Pressemitteilung | (vnw) Verband norddeutscher Wohnungsunternehmen e.V.

VNW-Direktor Andreas Breitner zu den aktuellen Baugenehmigungszahlen in Hamburg: "Schlimme Vorahnungen bestätigt"

(Hamburg) - In Hamburg ist einem Bericht des Hamburger Abendblatts zufolge in den ersten drei Monaten dieses Jahres der Bau von 1321 Wohnungen genehmigt worden. Damit stehe die Hansestadt so schlecht da, wie nie zuvor seit Beginn der Wohnungsbauoffensive im Jahr 2012, berichtet die Zeitung unter Berufung auf die Stadtentwicklungsbehörde.

Dazu erklärt Andreas Breitner, Direktor des Verbands norddeutscher Wohnungsunternehmen (VNW):

"Die Zahlen sorgen für traurige Gewissheit und bestätigen unsere Vorahnungen. Während in der Bundesregierung noch von jährlich 400.000 neuen Wohnungen geträumt wird, zeigt die Realität harte Fakten auf: der Bau bezahlbarer Wohnungen ist ernsthaft bedroht.

Natürlich hat das auch mit den Rahmenbedingungen zu tun: explodierende Materialkosten, deutlich gestiegene Zinsen, hohe Grundstückspreise und Probleme mit den Lieferketten haben die Schaffung von Wohnraum in den vergangenen beiden Jahren erschwert. Dafür kann die Politik nichts, aber die Probleme sind seit längerem bekannt. Kluge Bundespolitiker hätten Vorsorge getroffen und Förderprogramme aufgelegt, die die Auswirkungen dieser Probleme abschwächen.

Auch von der Verantwortung für den Mangel an Fachkräften kann sich die Politik nicht ganz freisprechen. Wer über Jahre nur das Abitur als lohnenswerten Schulabschluss propagiert - in Hamburg legen inzwischen mehr als 50 Prozent der Schülerinnen und Schüler das Abitur ab -, muss sich am Ende nicht wundern, dass zu wenige junge Menschen einen Handwerksberuf erlernen wollen.

Haarsträubende handwerkliche Fehler des Bundeswirtschaftsministers
In Gänze verantwortlich ist die Bundesregierung für die haarsträubenden, handwerklichen Fehler des Bundeswirtschaftsministers Robert Habeck bei der KfW-Förderung und bei der Organisation der Energiewende. Das Chaos um den Heizungsaustausch verdeutlicht, wie stümperhaft im Bundeswirtschaftsministerium die wichtigsten Zukunftsfrage angegangen wird: Avanti Dilettanti! Verunsicherung, Unzuverlässigkeit und Misstrauen sind eben keine Grundlage für Investitionen.

Bei der parlamentarischen Beratung des Gebäudeenergiegesetzes wiederum erwarten wir vom Hamburger Senat Bundesratsinitiativen, die die Mängel des Gesetzentwurfs heilen. Wir setzen auf mehr Technologieoffenheit, Pragmatismus und soziale Abfederung.

Eine höhere Förderung des Wohnungsbaus wird allein nicht reichen

Der Hamburger Senat hat mit einer deutlichen Erhöhung der Wohnungsbauförderung auf die aktuelle Baukrise reagiert. Das erkennen die sozialen Vermieter ausdrücklich an. Eine mutige Förderung kann zumindest den geförderten Wohnungsbau attraktiv halten. Nur kann und wird dieser nicht den Eigentumswohnungsbau und freifinanzierten Mietwohnungsbau kompensieren.
Nur noch in großer Anzahl gefördert bauen, hieße die städtebaulichen Fehler aus den sechziger und siebziger Jahren zu wiederholen. Solche monostrukturellen Problemstadtteile sind in jeder größeren deutschen Stadt noch heute zu besichtigen. Fehler kann man machen, aber man sollte aus ihnen lernen.

Hinzu kommen weitere hausgemachte Altlasten. Nach wie vor schreckt die Festlegung, öffentliche Grundstücke vornehmlich im Wege des Erbbaurechts zu vergeben, Genossenschaften und am Gemeinwohl orientierte Wohnungsgesellschaften ab - auch wenn wir anerkennen, dass Finanz- und Stadtentwicklungsbehörde versuchen, die dabei geltenden Rahmenbedingungen zu verbessern. 'Pachtest Du nur oder kaufst Du schon?' fasst die Stimmung in der Bau- und Wohnungswirtschaft zusammen.

