen Bildung aus der Geiselhaft der Finanzminister entlassen und wieder zu einem Edelstein machen“, betonte Ludwig Eckinger. „Der VBE erwartet von den Ländern langfristige Personalentwicklungskonzepte für den Bildungsbereich und die Schaffung eines gesamtdeutschen Lehrerarbeitsmarktes.“ Die Personalpolitik im Kultusbereich schwanke seit Jahrzehnten zwischen händeringender Suche nach Lehrpersonal und Einstellungsstopps, wobei stets die Notlage und nicht die pädagogische Qualifikation im Vordergrund stünden. Ludwig Eckinger weiter: „Während die Kultusminister von Schulqualitätsentwicklung tönen, werden die Unterrichtsverpflichtungen der Lehrer weiter erhöht, Klassenstärken angehoben, Förderangebote gestrichen, Lehrerfortbildung gekürzt. Wichtige pädagogische Förderprojekte wie vorschulische Sprachkurse für Migrantenkinder werden an wenig qualifizierte Kräfte gegeben. Arbeitslosen Lehrern werden 1-Euro-Jobs in Schulen oder Vorschulen offeriert.“ Als „nicht akzeptabel“ bezeichnete es Eckinger, dass Lehramtsanwärter bei vollem Einsatz oft weniger als 1.000 Euro brutto bekämen.

Für den VBE ist die Reform der Lehrerbildung entscheidend für die Stärkung des Leh¬rerberufes. Der VBE trägt deshalb seit fünf Jahren gemeinsam mit seiner Spitzenorganisation, dem dbb, und den anderen dbb-Lehrerorganisationen das Forschungsprojekt „Potsdamer Lehrerstudie“, um substantielle Veränderungen in der Lehrerbildung anzustoßen. Eckinger warnte auf der Pressekonferenz, den Bologna-Prozess auf eine reine Strukturdebatte zu verkürzen. „Das Studium muss sich am Anspruch des Lehrerberufes orientieren, Experte für das Lernen zu werden“, so Eckinger.

Die Potsdamer Lehrerstudie, die noch bis Herbst 2006 läuft, entwickelt spezifische Studieninhalte für Lehramtsstudiengänge und Empfehlungen für die Gewinnung von Berufsnachwuchs in der Schule. Auf der Pressekonferenz betonte Ulf Kieschke vom Forschungsprojekt Potsdamer Lehrerstudie: „Es muss besser gelingen, den Lehrerberuf als sehr attraktiven und zugleich herausfordernden Beruf transparent zu machen, um die richtigen Interessenten für ein Lehramtsstudium zu gewinnen.“ Wer sich für den Beruf entscheide, müsse nicht nur ein hohes Interesse am Fach und an Kindern haben, so Kieschke. „Ein Bewerber muss wissen, dass Lehrer sehr belastbar sein, ein hohes Maß an Lernbereitschaft zeigen, Flexibilität in der Arbeitsorganisation aufweisen und die Fähigkeit zu Selbststeuerung und selbstverantwortlichem Gestalten haben müssen“, sagte Ulf Kieschke. „Das Scheitern im Beruf lässt sich vermeiden, wenn schon das Studium gezielt gegen einen möglichen Tunnelblick und gegen eine Abstellkammersituation ausgerichtet wird.“ Im Studium müsse die Erfahrung der Wertschätzung eigener Arbeit angelegt und Selbstreflektion eingeübt werden.

Die Potsdamer Lehrerstudie orientiert darauf, entsprechende Fortbildungsprogramme bereits in das Lehramtsstudium einzubinden. „Wir wecken präventiv die Aufmerksamkeit der Studierenden, sich frühzeitig über die persönlichen Stärken und Schwächen zu orientieren“, sagte Kieschke. Die Trainingskurse zu Zeitmanagement und Stressbewältigung, die bereits an der Universität Potsdam angeboten würden, stießen auf großes Interesse, so Ulf Kieschke. „In dem wir bei den angehenden Lehrern Problemverständnis anlegen und deren Selbstmanagement stärken, wird der Grundstein für die nötige Belastbarkeit im Beruf gelegt. Was im Studium begonnen wird, muss dann berufsbegleitend fortgeführt werden.“ Ulf Kieschke betonte, die Qualität der Schulleitung sei ein wesentlicher Faktor für das Erleben der eigenen beruflichen Kompetenz. Dies werde in Deutschland noch immer unterschätzt. „Schule muss sich als Gemeinschaftswerk verstehen und organisieren, was nur gelingt, wenn das Kollegium insgesamt als Team arbeitet.“ Kieschke verwies darauf, das Thema Führungsarbeit müsse deshalb ebenfalls als Angebot in das Lehramtsstudium aufgenommen werden, um jedem Studierenden die Dimension dieser Aufgabe zu verdeutlichen. „Um die Feedbackkultur in den Schulen zu verankern, muss schon im Studium das Feedback systematisch eingeführt werden, damit Ängste gar nicht aufkommen können und jeder einzelne die Erfahrung persönlicher Stärkung macht.“ Das Potsdamer Forschungsprojekt entwickelt dafür ebenfalls entsprechende Studienmodule.

Quelle und Kontaktadresse:
Verband Bildung und Erziehung e.V. (VBE) Behrenstr. 23-24, 10117 Berlin Telefon: 030/7261966-0, Telefax: 030/7261966-19

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