Pressemitteilung | Verband baugewerblicher Unternehmer Hessen e.V. (BGVHT) - Hauptgeschäftsstelle

Wohin mit Erdaushub und Böden? / Verbände der Bauwirtschaft in Hessen warnen vor rasanten Kostensteigerungen bei Bauprojekten

(Frankfurt am Main) - Neun Verbände und Organisationen der hessischen Bauwirtschaft warnen in ihrem aktuellen Positionspapier "Kostenexplosion am Bau durch teure Entsorgung - es ist fünf vor Zwölf!" vor einem drohenden Engpass bei der Verwertung und Beseitigung von Erdaushub. Damit kommen starke Kostensteigerungen und längere Bauzeiten auf Bauherren und die öffentlich Hand zu.

"Wenn nichts unternommen wird, werden die bestehenden Probleme im Umgang mit Bodenaushub, mineralischen Bauabfällen und dem Einsatz von Baustoff-Recyclingprodukten weiter zunehmen", mahnt der Hauptgeschäftsführer des Verbandes baugewerblicher Unternehmer Hessen e.V., Rainer von Borstel. Die Steigerung der Kosten für die Abfuhr der bei jedem Bau anfallenden Erdmassen - regional um bis zu 300 Prozent innerhalb von fünf Jahren - sei Ausdruck der akuten Verknappung der Kapazitäten. Der Verband versucht seit Jahren die Politik auf diesen Notstand und die Folgen gerade für öffentliche Baumaßnahmen aufmerksam zu machen. "Wir stellen fest, dass lokale Erddeponien schließen oder Deponien und Verfüllbetriebe auch unbelasteten Boden nicht annehmen. Unsere LKWs müssen häufig sehr weit fahren, um bisher unkritische Massen zu entsorgen. Am Ende zahlt der Bauherr und somit bei Infrastrukturmaßnahmen der Bürger für diese Mehrkosten," schildert Hans Georg Stutz, Bauunternehmer aus Kirchheim, die Situation.

Analyse und Transport des Aushubs betragen teilweise 75 Prozent der Gesamtkosten

Ein Beispiel für das Problem ist der Notfalleinsatz bei einem Kanalbruch. Wenn hier 1,5 Kubikmeter Erde ausgehoben werden, kostet das den Auftraggeber ca. 1.000 Euro für die Entsorgung. Davon entfallen ca. 500 Euro auf die Analyse und weitere 250 Euro für den Transport des Erdaushubs. Hier sind besonders die Kosten für die Analytik unverständlich. Zuerst ist im Vorfeld am Entstehungsort eine Analyse und später ggf. eine zweite Analyse erforderlich, wenn der Erdaushub beim Verfüllbetrieb oder der Deponie angeliefert wird. Diese Doppelbeprobungen führen zum Teil sogar zu einer anderen Einstufung des Materials. Grundsätzlich trägt der Bauherr als Abfallerzeuger die Kosten für die anfallenden Erdmassen und deren Verwertung oder Entsorgung. Steigende Entsorgungskosten, die vor Baubeginn meist nicht ausreichend beziffert werden, werden damit an den Auftraggeber weiter gegeben. Das macht Bauprojekte bereits heute teurer und ist häufig Grund für Nachträge. Nötige Investitionen in den Erhalt von Straßen, Ver- und Entsorgungsleitungen werden damit sogar verhindert.

Umwelt und Infrastruktur werden zusätzlich belastet

Böden und Erden werden immer seltener an einer anderen Stelle verbaut. Aufgrund fehlender Möglichkeiten der Verwertung muss das anfallende Material anderweitig untergebracht werden. Noch 2010 lag die Wiederverwertung von Boden und Steinen z.B. zur Landschaftsgestaltung und Tagebauverfüllung bundesweit bei ca. 88%. Die Anzahl der Verfüllbetriebe in Hessen ist allein im Zeitraum 2003 bis 2012 aber um ein Viertel gesunken. Der Deponieraum in der Fläche ist nicht ausreichend vorhanden. Die Folge sind lange Transportwege, die neben hohen Kosten auch direkte Auswirkungen auf die Umwelt haben. Der CO2-Ausstoß erhöht sich durch die längeren Transportwege. Weiterer negativer Effekt dieser Transporte: Mehr Lärm und die Straßen werden kaputt gefahren.

Es ist fünf vor Zwölf!

Die Vertreter der Verbände und Organisationen fordern die hessische Landes- und Kommunalpolitik eindringlich zum Handeln auf: "Was wir brauchen, ist ein einheitliches und praxisgerechtes Prüfverfahren für mineralische Abfälle, eine stärkere abfallrechtliche Verantwortung der Bauherren und Planer und bessere Verwertungsmöglichkeiten für nicht oder gering belastete Böden," fasst Rainer von Borstel zusammen. Darüber hinaus fordert die hessische Bauwirtschaft, ausreichend Verfüll- und Deponiekapazitäten sicherzustellen. Überdies muss die Verwertung von Erdaushub und Böden z.B. im Straßen- und Wegebau von der öffentlichen Hand aktiv unterstützt werden. Recycling-Baustoffe werden häufig bei Ausschreibungen - auch der öffentlichen Hand - ausgeschlossen. Gleichzeitig werden von den Aufsichtsbehörden die Verfüllbetriebe und Deponien geschlossen oder Auflagen überzogen.

Bundesweite Ansätze gefordert

Mit Blick auf die Bundesebene fordern die Vertreter der Bauwirtschaft eine Lösung im seit Jahren schwelenden Konflikt um die sogenannte Mantelverordnung. Die unterschiedlichen Länderregelungen sind zu kompliziert, behindern die Bauwirtschaft und verstärken lediglich den Abfalltourismus mineralischer Bauabfälle, was die Probleme nicht löst, sondern verlagert. In allen Bundesländern werden nämlich ähnliche Probleme bei Entsorgung und Verfüllung beobachtet. Eine nachhaltige Kreislaufwirtschaft muss regionale Lösungen bieten, damit Streckentransporte vermieden werden.

Die Unterzeichner des Positionspapieres sind:

- Verband baugewerblicher Unternehmer Hessen e.V.
- Bauindustrieverband Hessen‐Thüringen e.V.
- BDB Bund Deutscher Baumeister Architekten und Ingenieure e.V. Hessen
- Fachverband Garten‐, Landschafts‐ und Sportplatzbau Hessen‐Thüringen e.V.
- Hessischer Bauernverband e.V.
- Hessischer Handwerkstag
- Industrieverband Steine und Erden e.V., Neustadt/Weinstraße, Fachabteilung Recycling‐ Baustoffe, Hessen ‐ Rheinland‐Pfalz
- Ingenieurkammer Hessen
- Verband der Rohr‐ und Kanal‐Technik‐Unternehmen e.V. (VDRK)

Quelle und Kontaktadresse:
Verband baugewerblicher Unternehmer Hessen e.V. (BGVHT), Hauptgeschäftsstelle Pressestelle Emil-von-Behring-Str. 5, 60439 Frankfurt am Main Telefon: (069) 958090, Fax: (069) 95809233

(mk)

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