Pressemitteilung | Deutsches Verkehrsforum e.V. (DVF)

Wachstum des Luftverkehrs für Deutschland nutzen: / Handlungsdruck bei Wirtschaft und Politik / Offene Worte beim Parlamentarischen Abend in Berlin

(Berlin) – „Der Luftverkehr ist weltweit durch einen bemerkenswerten Aufschwung gekennzeichnet. Wir sollten in Deutschland die Rahmenbedingungen so setzen, dass wir dauerhaft an diesem Wachstum teilnehmen. Dies kann nur gelingen, wenn wir unsere zweifelsohne vorhandenen Engpässe bei der Infrastruktur beseitigen“, sagte Dr. Klaus W. Lippold MdB, Vorsitzender des Ausschusses für Verkehr, Bau und Stadtentwicklung im Deutschen Bundestag, beim Parlamentarischen Abend Luftverkehr des Deutschen Verkehrsforums in Berlin.

Die deutschen Großflughäfen als Netzknoten des internationalen Flugverkehrs müssten die Chance haben, mehr Verkehr aufzunehmen, sagte Lippold weiter. Die hierfür bestimmenden Themen seien bereits mehrfach parlamentarisch behandelt worden. Das vor kurzem beschlossene Gesetz zur Beschleunigung von Infrastrukturplanungen sei ein Schritt in die richtige Richtung. Die Länder trügen allerdings wichtige Verantwortung bei der Umsetzung der neu gewonnenen Spielräume. Auch die Novellierung des Fluglärmgesetzes, die im Dezember im Bundestag zur Verabschiedung ansteht, bewertete Lippold positiv. Es seien ganz erhebliche Verbesserungen gegenüber den bisherigen Regelungen vereinbart worden. „Wir haben uns außerdem mit der Flugticketabgabe auseinandergesetzt und sie negativ beschieden. Dies ist ein kleiner Punkt, aber ein Punkt mit Symbolfunktion. Schritte in die falsche Richtung, auch wenn sie klein sein mögen, sollten nicht akzeptiert werden“, so Dr. Lippold.

„Deutschland braucht den Schulterschluss für eine wettbewerbsfähige Infrastruktur im Luftverkehr. Wir wollen, dass diese Wertschöpfung und damit verbundene Arbeitsplätze in Deutschland bleiben und nicht exportiert werden“, sagte Lufthansa-Chef Wolfgang Mayrhuber. Gemeinsam mit den Vorsitzenden Dr. Wilhelm Bender (Fraport), Dr. Michael Kerkloh (Flughafen München), Dieter Kaden (DFS) und Gerhard Puttfarcken (Airbus Deutschland) informierte Mayrhuber vor rund 150 Zuhörern aus Wirtschaft und Politik, darunter einer großen Zahl von Abgeordneten des Deutschen Bundestages, über Chancen und Hemmnisse der Branche.

Die für das Wachstum in Frage kommenden Großflughäfen Deutschlands seien zu den vom Markt geforderten An- und Abflugzeiten bereits völlig überlastet. Sie müssen befürchten, Verkehr an ausländische Wettbewerber durch deren schnelleren und marktgerechteren Ausbau ihrer Infrastruktur zu verlieren, sagten die Fachleute aus der Luftverkehrswirtschaft. Dabei profitierten nicht nur die übrigen Europäer vom verzögerten Ausbau der Infrastruktur in Deutschland. Vor allem in der Golfregion etablierten sich neue Akteure im weltweiten Wettlauf um die Nachfrage nach globalen Flugverbindungen. Neben den etablieren Flughäfen entstehen neue Airports, die selbst im Vergleich zu Megaairports in den USA beeindrucken. In den Vereinigten Arabischen Emiraten, also gerade einmal sechs bis sieben Flugstunden von Europa entfernt, findet derzeit ein massiver Kapazitätsausbau statt, durch den die vier größten Flughäfen bis 2018 über eine Gesamtkapazität von fast 240 Mio. Fluggästen pro Jahr verfügen werden. Alleine der gigantische Neubau „Jebel Ali“ soll 120 Millionen Reisende im Jahr aufnehmen. Die dort ansässigen Fluggesellschaften mit ihren offenbar kaum begrenzten finanziellen Mitteln gehörten zu den größten Bestellern modernster Flugzeug-Flotten, hieß es weiter. Es sei vor allem die Chancengleichheit im Wettbewerb um interkontinental reisende Umsteigepassagiere, die der deutschen Branche Sorgen bereiten.

Diese gigantischen Netzknoten im Mittleren Osten seien aber nur ein Teil der neuen Entwicklung im Weltluftverkehr. Auch in China und Indien entstehen neue Luftverkehrssysteme und moderne Flugzeugflotten bisher nicht gekannten Ausmaßes. Zunehmender Wohlstand und wachsende Nachfrage nach Mobilität erzeugen dort ein Wachstum von mehr als 10 Prozent im Jahr; dem steht in Europa und USA ein Zuwachs von gemäßigten fünf Prozent gegenüber.

Fraport-Chef Dr. Wilhelm Bender hob die am Frankfurter Flughafen notwendigen Ausbaumaßnahmen hervor und betonte: „Die Flughäfen in der EU müssen fit gemacht werden für einen globalen Wettbewerb, der nicht an den Landesgrenzen oder denen Europas halt macht.“ Es gelte, die Planungsbeschleunigung weiter voran zu bringen und auf den betroffenen Flughäfen schnellstens zu bauen. Auch das führe zu neuen Arbeitsplätzen. Auf Fraport bezogen, seien jetzt entscheidende Schritte vollzogen, um die Ausbauarbeiten zügig voran zu treiben.

