Vertragsverletzungsverfahren gegen Deutschland - Tierschutzverbände fordern eine vollumfängliche und zweifelsfreie Umsetzung des EU-Tierversuchsrechts
(Berlin) - Wegen des aktuell gegen Deutschland laufenden Vertragsverletzungsverfahrens aufgrund der nicht ordnungsgemäßen Umsetzung der EU-Tierversuchsrichtlinie in deutsches Recht hat die Bundesregierung nun - mit fast acht Jahren Verspätung - Entwürfe für Änderungen im Tierversuchsrecht vorgelegt. "Diese jedoch sind nach Einschätzung der Tierschutzverbände grob unzureichend" so der Leiter der Wissenschafts- und Rechtsabteilung von PETA Deutschland, Dr. Edmund Haferbeck, die stellvertretenden Vorsitzenden von Ärzte gegen Tierversuche, Dr. Corina Gericke und der Deutschen Juristischen Gesellschaft für Tierschutzrecht, Dr. Barbara Felde, Torsten Schmidt vom Bund gegen Missbrauch der Tiere sowie Christina Ledermann vom Verband Menschen für Tierrechte - Bundesverband der Tierversuchsgegner.
Über zwanzig durch die EU-Kommission gerügte Fehler sollen nun in den Entwürfen zur Änderung von Tierschutzgesetz und Tierschutz-Versuchstierverordnung von der Bundesregierung behoben werden. "Es wird jedoch klar, dass die Bundesregierung an vielen Stellen versucht, den Status quo - eine nicht tierschutzgerechte und europarechtswidrige Regelung der Tierversuche - beizubehalten", kritisieren die Tierschutzverbände.
Einer der einschneidendsten Fehler in der bisherigen deutschen Umsetzung des EU-Rechts ist die Vorgabe, dass die Behörde, die einen Tierversuch genehmigen muss, nicht prüfen darf, ob dieser wirklich als unerlässlich und ethisch vertretbar gelten kann. Nach bisheriger deutscher Rechtslage muss die Behörde auf das vertrauen, was ihr der Antragsteller, der den Tierversuch machen will, dazu vorträgt. Dass dies ein eklatanter Fehler ist, der zu Lasten der Tiere geht, hat die EU der Bundesregierung sehr deutlich mitgeteilt. Der nun vorliegende Entwurf der Bundesregierung für eine Änderung des Tierschutzgesetzes ist nicht konsequent auf die Behebung des Fehlers ausgerichtet, sondern ist so schwammig formuliert, dass offensichtlich ist, dass das Prüfungsverbot für die Behörde aufrecht erhalten bleiben soll. Hiergegen haben sich die Tierschutzverbände in ihrer gemeinsamen Stellungnahme eindeutig positioniert und fordern eine klare Umsetzung der umfassenden Prüfpflicht der Behörde.
Ein weiterer gravierender Fehler betrifft die sogenannten vorgeschriebenen Tierversuche: Bisher sah die deutsche Gesetzgebung vor, dass diese nur einer Anzeigepflicht unterliegen, nicht aber von der Behörde genehmigt werden müssen. Es reicht bislang also lediglich ein einfaches "Bescheidsagen" bei der Behörde aus, um diese Art von Tierversuchen durchführen zu dürfen. Laut EU-Tierversuchsrichtlinie müssen jedoch alle Tierversuchsvorhaben einen Genehmigungsprozess durchlaufen. Hier lenkt die Bundesregierung im neuen Gesetzentwurf leider nur scheinbar ein - denn dieser enthält eine Hintertür, durch die eine Genehmigung nach einer bestimmten "Wartezeit" automatisch als erteilt gelten soll. Auch hierzu fordern die Verbände, dass der Fehler in der Umsetzung in einer Weise behoben wird, mit der dem EU-Recht Rechnung getragen wird und nicht nur eine vorgebliche Änderung der Rechtslage herbeigeführt wird, die ein Weitermachen wie bisher ermöglicht.
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