Wegen Blutprobe zur Ethikkommission? / Medizinproduktegesetz: Diagnostica-Industrie warnt vor überzogener Bürokratie
(Berlin) - Als "schädlich für den Forschungsstandort Deutschland" hat der Verband der Diagnostica-Industrie (VDGH) die Absicht der Bundesregierung kritisiert, für die Entnahme von Blut- oder Speichelproben, die für die Prüfung neuer Labordiagnostica benötigt werden, die Genehmigung einer Ethikkommission vorzuschreiben.
Akzeptiert der Bundestag die entsprechende Novelle des Medizinproduktegesetzes (MPG), dann drohe ein unnötiges bürokratisches Monster, das die Diagnostica-Forschung ins Ausland treibe, betonte VDGH-Geschäftsführer Dr. Martin Walger heute (19. März 2009) in Berlin.
Bleibt es bei der Formulierung des Kabinettsentwurfs, dann müssen Diagnostica-Hersteller sich die Prüfung neuer Tests immer dann von Ethikkommissionen genehmigen lassen, wenn "eine invasive Probenahme ausschließlich oder in erheblicher zusätzlicher Menge zum Zwecke der Leistungsbewertung eines In-vitro-Diagnostikums erfolgt". Auf die Zustimmung einer Ethikkommission kann demnach nur verzichtet werden, wenn das Blut für die Prüfung eines neuen Tests - nur mit Einverständnis des Untersuchten - von einer Blutprobe abgezweigt wird, die während einer ohnedies geplanten Laboruntersuchung genommen wird.
Bei der Umsetzung europäischer Vorgaben durch die MPG-Novelle, schieße die Bundesregierung an diesem Punkt weit über das Ziel hinaus. Sie übersehe den wesentlichen Unterschied zwischen In-Vitro-Diagnostica und anderen Medizinprodukten. Anders als Herzklappen, künstliche Gelenke oder Gefäßstützen würden In-Vitro-Diagnostica nicht in den Körper eingebracht, sondern im Labor von Ärzten zur Untersuchung von Blut, Stuhl, Urin oder Gewebe benötigt. Deshalb existiere keinerlei Bedarf, vor der Blutabnahme eine Ethikkommission einzuschalten. Auch die für eine Leistungsbewertungsprüfung zusätzlich vorgesehene Genehmigungspflicht einer Bundesoberbehörde ist unverhältnismäßig.
Unverzichtbar und entscheidend sind allein die Aufklärung und das Einverständnis des Patienten, so der VDGH.
Walger: "Es ist kaum vorstellbar, dass das Wohl des Patienten bei einer Blutentnahme, wie sie täglich tausendfach in Arztpraxen vorgenommen wird oder bei der Entnahme von etwas Speichel mit einem Wattebausch, dauerhaft beeinträchtigt wird." Stattdessen drohe ein Schildbürgerstreich, der die Entwicklung neuer Diagnostica unnötig erschwert, verteuert und die Ethikkommission mit zusätzlicher Arbeit belastet. Der Verband appellierte an die Bundestagsabgeordneten, den entsprechenden Paragraphen 24 des Gesetzentwurfs bei der Ersten Lesung des Gesetzes zu ändern.
Dagegen begrüßt der VDGH ausdrücklich eine Regelung des Gesetzentwurfs, wonach Labortests zur Diagnose von HIV-Infektionen künftig nur noch an Ärzte-, Heilberufe und Gesundheitsbehörden abgegeben werden dürfen und damit dem Vertrieb von HIV-Selbsttests ein Riegel vorgeschoben wird. Die Einschränkung stelle die notwendige fachliche Beratung des Betroffenen sicher, betont der Verband.
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