Dieter Kaden, Vorsitzender der Geschäftsführung der Deutschen Flugsicherung DFS, bedauert, dass das ausgearbeitete Privatisierungsgesetz für sein Unternehmen zunächst nicht in Kraft tritt: „Damit entsteht eine schwierige Situation für das Zusammenwirken der europäischen Flugsicherungen insgesamt und damit verzögert sich eine der wichtigsten und umfassendsten Umweltschutzmaßnahmen des Luftverkehrs in Form eines gemeinsamen Himmels über Europa (Single European Sky/SES). Mit SES sei durch die Vermeidung von Warteschleifen und Umwegen in der Luft eine Verringerung der Umweltbelastungen von 8 bis 12 Prozent möglich. Die DFS wolle und müsse sich im Zusammenspiel mit den übrigen Flugsicherungen unternehmerisch betätigen. Er gehe davon aus, dass seitens des Bundesverkehrsministeriums bis zum Frühjahr 2007 ein überarbeitetes Konzept vorliege, mit dem das Projekt zur mehrheitlichen Privatisierung erfolgreich umgesetzt werden könne.

Dr. Michael Kerkloh, Vorsitzender der Geschäftsführung der Flughafen München GmbH, erläuterte die Defizite deutscher Projekte an den Beispielen der zögerlichen Umsetzung für die dritte Start- und Landebahn und Transrapid, die den Flughafen München unmittelbar betreffen: „Wir brauchen mehr Tempo von der Idee zur Umsetzung der Projekte.“ Die Flughäfen selbst und ihre Anbindung an das Umfeld müssen als Ganzes verstanden und im globalen Wettbewerb gestärkt werden. Neue Wettbewerbsbedingungen gingen nicht spurlos an den deutschen Airports vorüber. Der Transrapid sei auch nötig, um das Wachstumspotenzial des Flughafens voll zu entfalten. Kerkloh bedauerte, dass der Transrapid als wichtiges Bindeglied zwischen dem Flughafen und dem Fernbahnnetz nicht voran kommt. Der Transrapid sei mittlerweile schon zu 70 Prozent realisiert. Ein Scheitern wäre Verschwendung von Mitteln in Forschung und Planung. Die Realisierung in München sei die letzte Chance für den Transrapid in Deutschland.

Wolfgang Mayrhuber, Vorsitzender des Vorstandes der Deutschen Lufthansa AG, bezifferte die Zahl der Beschäftigten im Luftverkehr in Europa mit sieben Millionen. Alleine in Deutschland hingen eine Million Arbeitsplätze vom Luftverkehr ab. „Wir schaffen Arbeitsplätze in allen Beschäftigungsgruppen, im Servicebereich der Lufthansa waren es zusätzliche 2.500 Jobs im Jahr 2006.“

Mayrhuber unterstrich: „Die Nachhaltigkeit im Luftverkehr steht in direkter Verbindung mit Wirtschaftlichkeit. Wir brauchen Infrastruktur, um Kunden den besten vernetzten Service für die Reisekette zu bieten. Luftverkehr bedeutet für die Kunden Zeitvorteil. Die in der Vergangenheit in Deutschland aufgebaute Substanz an Infrastruktur wird seit geraumer Zeit verbraucht und nicht fortentwickelt. Das ist unwirtschaftlich und unökologisch. Der gemeinsame Luftraum Single European Sky ist das größte europäische Klimaschutzprogramm. Wir diskutieren es seit 10 Jahren, aber wir handeln nicht.“ In Zukunft könnten durch neue Technologie der Flugzeuge, effizientere Flugsicherung und Infrastruktur sowie durch operative Verbesserungen 50 Prozent des Wachstums im Luftverkehr emissionsfrei abgewickelt werden. „Eine Milliarde neuer Passagiere können also emissionsfrei fliegen.“

Beeindruckende Zahlen für den Markt der Verkehrsflugzeuge mit mehr als 100 Sitzen stellte Gerhard Puttfarcken, Vorsitzender der Geschäftsführung der Airbus Deutschland GmbH, mit dem „General Market Forecast“ vor, den Airbus vor kurzem bekannt gab. Die Vorausschau gehe von 4,8 Prozent Steigerung des Weltluftverkehrs aus und somit von hervorragenden Perspektiven für die großen Anbieter. „Bis zum Jahr 2025 werden 27.000 Flugzeuge größer als 100 Sitze im Einsatz sein, das bedeutet ein Plus von 115 Prozent zu den 12.600 Flugzeugen, die sich heute weltweit im Einsatz befinden. Der Markt für Frachtflugzeuge weist ein noch stärkeres Wachstum mit 150 Prozent auf. Die Kapazitäten der Hersteller werden damit hervorragend ausgelastet sein.“

Ein besonderer Wachstumstreiber sei China mit einer Wachstumsrate von 10 Prozent. Aber auch Indien und der Mittlere Osten würden ein überdurchschnittliches Wachstum aufweisen. Die USA stellten den größten Markt mit 6.000 Flugzeugen dar, gefolgt von China mit 2.900 Flugzeugen. Bei diesen positiven Trends der Industrie müssten Umweltauswirkungen weiter reduziert werden. Die Industrie setze alles daran, mit neuer Technologie die Verbrauchswerte zu senken und dabei Wirtschaftlichkeit, Ökologie und Sicherheit auf höchstem Niveau zu verbinden.

Quelle und Kontaktadresse:
Deutsches Verkehrsforum e.V. Jochen Eichen, Leiter, Presse- u. Öffentlichkeitsarbeit Klingelhöferstr. 7, 10785 Berlin Telefon: (030) 2639540, Telefax: (030) 26395422

(sk)

NEWS TEILEN: