Pressemitteilung | BDE Bundesverband der Deutschen Entsorgungs-, Wasser- und Kreislaufwirtschaft e.V.

„Zeit ist reif für den zweiten Liberalisierungsschritt in der deutschen Entsorgungs- und Wasserwirtschaft.“ / BDE zieht positive Bilanz nach 100 Tagen Deponieverbot

(Berlin) - Der Bundesverband der Deutschen Entsorgungswirtschaft (BDE) hat nach hundert Tagen Deponieverbot von unbehandelten Abfällen eine positive Bilanz gezogen. „Die Technische Anleitung Siedlungsabfall (TASi) ist ein Meilenstein für die deutsche Entsorgungsbranche“, sagte Dr. Stephan Harmening vor Journalisten in Berlin. „Mit dem strikten Verbot, unbehandelte Siedlungsabfälle auf Deponien abzulagern, ist ein bedeutender ökologischer Fortschritt erreicht worden. Billigdeponien, die später als Altlasten aufwändig saniert werden müssen, ist damit ein Riegel vorgeschoben.“ Gleichzeitig wirkt die TASi ökonomisch: Weil Verbrennen um ein Vielfaches mehr kostet als Deponieren, ist es für die Entsorgungsunternehmen und ihre Kunden finanziell interessant, möglichst viel an Wertstoffen aus dem Abfall herauszuholen und zu verwerten.

Insgesamt hätten die privaten Entsorgungsunternehmen die TASi-Einführung gut bewältigt. Sie hätten gezeigt, dass sie einen hohen Entsorgungs- und Verwertungsstandard gerade auch unter schwierigen Kapazitäts- und Marktbedingungen gewährleisten könnten. „Das qualifiziert die Branche für weitere Aufgaben“, sagte Harmening. „Die Zeit ist reif für den zweiten Liberalisierungsschritt in der deutschen Entsorgungs- und Wasserwirtschaft – nach der Einführung des dualen Systems in den Achtziger Jahren.“ Der BDE fordert deshalb die Änderung des Kreislaufwirtschaftsgesetzes, um die Gewerbeabfälle komplett aus der Überlassungspflicht gegenüber den Kommunen auszuschließen. Die Satzungen von Abfallverbänden der Gebietskörperschaften stehen heute vielerorts einer hochwertigen Entsorgung von Gewerbeabfall entgegen. Die dort festgeschriebenen Preise für die Beseitigung überlassungspflichtiger Abfälle sind vielfach niedriger als die Marktpreise. Dadurch ist, wie früher auf Billigdeponien, Ökodumping möglich, indem Gewerbeabfälle statt verwertet billig beseitigt werden. Die Kommunen sichern sich damit Einnahmequellen. Auf diese Weise finanzieren die Steuerzahler die Gewerbeabfallbeseitigung mit. Außerdem stellt dies eine Wettbewerbsverzerrung zulasten privater Entsorgungsunternehmen dar.

Darüber hinaus fordert der BDE die Zulassung von Konzessionen beim Hausmüll, also die Möglichkeit, die gesamte unternehmerische und organisatorische Verantwortung der Hausmüllentsorgung in Kommunen an private Unternehmen zu vergeben. Außerdem ist nach Meinung des BDE die völlige steuerliche Gleichstellung privater mit den öffentlichen Wasser- und Entsorgungsunternehmen notwendig. Bislang sind kommunale Eigenbetriebe und Anstalten von der Umsatzsteuerpflicht befreit. Würden diese wie privatrechtlich organisierte Betriebe besteuert, würde sich das Steueraufkommen bundesweit um mehr als 4 Milliarden Euro im Jahr erhöhen.

Der BDE sieht keinerlei Anlass, Änderungen an der TASi vorzunehmen. Sie müsse ohne Wenn und Aber umgesetzt werden, sagte Harmening. Es sei im Vorfeld allen Beteiligten klar gewesen, dass es nach dem Deponieverbot eng werden würde. Nach einer vom BDE vergangene Woche durchgeführten Blitzumfrage sehen knapp 40 Prozent der Unternehmen aktuell Engpässe, 36 Prozent bezeichnen die Kapazitäten als knapp. Das Bild ändert sich aber deutlich, wenn es um längerfristige Kapazitäten (ab 2006) geht. Nur noch knapp 20 Prozent der BDE-Mitglieder erwarten für das nächste Jahr Engpässe, 42 Prozent knappe, 36 Prozent sogar ausreichende Kapazitäten. 3 Prozent sehen Überkapazitäten im nächsten Jahr.

