Pressemitteilung | (vzbv) Verbraucherzentrale Bundesverband e.V.

Verbraucherinformationsgesetz: Mündige Konsumenten brauchen mehr Transparenz bei Kaufentscheidung

(Berlin) - Der Verbraucherzentrale Bundesverband (vzbv) unterstützt nachdrücklich die Absicht von Verbraucherschutzministerin Künast, ein Verbraucherinformationsgesetz einzuführen. "Ein solches Gesetz macht aber nur dann Sinn, wenn Verbraucher für bewusste Kaufentscheidungen neben dem Zugang zu Behördendaten auch Zugang zu sämtlichen relevanten Informationen haben," sagte vzbv-Vorstand Prof. Dr. Edda Müller. Dies sei nur durch einen Informationsanspruch gegenüber den Firmen möglich.

Neben der Schaffung von mehr Transparenz für Verbraucher muss es Ziel eines Verbraucherinformationsgesetzes sein, den Grundsatz wahrhaftiger Produktinformationen festzuschreiben. "Die Selbstverständlichkeit, dass Produktinformationen wahrhaftig, umfassend und redlich sein müssen, ist bisher umfassend nirgendwo geregelt," so Edda Müller.

Kernstück des geplanten Gesetzes müsse ein Auskunftsanspruch gegenüber privaten Unternehmen ebenso wie der Zugang zu Behördendaten sein. Dieser Anspruch gegenüber Unternehmen sei auch deswegen notwendig, weil sich der Staat infolge von Deregulierung und Liberalisierung immer mehr aus der Kontrolle und Überwachung zurückziehen. "In der Regel verfügen Behörden heute überhaupt nicht über vollständige Informationen, welche allergenen Stoffe ein Haarwaschmittel enthält oder ob ein Teppich in Kinderarbeit entstanden ist," so Edda Müller. "Genau diese Informationen sind aber für die Kaufentscheidung von Verbrauchern relevant." Ein Auskunftsanspruch allein gegenüber Behörden würde daher ins Leere laufen.

Müller verwies darauf, dass es für immer mehr Produkte freiwillige Zertifizierungs- und Qualitätssicherungsverfahren gebe. "Wenn es dabei um mehr als um PR geht, dann brauchen die Verbraucher auch einen Anspruch darauf zu erfahren, was hinter diesen Verfahren eigentlich steht," so Müller. Es sei außerdem im öffentlichen Interesse, wenn Verbraucher bewusste Kaufentscheidungen treffen und damit zum Beispiel einen Beitrag zum Umweltschutz leisten könnten.

Der vzbv hatte erst vor wenigen Wochen die massive Bewerbung von Lebensmitteln mit "ländlicher Idylle" kritisiert und eine Reihe von Lebensmittelherstellern um Auskunft darüber gebeten, ob die entsprechend aufgemachten Produkte auch tatsächlich von "glücklichen Kühen" und "direkt vom Lande" stammten. Alle angeschriebenen Hersteller hatten Angaben über die Produktionsverfahren verweigert. Einen Auskunftsanspruch bei Informationen über Hersteller und Produktionsverfahren ist daher entscheidend, um gegen irreführende Werbung vorgehen zu können. Lebensmittelfirmen, die auf der Verpackung mit vermeintlicher Bauernhofidylle werben, müssen verpflichtet werden, dies auch zu belegen und durch Fakten nachzuweisen. Wollen Verbraucherschützer gegen solcherlei irreführende Werbung vorgehen, so müssen sie nach gegenwärtigem Recht in der Regel nachweisen, dass das Produkt tatsächlich aus industrieller Landwirtschaft oder Massentierhaltung stammt. Dies ist in der Praxis ein schwieriges Unterfangen, da die meisten Hersteller ihre Ställe und Produktionsanlagen gegen jeden kritischen Blick von außen abschotten und Verbände Auskünfte verweigern. Das Verbraucherinformationsgesetz müsse daher auch einen Auskunftsanspruch für Verbände vorsehen.


Aus einem Briefwechsel des vzbv mit der Firma Lidl im August/September 2001:

vzbv: "Sie werben für den Vertrieb des Produktes mit der bildlichen Darstellung eines idealtypisch stilisierten Bauernhofes.
Dadurch könnte der Eindruck erweckt werden, das Lebensmittel bzw. dessen Bestandteile seien auf der Grundlage artgerechter Tierhaltung/ -verarbeitung hergestellt worden. Wir bitten um Stellungnahme und um nähere Erläuterungen zur Frage der Gewinnung der Rohstoffe und deren Verarbeitung."

Lidl: "Wir bitten um Verständnis dafür, dass wir aus grundsätzlichen Erwägungen Fragen zur Gewinnung der Rohstoffe und deren Verarbeitung bzw. der Herkunft der Rohstoffe sowie aus der gebotenen Vertraulichkeit unseren Lieferanten gegenüber nicht beantworten...Die Qualität der Produkte unseres Hauses ist von unabhängigen Institutionen und Organisationen regelmäßig untersucht und als hervorragend bewertet worden. Wenn Sie sich mit Produkten anderer Wettbewerber befassen, werden Sie feststellen, dass die dort benutzten Ausstattungen ebenfalls vergleichbar sind."

Quelle und Kontaktadresse:
Verbraucherzentrale Bundesverband e.V. Markgrafenstraße 66 10969 Berlin Telefon: 030/258000 Telefax: 030/2580018

NEWS TEILEN: