Pressemitteilung | (VENRO) Verband Entwicklungspolitik und Humanitäre Hilfe deutscher Nichtregierungsorganisationen e.V.
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Weltsozialgipfel in Doha: Ohne verbindliche Zusagen keine soziale Gerechtigkeit

(Berlin) - Vom 4. bis 6. November 2025 findet in Doha, Katar, der zweite Weltgipfel für soziale Entwicklung (WSSD2) der Vereinten Nationen statt. 30 Jahre nach dem ersten Weltsozialgipfel in Kopenhagen 1995 will sich die Weltgemeinschaft erneut auf Maßnahmen zur Bekämpfung von Ungleichheit und Armut sowie zur Förderung von sozialer Sicherheit, Inklusion und menschenwürdigen Arbeitsbedingungen verständigen. Ein Zusammenschluss deutscher zivilgesellschaftlicher Organisationen zieht ein sehr gemischtes Fazit mit Blick auf das geplante Abschlussdokument.

838 Millionen Menschen auf der Erde leben in extremer Armut und 673 Millionen Menschen leiden unter Hunger. Zwei Milliarden Menschen arbeiten im informellen Sektor, rund 120 Millionen sind auf der Flucht und fast die Hälfte der Weltbevölkerung hat keinen Zugang zu sozialer Sicherung. Hier wollte der Weltsozialgipfel ansetzen und konkrete Maßnahmen gegen diese Missstände auf den Weg bringen.

Aus Sicht zivilgesellschaftlicher Akteure reichen die in der bereits ausgehandelten politischen Erklärung des Gipfels vorgesehenen Schritte jedoch nicht, die Ursachen zunehmender sozialer Ungleichheit zu beseitigen. Neben ambitionierteren Maßnahmen beim Auf- und Ausbau sowie dem Schutz von sozialen Sicherungssystemen weltweit hätte es auch Reformbemühungen für ein gerechtes internationales Finanzsystem gebraucht. Außerdem fehlt es an konkreten Zielen und messbaren Indikatoren, um die Zielerreichung zu überprüfen. Angesichts der weltweiten Einsparungen in der Entwicklungszusammenarbeit bleibt ebenfalls fragwürdig, wie die Absichtserklärungen umgesetzt werden sollen.

Das sagen die am Zusammenschluss beteiligten Organisationen zur Abschlusserklärung des Gipfels:

Nicola Wiebe, Referentin für Internationale Sozialpolitik, Brot für die Welt:
„Die schon vor der Konferenz verhandelte politische Erklärung bleibt deutlich hinter dem zurück, was nötig wäre: eine kritische Ursachenanalyse, die auch historische, wirtschaftliche und politische Zusammenhänge und Verantwortlichkeiten berücksichtigt; sowie verbindliche Ziele und konkrete Zusagen, wie soziale Gerechtigkeit weltweit erreicht werden kann.”

Anne Schrader, Politische Referentin, Christoffel-Blindenmission (CBM):
„Menschen mit Behinderungen zählen weltweit zu den am stärksten benachteiligten Personengruppen. Oft haben sie keinen Zugang zu sozialen Sicherungssystemen und anderen essenziellen Leistungen. CBM begrüßt, dass die Doha-Deklaration ihre Belange sichtbar aufgreift. Doch echte Teilhabe sieht anders aus: Dafür bräuchte es konkrete Maßnahmen für barrierefreie Zugänge und partizipative Ansätze. Besonders kritisch ist, dass mehrfach diskriminierte Gruppen gar nicht berücksichtigt werden. Das betrifft zum Beispiel Frauen mit Behinderungen, die Diskriminierung aufgrund ihrer Behinderung und ihres Geschlechts erfahren. Damit Inklusion gelingt, muss sie ganzheitlich und intersektional gedacht werden.

Celia Sudhoff, Global Policy Forum Europe (GPF Europe):
„Der Gipfel bietet die Chance, die soziale Frage wieder in den Mittelpunkt internationaler Politik zu rücken. 30 Jahre nach Kopenhagen ist das Versprechen von sozialer Sicherheit und Gerechtigkeit noch längst nicht eingelöst. Das Geld dafür ist da – es ist nur extrem ungleich verteilt, innerhalb von Staaten und insbesondere zwischen ihnen. Diese Ungleichheit untergräbt soziale Stabilität und gefährdet die Demokratie: Wo Menschen das Vertrauen in Institutionen verlieren, wächst der Zuspruch für autoritäre und rechtspopulistische Kräfte. Deshalb braucht es einen Multilateralismus, der auf Demokratie, Solidarität und sozialer Gerechtigkeit basiert.“

Sonja Grigat, Referentin, Verband Entwicklungspolitik und Humanitäre Hilfe deutscher Nichtregierungsorganisationen (VENRO):
„Die Gewährleistung sozialer Rechte ist zunächst Aufgabe der nationalen Regierungen. Damit sie das leisten können, braucht es tiefgreifende Reformen des globalen Wirtschafts- und Finanzsystems: Unter anderem müssen globale Steuerhinterziehung und -vermeidung bekämpft, eine wirksame Mindestbesteuerung von Unternehmen eingeführt und die globale Schuldenpolitik reformiert werden. Wenn wir diese Fragen nicht global lösen, wird die Ungleichheit weiter zunehmen.“

Gabriele Köhler, Mit-Vorständin, Women Engage for a Common Future (WECF):
„Als ökofeministische Organisation setzen wir uns für strukturelle Veränderungen ein. Die Ursachen für die systematische Ausgrenzung und Unterdrückung von Frauen und Mädchen und anderen benachteiligten Gruppen sind bekannt: Armut, Ungleichheit, fehlende menschenwürdige Arbeitsbedingungen, inklusive Sorgearbeit. Es wäre ein hervorragendes Gipfelergebnis, diese Herausforderungen in der Idee eines gendergerechten ökosozialen Gesellschaftsvertrags zu adressieren.”

Quelle und Kontaktadresse:
(VENRO) Verband Entwicklungspolitik und Humanitäre Hilfe deutscher Nichtregierungsorganisationen e.V., Dominik Drießen, Leiter(in) Presse- und Öffentlichkeitsarbeit, Stresemannstr. 72, 10963 Berlin, Telefon: 030 2639299-10

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