Verwirrende Flut von Gütesiegeln
(Leipzig) - Seit dem Auftreten von BSE-Fällen in Deutschland suchen viele Verbraucherinnen und Verbraucher verlässliche Anhaltspunkte für die Qualität und Sicherheit von Lebensmitteln. Bislang sind in den Geschäften eine Vielzahl von Gütesiegeln zu finden: CMA-Gütezeichen, DLG-Qualitätssiegel, Öko-Prüfzeichen oder Zeichen für Fairen Handel. Viele Siegel wecken zwar große Erwartungen bei den Kunden, die Vergabekriterien lassen allerdings manchen Wunsch hinsichtlich der Qualitätsansprüche offen. Oftmals ist an der Ladentheke bzw. auf der Lebensmittelpackung für die Kunden nicht nachvollziehbar, welche Erzeugungskriterien für Anbau, Tierhaltung und Verarbeitung einem jeweiligen Gütesiegel zugrunde liegen.
Als Entscheidungshilfe für einen qualitätsbewussten Lebensmitteleinkauf hat Verbraucherschutzministerin Renate Künast zwei neue Prüfzeichen angekündigt - für Öko-Produkte sowie für konventionell erzeugte Lebensmittel, die mehr als die gesetzlichen Mindeststandards erfüllen. Dieser Schritt ist nach Auffassung der Verbraucher-Zentrale Sachsen wichtig, um Licht in das Dickicht einer Vielzahl vorhandener Siegel zu bringen. Allerdings müssen an die Vergabe strenge Qualitätskriterien und umfangreiche Kontrollen geknüpft werden. Wichtig ist, dass die neuen Siegel nicht nur Verbraucherwünsche berücksichtigen, sondern auch im Handel weit verbreitet sind und durch groß angelegte Informationskampagnen bekannt gemacht werden.
Die neuen Siegel könnten in dieser undurchschaubaren Situation eine gute Orientierungshilfe für den qualitätsbewussten Einkauf geben.
Als Grundlage für das neue Ökosiegel dient die europaweit gültige Öko-Verordnung, die einen Mindeststandard festlegt. Sie erlaubt beispielsweise, dass landwirtschaftliche Betriebe nur teilweise auf ökologische Wirtschaftsweise umstellen, also die Viehhaltung fortan ökologisch betreiben und den Ackerbau weiterhin konventionell fortführen können. Die Verbesserung der gesetzlichen Standards auf europäischer Ebene ist demnach unverzichtbar. Für eine zügige Nachbesserung der EU-Öko-Verordnung werden sich die Verbraucherzentralen mit Nachdruck einsetzen.
Beim Siegel für konventionelle Lebensmittel müssen geeignete Vergabekriterien erst noch festgelegt werden. Mit über 80 verschiedenen Siegeln und Marken wird Fleisch gegenwärtig verkauft. Die Qualitätsanforderungen erstrecken sich von einer schlichten Herkunftsgarantie bis zur kontrolliert ökologischen Produktion. Ein einheitliches Qualitätssiegel an der Ware kombiniert mit Informationen würde weiterhelfen. Dabei muss unter anderem künftig mehr Wert auf eine artgerechte Tierhaltung, Futter ohne Tiermehl, gentechnisch veränderte Bestandteile oder antibiotische Leistungsförderer sowie umfangreiche Kontrollen und Tests gelegt werden.
Die BSE-Krise hat die Chance für eine Umorientierung in der Lebensmittelproduktion eröffnet. Ein Gütesiegel mit hohem Qualitätsanspruch und eingehender Kontrolle kann zu mehr Transparenz und Glaubwürdigkeit in die Qualität und Sicherheit der Lebensmittel verhelfen. Wenn die BSE-Krise aus dem Bewusstsein der Öffentlichkeit schwindet, bevor entscheidende Schritte zur Umorientierung getan sind, ist die Chance verstrichen.
Der Ratgeber Marken, Zeichen, Siegel und Co., der für 5,00 DM/2,56 in allen Beratungsstellen der Verbraucher-Zentrale Sachsen erworben werden kann, informiert über den Wert zahlreicher Gütesiegel.
Quelle und Kontaktadresse:
Verbraucher-Zentrale Sachsen e.V.
Bernhardstr. 7
04315 Leipzig
Telefon: 0341/6888080
Telefax: 0341/6892826
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