Pressemitteilung | Deutscher Städte- und Gemeindebund e.V. (DStGB)

Warnschuss aus den Städten / Den Kommunen fehlt das Geld für Infrastrukturprojekte

(Berlin) - Noch vor zwei Jahren dominierte das Thema die Schlagzeilen. In diesem Wahlkampf spielt es nur eine Nebenrolle: die Krise der Städte. Im Gespräch mit der Süddeutschen Zeitung kritisierte Gerd Landsberg, das Geschäftsführende Präsidialmitglied des Deutschen Städte- und Gemeindebundes, dass sich die Parteien „zu wenig auf die großen Nöte der Kommunen konzentrieren“. Es helfe nichts, „sich im Wahlkampf vollmundig für eine Stärkung der Städte auszusprechen, in Wahrheit aber eine einseitige Fokussierung auf die Interessen der Wirtschaft zu betreiben“. Der Verband vertritt die kleineren Städte und damit eine eher konservative Klientel. Trotzdem kritisierte Landsberg auch die kommunalpolitischen Konzepte von Union und FDP scharf. Diese dürften seine Ausführungen so verstehen, wie sie gemeint sind: als Warnschuss. Landsberg sagte, die Kommunen suchten zwar im Falle einer schwarz-gelben Regierung die Zusammenarbeit und keinen Streit. „Aber wenn es zu Konflikten kommt, werden wir ihnen nicht aus dem Weg gehen“. Die sind absehbar. FDP und Teile der Union würden erstens die Gewerbesteuer am liebsten abschaffen – zum blanken Entsetzen vieler Bürgermeister von CDU und CSU. „Es hat uns“, sagte Landsberg, „noch niemand glaubhaft vorgerechnet, wie wir die Gewerbesteuer ersetzen könnten“.

Zweitens fürchten die Gemeinden den Rückzug des Staates: „Der Glaube, man könne einen Großteil der öffentlichen Aufgaben der Wirtschaft überlassen, hat verheerende Folgen“, sagte Landsberg. Er beklagte Tendenzen, insbesondere in der FDP, die Privatisierung öffentlicher Aufgaben als Allheilmittel anzusehen. Gerade in Krisensituationen müssten die Kernaufgaben in der Hand des Staates liegen. Dazu gehöre zum Beispiel die kommunale Wasserversorgung.

Ein dritter Punkt ist die Zukunft von Hartz IV. Wie bei der Gewerbesteuer ist die Position der Städte einhellig: Der Bund müsse für die Bekämpfung der Arbeitslosigkeit zuständig bleiben. In der Union wollen viele die Betreuung der Langzeitarbeitlosen auf die Städte verlagern, was auch in CDU-regierten Rathäusern Anlass zu bitteren Scherzen wie jenem ist, wer solche Freunde habe, brauche keine Feinde mehr. Landsberg: „Wir werden es nicht hinnehmen, dass die Verantwortung für die Bekämpfung der Massenarbeitslosigkeit den Bürgermeistern aufgebürdet wird.“ Das Geschäftsführende Präsidialmitglied droht sogar: „Jeder Versuche einer neuen Regierung, Hartz IV generell zu kommunalisieren, wird an unserem Widerstand scheitern. Ohne unsere Kooperation ist das nicht möglich, und wir machen das nicht mit.“ Die Städte, finanziell ohnehin angeschlagen, seien damit überfordert. Sie würden aber innerhalb der bestehenden Zusammenarbeit mit der Bundesagentur für Arbeit mehr Kompetenzen übernehmen.

In allen drei Streitpunkten steht die rot-grüne Regierung den Kommunen zumindest näher. Nach massiven Konflikten mit den Gemeinden hatte Berlin ihnen bei der Gewerbesteuer zuletzt Zugeständnisse wie die Reduzierung des arg überhöhten Bundesanteils daran gemacht. Nach den schweren Einbrüchen seit 2001 waren die Einnahmen aus der Gewerbesteuer, der noch immer wichtigste Einnahmequelle der Kommunen, wieder deutlich gestiegen. 2005 werden es nach Angaben des Städte- und Gemeindebundes voraussichtlich 29,25 Milliarden Euro sein nach 25,8 Milliarden Euro im Vorjahr. Anders als es die Kommunen wollen, ist eine drastische Ausweitung dieser Steuer mit der Regierung Schröder aber nicht zu machen. Landberg warf ihr vor, „kein Rezept für die überfällige Reform der Gemeindefinanzen zu haben“. Er forderte eine verbindliche „Kommunalverträglichkeits-Prüfung“ für alle Bundesgesetze, welche die Städte betreffen, vor allem bei Steuern und Sozialem.

Landsberg sieht die Finanzlage der Städte weiterhin als „katastrophal“ an. Anders als das Deutsche Institut für Wirtschaftsforschung, demzufolge die Städte bald wieder schwarze Zahlen schreiben, geht er auch für 2005 von einem Defizit zwischen fünf und sechs Milliarden Euro aus: „Die Kraft der Kommunen, Arbeitsplätze zu schaffen, ist daher erschöpft.“

Seit dem Jahr 1993 sanken die öffentlichen Investitionen um rund 40 Prozent auf 23,2 Milliarden Euro. In der Folge leidet die Infrastruktur erheblich. Nach Landsbergs Angaben sind von 395.000 Kilometern Straßennetz 64.000 Kilometer „in einem nicht mehr akzeptablen Zustand“. Acht Prozent des in Deutschland benötigten Trinkwassers versickerten einfach, weil die Leitungen sanierungsbedürftig seien. Doch dafür fehlt überall das Geld.

(Interview Dr. Gerd Landsberg mit Joachim Käppner, Süddeutsche Zeitung vom 12.09.2005)

Quelle und Kontaktadresse:
Deutscher Städte- und Gemeindebund (DStGB) Marienstr. 6, 12207 Berlin Telefon: 030/773070, Telefax: 030/77307200

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