Faule Kompromisse

Von der Volksinitiative "Keine Profite aus Boden und Miete" hat sich der Senat politisch erpressen lassen und ist wider besseres wohnungspolitisches Wissen faule Kompromisse eingegangen. Ganz am Ende mag dieser Kompromiss in seinen schädlichen Auswirkungen auf den Wohnungsbau begrenzt bleiben, aber von dem Einknicken des Senats geht das fatale Signal aus, dass die Regierenden im Falle eines Falles vor Populisten zurückschrecken und selbst absurden Forderungen nachgeben.

Meine Sorge: Populisten werden nie zufrieden sein. Das sieht man jetzt bei der nächsten Initiative, die einen großen Teil von Hamburgs Wohnungsunternehmen enteignen will. Postsozialistische Fantasien, die auf parlamentarischem Wege keine Mehrheit hätten, kommen durch die Hintertür und werden bittere Realität. Darin besteht eine große Gefahr für den Wirtschafts- und Wohnstandort Hamburg.

Zusätzliche Anforderungen bedrohen den Wohnungsbau

Dass ein hochreguliertes Baurecht und endlose Baugenehmigungsverfahren trotz vielfacher Versprechen der Politik, zu vereinfachen und zu beschleunigen, selbst willige Bauherren nach wie vor an allen Ecken und Ende ausbremsen, ist da fast schon ein alter Hut. Und jetzt drohen weitere kostenträchtige Anforderungen infolge der Energiewende. Die Unsicherheiten in der Energieversorgung nehmen überhand. Jedem, der rechnen kann, bleibt nur eine Erkenntnis: Finger weg vom Wohnungsbau.

Es überrascht also nicht, dass die Baukonjunktur auch in Hamburg eingebrochen ist. Noch lebt die Stadt von der guten Politik der vergangenen Jahre. Und ja: wir werden in diesem und im kommenden Jahr noch Richtfeste und Wohnungsübergaben erleben. Zum Glück! In drei, vier Jahren hingegen wird es anders aussehen. So lange dauert der Bau von Wohnungen vom Beginn der Planung bis zur Schlüsselübergabe.

Gebäudetyp E als Chance

Die sozialen Vermieter sehen aber auch Chancen, aus der aktuellen krisenhaften Situation herauszukommen. Serielles und modulares Bauen könnte im Zusammenspiel mit bundesweit geltenden Typengenehmigungen das Bauen bezahlbarer Wohnungen beschleunigen und verbilligen.

Zudem müssen wir mehr experimentieren. Die Bundesarchitektenkammer macht sich Gedanken über ein komplett neues Haus, das alle Regularien und Vorschriften ignoriert, aber trotzdem klimatechnisch und beim Lärmschutz den Anforderungen genügt. Ein Standard E wie einfach. Ich sage: Bauen wir das.
Zudem sollten wir uns in Europa umschauen. Warum sind bei uns die Geschossdecken so dick? Die Holländer bauen mit der halben Stärke Decken und Wände. Trotzdem brechen dort die Häuser nicht zusammen. Die Niederländer haben ihr Baurecht entrümpelt, um Prozesse zu vereinfachen und zu beschleunigen.

Den Wohnungswechsel erleichtern

Zu guter Letzt unterstützen die am Gemeinwohl orientierten Vermieter die Initiative der Stadtentwicklungsbehörde, den Wechsel der Wohnung zu erleichtern. Die Idee ist nicht neu, aber gut, weil die Nebenkosten angesichts der hohen Energiepreise in größeren Wohnungen überproportional steigen und manche Mieterin und Mieter überfordern. Das könnte die Bereitschaft, die Wohnung zu tauschen, fördern. Wir sollten daran zwar keine überzogenen Erwartungen knüpfen, freuen uns aber über entsprechende Initiativen der Behörde."

Quelle und Kontaktadresse:
(vnw) Verband norddeutscher Wohnungsunternehmen e.V. Oliver Schirg, Pressesprecher Tangstedter Landstr. 83, 22415 Hamburg Telefon: (040) 520110, Fax: (040) 52011201

(jg)

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