Pressemitteilung | Zentralverband des Deutschen Handwerks e.V. (ZDH)

Vorstellung der Studie „Familienfreundliche Maßnahmen im Handwerk

(Berlin) - Der Endbericht der Untersuchung „ Familienfreundliche Maßnahmen im Handwerk“ (Prognos AG im Auftrag des Bundesfamilienministeriums und in Kooperation mit dem Zentralverband des Deutschen Handwerks) zeigt eindrucksvoll, in welcher Vielfalt unsere Betriebe familienfreundliche Rahmenbedingungen anbieten. Dabei tun sich im übrigen Handwerksbetriebe jeder Größe hervor. Was uns besonders freut: Gerade kleine Betriebe reagieren oft flexibler und schneller als Großbetriebe auf die Bedürfnisse der Beschäftigten und bringen diese unbürokratisch mit den betrieblichen Belangen in Einklang.

Die Gespräche des Prognos-Instituts mit 18 Handwerksbetrieben aus 14 unterschiedlichen Gewerken haben gezeigt, dass ein Kleinbetrieb natürlich nicht denselben finanziellen Aufwand leisten kann wie ein Großbetrieb. Die konkreten Beispiele zeigen aber auch, dass familienfreundliche Maßnahmen im Handwerk nicht teuer sein müssen. Nehmen wir zum Beispiel die Möglichkeit flexibler Arbeitszeiten. Sie sind ein guter Ansatz, um Familie und Beruf leichter miteinander zu vereinbaren. Vor allem während der Elternzeit kann so der Kontakt zwischen Betrieb und Elternteil gehalten werden. Das ist für beide Seiten wichtig: Eltern behalten den beruflichen Anschluß, ihr Know How geht dem Betrieb nicht verloren. Viele Betriebe haben dafür Teilzeitarbeits-Modelle geschaffen.

Die Prognos-Untersuchung zeigt, dass flexible Arbeitszeiten in Bereichen des Handwerks Praxis sind, wo man dies nicht unbedingt erwartet hätte:

- So ermöglicht eine Bäckerei in Bobingen Teilzeitarbeit nicht nur den Verkäuferinnen im Ladengeschäft, sondern auch Fachkräften in der Backstube. Die Teilzeitkraft arbeitet von 4:30 bis 7:30 Uhr und ist um 8 Uhr zuhause, wenn ihr Mann zur Arbeit geht.
- In einem Malerbetrieb aus Esslingen arbeiten von 10 Malern drei mit reduzierter Stundenzahl – darunter eine Mutter, die wieder in den Beruf einsteigt und 2 Tage in der Woche arbeitet. Der Betrieb organisiert die Einsätze bei den Kunden vor Ort möglichst so, dass sie der gewünschten Arbeitszeit der Mitarbeiter entsprechen. Der Inhaber hat außerdem die Erfahrung gemacht, dass weibliche Kunden die Malerinnen bevorzugen. Dies ist für den Betrieb ein Anreiz, den Frauenanteil weiter zu steigern.

Diese positiven Beispiele einer flexiblen Arbeitszeitgestaltung belegen einmal mehr, dass staatlicher Zwang in diesem Bereich der falsche Weg ist. Der Rechtsanspruch auf Teilzeit ist nicht der Beweggrund für die Einführung familienfreundlicher Arbeitszeiten. Vielmehr versuchen die Betriebe freiwillig in ihrem eigenen Interesse, die Belange der Mitarbeiter zu berücksichtigen und mit den Anforderungen des Betriebes in Einklang zu bringen. Kleine und mittlere Unternehmen sind mit einer Teilzeitquote von 30 Prozent die Vorreiter bei der Flexibilisierung der Arbeitszeit.

Der ZDH empfiehlt den Betrieben auch, die Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter – wo dies möglich ist – bei der Kinderbetreuung zu unterstützen. Hier sind aber die Spielräume begrenzt, denn im Unterschied zu Großbetrieben kann ein kleiner Handwerksbetrieb z.B. keinen eigenen Betriebskindergarten finanzieren.

Die Studie schildert das Engagement eines Augenoptiker-Betriebs aus Berlin. Die Unternehmerfamilie arbeitet schon jahrelang mit Kindergärten und Tagesmüttern zusammen und kann deshalb den Mitarbeiterinnen bei der Suche nach einer geeigneten Kinderbetreuung meist schnell helfen. Wir wünschen uns, dass solche Initiativen im Handwerk Schule machen. Dringend notwendig ist aber nach wie vor, dass vom Gesetzgeber das unzureichende Angebot an staatlichen Kinderbetreuungsmöglichkeiten deutlich ausgebaut wird. Hiervon profitieren die Beschäftigten und die Betriebe.