Allerdings steigen die Preise, insbesondere für Gewerbeabfall. Nachdem früher eine Tonne Abfall für 20 bis 30 Euro deponiert werden konnte, zahlt nach der BDE-Umfrage inzwischen die Mehrzahl der Entsorgungsunternehmen (64,7 Prozent) Verbrennungspreise von 100 bis 150 Euro/t. Ein knappes Drittel gibt Preise von 150 bis 200 Euro an. Die Zeiten, in denen mit der Deponierung Entsorgern die billigste, zugleich aber auch die problematischste Art der Abfallentsorgung ermöglicht wurde, sind vorbei. Nur wenn das Preisniveau für Gewerbeabfall dauerhaft auf der Höhe des Hausmülls bleibt, kann nach Überzeugung des BDE der hohe Entsorgungsstandard, den die TASi bewirkt, dauerhaft gesichert bleiben.

„Trotz der Engpässe ist in Deutschland mit der TASi nicht der Entsorgungsnotstand ausgebrochen“, sagte Harmening. Das habe daran gelegen, dass sich die große Mehrzahl der privaten Entsorgungsunternehmen gut auf das Deponieverbot vorbereitet habe. Der BDE ist der Überzeugung, dass bestehende befristete und regionale Engpässe allein mit den bestehenden Instrumenten der Technischen Anleitung Siedlungsabfall (TASi) seriös und gesetzeskonform überbrückt werden können. Dafür hatte der Verband Mitte Juli einen Maßnahmenkatalog vorgelegt:

1. Die verstärkte getrennte Sammlung an der Anfallstelle erspart die aufwändige Sortierung und Aufbereitung von gemischtem Abfall.
2. Zwischenlager sind nicht notwendig. Zeitlich begrenzte Engpässe, z.B. bis im Bau befindliche Anlagen fertig gestellt werden, können befristet durch Anlagen im Ausland
überbrückt werden, sofern diese die deutschen und europäischen Richtlinien erfüllen.
3. Erhebliche freie und genehmigte Kapazitäten in Zementwerken und Kohlekraftwerken sollen für Ersatz-Brennstoffe aus Abfall stärker genutzt, neue EBS-Kraftwerke gebaut werden, die die Entsorgungswirtschaft auch für Produktionsbetriebe betreiben kann.
4. Gefährliche Abfälle sollen ausschließlich in Anlagen für Sondermüll geleitet werden, um Kapazitäten in den regulären Anlagen nicht unnötig zu binden.
5. Die Ausschließlichkeitsregelung des Erneuerbare-Energien-Gesetz soll befristet ausgesetzt werden, um Sekundärbrennstoffe vorübergehend auch in Biomasse-Kraftwerken zu entsorgen, ohne dass die Förderung der Anlagen nach dem EEG in Gefahr gerät.

Die BDE-Unternehmen nutzen diese Maßnahmen. In der Blitzumfrage von letzter Woche erklärten 48 Prozent der Unternehmen, dass sie als Ersatz für thermische Verwertung die Abfälle stärker trennten und stofflich wiederverwerteten. 20 Prozent setzen Abfälle als Substitutbrennstoff in industriellen Anlagen ein, 12 Prozent planen Zwischenlager, und 13 Prozent nutzen Export. Der BDE hält Export von Abfällen für zulässig und sinnvoll, wenn die Anlagen im Ausland nach denselben Standards und Richtlinien wie in Deutschland arbeiten. Dies gilt insbesondere auch deshalb, weil bis heute Abfälle nach Deutschland importiert werden, etwa aus den Niederlanden und aus Österreich.

Die Position des BDE zu Zwischenlagern ist klar: Der Verband will sie nicht, weil sie das Problem zeitlich nur verschieben. Er akzeptiert sie, soweit sie nach der TASi rechtlich zulässig sind. Der BDE glaubt allerdings nicht, dass Zwischenlager für die Entsorgungsunternehmen eine Lösung darstellen, da sie teuer und in der Genehmigung einem längeren behördlichen Verfahren unterworfen sind. Nur 12 Prozent der BDE-Mitgliedsunternehmen planen Zwischenlager.

Die wichtigste vom BDE vorgeschlagene Maßnahme ist die verstärkte getrennte Sammlung von verwertbaren Stoffen an der Anfallstelle. Um die Situation schnell zu verbessern, müssen die geltenden Bestimmungen des Kreislaufwirtschafts- und Abfallgesetzes zur vorrangigen Verwertung auch für Gewerbeabfälle in die Praxis umgesetzt werden. Gerade die in Betrieben anfallenden Abfälle, wie zum Beispiel Papier, Glas, Verpackungen und Holz, eignen sich aufgrund ihrer Zusammensetzung hervorragend zur Verwertung. Die Getrenntsammlung in den Betrieben und die anschließende Sortierung sind zu intensivieren. Durch die flächendeckende Einführung bewährter Strukturen der Getrenntsammlung von Wertstoffen kann darüber hinaus eine erhebliche Entlastung der Vorbehandlungsanlagen erreicht werden. Auch in der flächendeckenden Einführung der Biotonne steckt großes Potenzial.

Quelle und Kontaktadresse:
Bundesverband der Deutschen Entsorgungswirtschaft e.V. (BDE) Tempelhofer Ufer 37, 10963 Berlin Telefon: 030/5900335-0, Telefax: 030/5900335-99

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