Pressemitteilung | (vzbv) Verbraucherzentrale Bundesverband e.V.

Vorratsdatenspeicherung unter "Berücksichtigung des Datenschutzes" ist Widerspruch in sich / Edda Müller: "In einer Demokratie sollen die Bürger den Staat überwachen und nicht umgekehrt"

(Berlin) - Als Bedrohung des Rechts auf informationelle Selbstbestimmung hat der Verbraucherzentrale Bundesverband (vzbv) die Pläne der Europäischen Kommission zur Vorratsdatenspeicherung von Telefon- und Internetdaten bezeichnet. "Eine demokratische Gesellschaft zeichnet sich dadurch aus, dass nicht der Staat die Bürger, sondern die Bürger den Staat kontrollieren. Das gilt im digitalen Zeitalter insbesondere für den Datenschutz", so vzbv-Vorstand Prof. Dr. Edda Müller. Der vzbv fordert die Mitglieder des Europäischen Parlaments und die Bundesregierung auf, den Richtlinienentwurf zur Vorratsspeicherung von Telefon- und Internetdaten komplett zurückzunehmen. Am kommenden Montag wird der Entwurf im Europaparlament debattiert.

Aus Sicht des Verbraucherzentrale Bundesverband ist der Richtlinienvorschlag weder erforderlich noch verhältnismäßig. "Die Vorratsspeicherung von Telekommunikations- und Internetdaten ohne Einwilligung der Betroffenen ist ein Beitrag zur flächendeckenden Überwachung der Nutzer digitaler Kommunikation", sagte Edda Müller. Der Richtlinienvorschlag berge die Gefahr, dass sich die Europäische Union beim Datenschutz vom Leitbild des mündigen Verbrauchers, der über Umfang und Dauer der Speicherung von persönlichen Daten selbst entscheidet, verabschiede. "Aus der informationellen Selbstbestimmung wird langsam aber sicher eine informationelle Fremdbestimmung", bewertet Edda Müller die zunehmende Daten-Sammelwut. Datenschutzpolitik würde zur reinen Datenverarbeitungspolitik.

Der vzbv warnte zudem davor, durch eine weitgehende Vorratsspeicherung höchstpersönlicher Verbindungs- und Bewegungsdaten ohne konkreten Verdachtsfall die Vertrauensbasis zwischen Anbietern und Kunden von Telekommunikationsdiensten zu beschädigen. "Persönliche, verbindungsbezogene Daten dürfen nur zweckgebunden genutzt werden und müssen zeitnah gelöscht werden", so Edda Müller. Nur in begründeten Einzelfällen dürften diese einer strafrechtlichen Verfolgung zugänglich gemacht werden.

Die Kehrseite jeder vorsorglichen Datenerfassung, -speicherung und -weiterverarbeitung bedeutet nach Ansicht des vzbv ein Stück Autonomie- und Freiheitsverlust für Bürger und Verbraucher. "Eine Speicherung von personenbezogenen Daten auf Vorrat verstößt gegen den Erforderlichkeitsgrundsatz. Daten dürfen ohne Einwilligung der Betroffenen nur gespeichert werden, wenn und soweit dies zu einem bestimmten, gesetzlich zugelassenen Zweck erforderlich ist", so Müller. Eine Vorratsdatenspeicherung unter "strenger Berücksichtigung des Datenschutzes", wie sie von ihren Befürwortern gefordert wird, sei ein Widerspruch in sich. Auch sei es nicht ausreichend, die Zugriffsberechtigung, Verwendung und Weitergabe von Daten zu regulieren. Der Datenschutz beginne nicht erst bei der Verwendung von Daten, sondern bereits bei ihrer Erfassung und Speicherung.

Daten bis zu zwei Jahren in "freundlicher Verwahrung"
Der Vorschlag für eine europäische Richtlinie über die Vorratsspeicherung von Daten ist sehr weitgehend. Sein Geltungsbereich erfasst alle Daten von Telefon, Handy und Internet. Gespeichert werden sollen die jeweilige Verbindungsnummer, die Namen der an der Verbindung beteiligten Personen, deren Adressen, ihre Standorte einschließlich der sich hieraus ergebenden Bewegungsprofile sowie das Datum, die Uhrzeit und die Dauer der Verbindung. Der Richtlinienvorschlag sieht eine obligatorische, verdachtsunabhängige Speicherung von einem Jahr für Telekommunikationsdaten und von sechs Monaten für Internetdaten vor. Nach dem Willen des Ministerrates soll die Speicherfrist für Telefon- und Internetverbindungsdaten sogar sechs bis 24 Monate betragen.

Quelle und Kontaktadresse:
vzbv Verbraucherzentrale Bundesverband e.V. Carel Mohn, Pressesprecher, Presse- u. Öffentlichkeitsarbeit Markgrafenstr. 66, 10969 Berlin Telefon: (030) 258000, Telefax: (030) 25800218

(sk)

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