Ich unterstütze auch die Initiative des Bundesfamilienministeriums „Lokale Bündnisse für Familie“. Sie hat zum Ziel, auf lokaler Ebene durch die Zusammenarbeit verschiedener Akteure familienfreundlichere Rahmenbedingungen zu schaffen. Inzwischen beteiligen sich u.a. eine ganze Reihe von Handwerkskammern, Kreishandwerkerschaften und Handwerksbetrieben an solchen regionalen Bündnissen.

Die Prognos-Untersuchung zeigt, dass sich familienfreundliche Maßnahmen in der Regel für die Betriebe rechnen: Die Motivation und Leistungsbereitschaft der Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter wird erhöht, Fehlzeiten sinken. Welche konkreten finanziellen Einsparungen ein niedrigerer Krankenstand bedeutet, wird im Fall eines Gebäudereinigerbetriebes in der Prognos-Untersuchung anschaulich durchgerechnet. Familienfreundliche Arbeitsbedingungen machen es den Unternehmen auch leichter, qualifiziertes Personal zu gewinnen und diese Mitarbeiter langfristig an die Betriebe zu binden. Damit steigt die Wettbewerbsfähigkeit der Handwerksbetriebe.

In einem arbeitsintensiven Wirtschaftssektor wie dem Handwerk hängt der wirtschaftliche Erfolg in besonderer Weise von der Qualifikation, Leistungsbereitschaft und Motivation der Mitarbeiter und Mitarbeiterinnen ab. Gerade angesichts der demographischen Entwicklung und des drohenden Fachkräftemangels im Handwerk ist eine gute Belegschaft oft entscheidend für den Erfolg. Durch familienfreundliche Rahmenbedingungen können die gewerblich-technischen Berufe des Handwerks, die teilweise noch Männerdomänen sind, attraktiver für junge Frauen werden. Aber auch die Männer im Handwerk profitieren von familienfreundlichen Rahmenbedingungen und können so familiäre und berufliche Anforderungen besser in Einklang bringen.

In den vielen Familienbetrieben des Handwerks wird die Vereinbarkeit von Familie und Beruf schon lange praktiziert. Die Ehefrauen der Meister sind häufig „Mit-Chefin“ im Betrieb. Eine Umfrage des Deutschen Handwerksinstituts zur Beschäftigungssituation von Frauen im Handwerk hat außerdem ergeben, dass 19 Prozent aller Handwerksbetriebe von Frauen geleitet bzw. mitgeleitet werden, die nicht Familienangehörige sind. Der hohe Anteil von Frauen an den Führungskräften – d.h. Betriebsinhaberinnen, Geschäftsführerinnen sowie Unternehmerehefrauen - spricht ebenfalls dafür, dass im Handwerk Familie und Beruf gut miteinander in Einklang gebracht werden können.

In der Handwerksorganisation gibt es vielfältige Initiativen, um familienfreundliche Rahmenbedingungen zu erleichtern wie z.B. die Koordinierungsstelle der Handwerkskammer Lüneburg-Stade, die den Kleinbetrieben hilft, Ersatzkräfte bei Ausfall der Mutter oder des Vaters nach der Geburt eines Kindes zu finden. Die Koordinierungsstelle bietet u.a. Fortbildungen für Eltern während der Elternzeit an. Auch die Möglichkeit in Nordrhein-Westfalen, die Meisterprüfung per e-learning zu absolvieren, erleichtert Eltern die Fortbildung.

Wir wollen mit der heutigen Pressekonferenz Handwerksorganisation und Betrieben „einen Schub“ geben: Es gilt, die konkreten Möglichkeiten für familienfreundliche Arbeitsbedingungen weiter zu entwickeln. Mit der vorliegenden Broschüre wollen wir für Familienfreundlichkeit in allen Bereichen des Handwerks werben und den Betrieben Anregungen „aus der Praxis für die Praxis“ mit konkreten Tipps und Hinweisen geben. Der ZDH wird die Broschüre in der Handwerksorganisation verbreiten. Die Handwerkskammern und Fachverbände – insbesondere die dort beschäftigten Betriebsberater, die ständigen Kontakt zu Handwerksbetrieben haben –, werden wesentlich dazu beitragen, die zahlreichen Ansätze für familienfreundliche Arbeitsbedingungen publik zu machen.

Quelle und Kontaktadresse:
Zentralverband des Deutschen Handwerks e.V. (ZDH) Mohrenstr. 20/21, 10117 Berlin Telefon: 030/20619-0, Telefax: 030/20619-460

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