Zahl der Bürgerstiftungsinitiativen steigt auf 100
(Berlin) - Die Zahl der Bürgerstiftungen und der Initiativen zur Errichtung von Bürgerstiftungen hat im Juli 2001 die 100er-Marke überschritten. Der Leiter des Arbeitskreises Bürgerstiftungen beim Bundesverband Deutscher Stiftungen, Nikolaus Turner, bewertet diese Entwicklung als eindrucksvollen Beitrag Deutschlands zum Internationalen Jahr der Freiwilligen". Die jüngsten genehmigten Bürgerstiftungen sind die Bürgerstiftung Nürnberg (16.07.2001), der Bürgerstiftung Kiel (13.06.2001) und die Bürgerstiftung Region Ahrensburg (28.05.2001).
Nikolaus Turner formuliert die Merkmale einer Bürgerstiftung: Besonderheit der Bürgerstiftung ist das Engagement vieler Bürgerinnen und Bürger für die Mitmenschen in der eigenen Region. In den meisten Fällen errichten viele Bürger mit vielen überschaubaren Geldbeträgen (zwischen 1.000 und 10.000 DM) eine unabhängige Stiftung. Aus den Erträgen werden Projekte unter anderem in den Bereichen Kultur, Bildung, Denkmal- und Naturschutz, Generationen- und Völkerverständigung für alle Bürger in der Region unterstützt. Ebenso wichtig wie das Stiften von Geld ist bei der Bürgerstiftung das Stiften von Zeit. Darin unterscheidet sich die Bürgerstiftung in Deutschland von der ihr verwandten Form der Community Foundation in den Vereinigten Staaten und in Kanada.
Bürgerstiftungen sind in unserer Gesellschaft ein relativ neues Phänomen - auch wenn es schon seit Jahrhunderten Stiftungen gibt, bei denen sich mehrere Bürger zusammengetan haben, um ein Projekt oder eine Institution durch eine Stiftung zu fördern (Beispiel Frankfurter Kunstsammlung Städel"). Auch unter dem Namen Bürgerstiftung" kennt die Bundesrepublik Stiftungen, die Soziales oder Kultur oder Denkmalschutz fördern. 1989 errichteten 43 Stifter die Barsinghäuser Bürgerstiftung, die in Not geratene Bürger der Stadt unterstützt. Bürgerstiftungen gab und gibt es in Buchen, Darmstadt, Rüsselsheim und Ludwigshafen.
Wirklich publik wurde die Idee der Bürgerstiftung aber erst von fünf Jahren in Deutschland. Die Stadt Stiftung Gütersloh (mit ihren Hauptstiftern Reinhard Mohn und der Bertelsmann AG) entstand 1996, die Bürgerstiftung Hannover (mit 31 privaten Stiftern) ein Jahr später. Die Initiatoren stützten sich auf ein Vorbild aus Amerika. Dort wurde schon 1914 als erste sogenannte Community Foundation" die Cleveland Foundation errichtet. Kanada griff den Trend auf: Zu der 1921 gegründeten Winnipeg Foundation sind 100 weitere hinzu gekommen. In den Vereinigten Staaten sind es rund 600, in Großbritannien etwa 60.
In Deutschland ist die Idee mit besonders großer Begeisterung aufgenommen worden; allein seit 1996 sind nun 80 Bürgerstiftungen entstanden oder im Entstehen. Bürgerstiftungen wurden in Hamburg, Wismar, Dresden und im Landkreis Fürstenfeldbruck errichtet, in Quakenbrück, München, Berlin, Stuttgart, im Tecklenburger Land, in Mittweida, Herten, Kassel, Goslar, Göttingen, Büren, Dülmen, Mannheim, Remscheid, Tübingen, Steingaden und vielen anderen Orten. Bürgerstiftungen entstehen auf Norderney und Juist, in Eutin, Bad Schwartau und Ratzeburg, Osnabrück, Kürten, Lörrach, Magdeburg, Bochum, Bad Nauheim und Halle. Jede Woche erreichen den Bundesverband Deutscher Stiftungen Anfragen von einer neuen Bürgerstiftungsinitiative, aus Schrammberg, Berlin-Neukölln, Nienburg, Reutlingen, Jena, Hildesheim.
Seit 1999 sind die Bürgerstiftungen zu einem Arbeitskreis im Bundesverband Deutscher Stiftungen zusammengeschlossen. In einem Thesenpapier an die Enquete-Kommission Zukunft des bürgerschaftlichen Engagements fordert der Arbeitskreis Bürgerstiftungen einen Namensschutz (damit nicht Unternehmen oder Parteien den Begriff Bürgerstiftung" missbrauchen und in Verruf bringen), die Anerkennung der Leistung der Zeit-Stifter" (die bis zu Bonuspunkten bei der Berechnung der Altersrente gehen kann) und die Erwähnung ehrenamtlichen Einsatzes bereits auf dem Schulzeugnis. Der Bundesverband Deutscher Stiftungen mahnt weitere dringende Reformen im Steuerrecht an, etwa die Beseitigung der verschuldensunabhängigen Haftung.
Quelle und Kontaktadresse:
Bundesverband Deutscher Stiftungen e.V.
Alfried-Krupp-Haus, Binger Str. 40
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