Pressemitteilung | (vzbv) Verbraucherzentrale Bundesverband e.V.

Werbeaktion "Sammelt für unsere Klassenfahrt" wettbewerbswidrig / vzbv gewinnt Klage gegen Bahlsen / OLG Celle: Aktion übt unzulässigen Kaufzwang auf Schüler und Eltern aus

(Berlin) - Bahlsen darf zukünftig keine an Schüler gerichtete Werbeaktion starten, durch die unter Schülern ein Gruppenzwang zum Kauf der Produkte des Herstellers ausgelöst wird. So lässt sich das Urteil des OLG Celle zusammenfassen, das in zweiter Instanz einer Klage des Verbraucherzentrale Bundesverbandes (vzbv) gegen den Gebäckhersteller stattgegeben hat. "Das Urteil bestärkt uns in unserer Forderung, Produktwerbung aus der Schule zu verbannen", so vzbv-Vorstand Prof. Dr. Edda Müller. "Kekswerbung hat mit dem Bildungsauftrag der Schulen nichts zu tun."

Im Rahmen der Werbeaktion "Sammeln für die Klassenfahrt" waren Schüler und deren Familien aufgerufen, "Klassenfahrt-Punkte" zu sammeln, um der jeweiligen Schulklasse bei Billigung durch den Klassenlehrer eine Klassenfahrt unter Zuzahlung von 99 Euro pro Person zu ermöglichen. Die Punkte waren an den Kauf unterschiedlicher Bahlsen-Produkte gekoppelt. Wie hoch der Zuschuss von Bahlsen ausfiel, das heißt um wie viel teurer die Klassenfahrt ohne den Kauf der Bahlsenprodukte gewesen wäre, wurde im Laufe des Verfahrens nicht bekannt. Im Wiederholungsfall droht dem Unternehmen laut Urteil ein Ordnungsgeld bis zu 250.000 Euro.

Der vzbv beobachtet mit Sorge, dass Werbung zunehmend an Schulen Einzug hält. Er fordert deshalb bundesweit einheitliche Standards für ein Verbot von Produktwerbung in Schulen. "Auch in Zeiten knapper Kassen müssen die Kultusminister der Länder dafür sorgen, dass Schulen werbe-freie Zonen sind und bleiben", so Edda Müller.

Im Fall Bahlsen sah der vzbv die Grenze der Zulässigkeit von Werbung gegenüber Schülern überschritten. "Durch die Einbeziehung der Lehrer und den Appell an das Gemeinschaftsgefühl wurden Schüler und ihre Eltern unter Druck gesetzt, die Produkte des Unternehmens zu kaufen", so Edda Müller. Auch die Richter des OLG Celle sahen Schüler und deren Eltern durch die Werbeaktion einem "unzulässigen Kaufzwang" ausgesetzt. Ab-weichler könnten sich - auch seitens der Lehrer - dem Vorwurf des Spielverderbers, der Kleinlichkeit und vor allem der mangelnden Solidarität mit der Klassenmehrheit ausgesetzt und deshalb gezwungen sehen, die Klassenfahrt durch den Kauf der Produkte der Beklagten zu unterstützen, so das Gericht in seiner Begründung.

Die Werbeaktion von Bahlsen ist bereits die zweite dieser Art, gegen die der vzbv wettbewerbsrechtlich vorgegangen ist. Im Jahr 2003 hatte er be-reits gegen das Unternehmen Kelloggs (Deutschland) GmbH wegen seiner Werbeaktion "Kellogg's Frosties für Schulsport" ein Unterlassungsverfahren eingeleitet. Nach negativen Urteilen in erster und zweiter Instanz hatte der vzbv Revision beim Bundesgerichtshof eingelegt.

Der Fall
Bahlsen forderte Schüler und deren Familien in der Aktion "Sammelt für unsere Klassenfahrt" dazu auf, "Punkte" zu sammeln, um einer Schulklasse wahlweise eine Drei-Tages-Reise nach Berlin, Hamburg, München oder Köln zu ermöglichen. Für die Reise einer gesamten Klasse mussten 222 Punkte gesammelt und pro Person 99 Euro dazugezahlt werden. Bis auf sechs Punkte, die zusammen mit der Werbung verschenkt wurden, waren die Punkte an den Kauf von Bahlsenprodukten gekoppelt, auf denen sich jeweils ein bis drei Punkte befanden. Bis zum 31. Mai 2005 mussten alle Punkte in das "Klassen Sparbuch" eingeklebt sein. Weitere Voraussetzung war, dass der Klassenlehrer die Teilnahme an der Aktion durch seine Unterschrift billigt. Außerdem wurden zehn volle Klassensparbücher verlost.

Quelle und Kontaktadresse:
vzbv Verbraucherzentrale Bundesverband e.V. Markgrafenstr. 66, 10969 Berlin Telefon: 030/258000, Telefax: 030/25800218

NEWS TEILEN: