Pressemitteilung | BGA - Bundesverband Großhandel, Außenhandel und Dienstleistungen e.V.

Verfassungsklage gegen Ökosteuer ist Notwehr

(Berlin) - "Das Ökosteuergesetz diskriminiert Handelsunternehmen gegenüber der Industrie erheblich. Nachdem wir alle Möglichkeiten der politischen Einflussnahme erfolglos ausgeschöpft haben, rufen wir jetzt das Bundesverfassungsgericht an. Unsere Klage gegen die Ökosteuer ist eine Art Notwehr." Dies erklärte Dr. Michael Fuchs, Präsident des Bundesverbandes des Deutschen Groß- und Außenhandels (BGA), am 13. November in Berlin bei der Vorstellung der Verfassungsbeschwerden von fünf Groß- und Außenhandelsunternehmen gegen die Ökosteuer, die jetzt beim Bundesverfassungsgericht in Karlsruhe eingereicht wurden. Der Verband setze üblicherweise auf die überzeugende Kraft der Argumente. Neben dem BGA habe selbst der wissenschaftliche Dienst des Bundestags in einem Rechtsgutachten schwerwiegende Bedenken gegen die Verfassungsmäßigkeit der Ökosteuer erhoben. "Trotz des Grundsatzes der widerspruchsfreien Rechtsordnung sind wir bedauerlicherweise auf einen nahezu beratungsresistenten Gesetzgeber gestoßen. Eine Bereitschaft, die Widersprüchlichkeiten des Gesetzes zu beseitigen, war in keiner Weise vorhanden", sagte Fuchs.

Der Verfahrensbevollmächtigte, Professor Dr. Wolfgang Löwer, Staatsrechtslehrer an der Universität Bonn, erläuterte auf der Pressekonferenz seine Klageschrift: Das mit der Verfassungsbeschwerde angegriffene Gesetz zur Fortführung der ökologischen Steuerreform vom 16. Dezember 1999 vertiefe eine im Gesetz angelegte Wettbewerbsverzerrung. Der Hintergrund sei, dass Unternehmen des Produzierenden Gewerbes auf zu zahlende Öko-Steuern für Energie oder Mineralöl Steuervergünstigungen in Höhe von 80 Prozent erhielten.

Die klageführenden Unternehmen belegten den Defekt des Gesetzes: Gleichartige Produkte, die auf derselben Absatzstufe miteinander konkurrierten, würden steuerlich ganz unterschiedlich erfasst. Dabei habe sich der Gesetzgeber für die Steuerbefreiung auf ein Abgrenzungskriterium gestützt, das insgesamt nicht sachgerecht sei: Die Statistik-Listen für Wirtschaftszweige des Statistische Bundesamtes. Löwer wörtlich: "Wettbewerb findet nicht zwischen Wirtschaftszweigen statt, sondern zwischen Unternehmen, die an Märkten mit Produkten konkurrieren. In Bezug darauf darf der Staat den Wettbewerb nicht durch unterschiedliche Steuerbelastungen verzerren. Es ist jedenfalls nicht erkennbar, wie eine solche Wettbewerbsverzerrung vor dem Gleichheitssatz mit seiner Verpflichtung, Gleiches gleich und Ungleiches ungleich zu behandeln, gerechtfertigt werden können soll. Der Gesetzgeber wäre deshalb gut beraten gewesen auf eine solche Differenzierung der Befreiung zu verzichten."

Als einer von fünf Klägern erläuterte Dr. Uwe Mehrtens, Geschäftsführender Gesellschafter der Schiffahrts- und Speditions-Gesellschaft Meyer und Co GmbH (SSG) in Bremen, seine Situation: Die SSG sei im Seehafenverkehr mit der Lagerung von Früchten aller Art beschäftigt. Dafür unterhalte seine Firma große Kühlhäuser. Das Unternehmen stehe in einem knallharten Wettbewerb, auch zum Produzierenden Gewerbe. Im Fall der SSG seien dies die Kühlhäuser der Obstbauern im Alten Land, die nach der Statistik zum Produzierenden Gewerbe gezählt würden. Diese Kühlhäuser würden von dem hauptsächlichen Auftraggeber der SSG bisher nur dann in Anspruch genommen, wenn die Kapazitäten der SSG erschöpft seien. Sobald die Obstbauern aber ihre Kühlkapazitäten wesentlich preiswerter auf dem Markt anbieten würden als die SSG, könnte der Auftraggeber einen kompletten Wechsel in Erwägung ziehen. Damit die SSG nicht in eine derart existenzgefährdende Situation gerate, müsse sie ihre Preise an denen der direkten Konkurrenz ausrichten, auch wenn diese von der Ökosteuer befreit sei. "Da die Unternehmen des Produzierenden Gewerbes lediglich ein Fünftel der Ökosteuer zu tragen haben, wird deutlich, welche dramatische Wettbewerbsverzerrung durch die Ökosteuer geschaffen wurde", sagte Mehrtens.

Diese existenzbedrohende Entwicklung habe die SSG versucht abzuwenden, indem sie einen Antrag auf Einstufung als ein Unternehmen des Produzierenden Gewerbes stellte. Dieser Antrag wurde jedoch vom Hauptzollamt Bremen abgelehnt. Zur Begründung wurde angegeben, dass die von der SSG vorgenommenen Leistungen lediglich eine "handelsübliche Manipulation" beziehungsweise Lagertätigkeiten seien und deswegen eine Zuordnung zum Produzierenden Gewerbe nicht erfolgen könne. Die SSG hoffe jetzt durch die Verfassungsbeschwerde zu ihrem Recht zu kommen.

Fuchs kritisierte, dass die Bundesregierung bei der Ökosteuer ohne Not über ihr selbst gesetztes Ziel hinausgeschossen sei. In der rot-grünen Koalitionsvereinbarung sei auf die notwendige europäische Harmonisierung der Energiebesteuerung hingewiesen worden. Darüber hinaus stehe folgendes im Koalitionsvertrag: „Bei der konkreten Ausgestaltung der Schritte muss auch die konjunkturelle Lage und die Preisentwicklung auf den Energiemärkten berücksichtigt werden.“ Die Bundesregierung habe aber die weiteren Ökosteuerstufen im nationalen Alleingang durchgepeitscht und dabei die Preisentwicklung auf den Energiemärkten ignoriert. "Damit wurde nicht nur der eigene Koalitionsvertrag ad absurdum geführt. Die Bundesregierung hat doppelten Wortbruch begangen", erklärte BGA-Präsident Fuchs in Berlin.

Quelle und Kontaktadresse:
Bundesverband des Deutschen Groß- und Außenhandels e.V. (BGA) Volker Tschirch (Pressesprecher) Am Weidendamm 1A 10117 Berlin Telefon: 030/5900995-20 Telefax: 030/5900995-29

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