Verpflichtung zu Testangeboten ist das falsche Signal, bundesweit einheitliche Notbremse wäre das richtige Vorgehen
(Berlin) - Zum Beschluss des Vierten Gesetzes zum Schutz der Bevölkerung bei einer epidemischen Lage von nationaler Tragweite durch das Bundeskabinett am Dienstag erklärt Hans Peter Wollseifer, Präsident des Zentralverbandes des Deutschen Handwerks (ZDH):
"Die jetzt beschlossene gesetzliche Verpflichtung für Arbeitgeber, ihren Beschäftigten Tests anzubieten, ist das falsche Signal und belastet unsere Handwerksbetriebe zusätzlich in einer für sie ohnehin schwierigen Lage. Diese gesetzgeberisch unnötige Aktion ist der Versuch, die beim Staat liegende Verantwortung für die Pandemiebekämpfung auf die Wirtschaft zu verlagern. Wir brauchen in dieser Situation jedoch keine Misstrauenskultur, sondern richtig wäre der gemeinsame Schulterschluss gewesen. Unsere Betriebe testen bereits jetzt freiwillig in großem Umfang und dort, wo es noch nicht der Fall ist, liegt das mehrheitlich daran, dass nicht ausreichend Test-Kits beschafft oder geliefert werden können. Dafür aber jetzt Betriebe abzustrafen, ist unangemessen und stellt einen Vertrauensbruch gegenüber dem bereits unter Beweis gestellten großen Einsatz der Betriebe bei der Infektionseindämmung.
Höchste Zeit hingegen war es, dass der Bund das Auslegungs- und Umsetzungswirrwarr der Länder bei der Notbremse nun durch eine bundeseinheitliche Regelung ersetzt. Das schafft zumindest etwas mehr Klarheit und damit auch Planungssicherheit für unsere Betriebe. Gerade für überregional tätige Handwerksbetriebe ist ein bundesweit einheitliches Vorgehen vor Ort bei der Notbremse unverzichtbar. Die bisher alles andere als einheitlichen Regelungen der Bundesländer - ungeachtet der gemeinsamen MPK-Beschlüsse - haben das nicht sicherstellen können. Sie haben vielmehr die Situation für die Betriebe zunehmend unvorhersehbarer und damit existenzgefährdender werden lassen.
Dass der Bund bei der Notbremse das Heft des Handelns an sich gezogen hat, ist richtig, um in äußerst angespannten Infektionslagen entschlossen, rasch und an einheitlichen Kriterien orientiert vorgehen zu können. Ebenso richtig ist aber auch, dass diese unmittelbar durchgreifende Bundeskompetenz nur für eine Situation mit hohen Inzidenzen vorbehalten bleibt. Problematisch bleibt allerdings, dass dabei allein weiter nur auf einen Inzidenzwert abgestellt wird. Sichergestellt werden muss, dass bei einer regional entspannteren Pandemielage dann auch die unabdingbar nötigen Öffnungsschritte und Modellprojekte unmittelbar auf den Weg gebracht werden können.
Leider ist die Novellierung des Infektionsschutzgesetztes in ihren konkreten Regelungen sehr allgemein und somit sehr interpretationsanfällig. Das birgt die Gefahr unterschiedlicher Auslegung der Regelungen vor Ort und eines weiter bestehenden Flickenteppichs mit all seinen Unsicherheiten für die Betriebe.
Keinesfalls darf die Bundes-Notbremse dazu führen, dass bislang gültige Regelungen hinfällig werden. Kleine Ladengeschäfte mit Thekenverkauf, wie sie beispielsweise in den Lebensmittelhandwerken die Regel sind, müssen weiter auch ohne starre Quadratmetervorgabe offen bleiben, solange sie zwischen den Kunden einen Mindestabstand von 1,5 Metern gewährleisten. Dem Kfz-Handwerk mit seinen ausgefeilten Hygienekonzepten muss endlich eine Öffnung seiner großflächigen Autohäuser erlaubt werden."
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