Pressemitteilung | Deutsche Anwalts-, Notar- und Steuerberatervereinigung für Erb- und Familienrecht e.V. (DANSEF)

Zerrüttungsprinzip für den Scheidungsantrag maßgeblich / Trennungsfristen bestimmen Zeitpunkt der Scheidung

(Nürnberg) - Alljährlich treten mehr als 200.000 Ehepaare den Gang zum Scheidungsrichter an. Jahrzehntelang galt dabei bei den deutschen Gerichten das so genannte „Verschuldensprinzip“. Hierauf, so der Nürnberger Rechtsanwalt und Fachanwalt für Familienrecht Martin Weispfenning, Geschäftsführer der Deutschen Anwalts-, Notar- und Steuerberatervereinigung für Erb- und Familienrecht e. V. in Nürnberg, kommt es seit der Reform des Scheidungsrechts im Jahr 1977 nicht mehr an.

Seit diesem Zeitpunkt, so der Nürnberger Familienrechtsexperte, kommt es für den Scheidungsantrag nicht mehr auf die Schuldfrage, sondern nur noch darauf an, dass die Ehe im Sinne des Gesetzes als „gescheitert“ gilt. Dies ist nach dem Willen des Gesetzgebers dann der Fall, wenn die Lebensgemeinschaft der Ehegatten nicht mehr besteht und auch nicht erwartet werden kann, dass die Ehegatten sie wieder herstellen. Hierbei, so Weispfenning, reicht es völlig aus, dass es nur einem Ehegatten an der entsprechenden Versöhnungsbereitschaft mangelt. Es komme also nicht darauf an, dass beide Ehegatten der Auffassung sind, dass die Ehe gescheitert ist. Schon daraus, so Weispfenning, ergibt sich, dass, und nicht nur unter den Ehegatten selbst, sehr unterschiedliche Auffassungen darüber herrschen können, ob und wann eine Ehe als „gescheitert“ gilt.

Dies bestätigt auch die Stuttgarter Rechtsanwältin und Fachanwältin für Familienrecht Sabine-Sara Goethert, Leiterin des Fachausschusses „Familienrecht“ der Vereinigung, und fügt hinzu, dass das Gesetz deswegen anhand der Dauer des Getrenntlebens entsprechende Vermutungen für das Scheitern der Ehe aufstellt. Leben die Ehegatten noch nicht ein Jahr lang getrennt, so Goethert, kann eine Ehe nur geschieden werden, wenn ihre Fortsetzung für den Antragsteller aus Gründen, die in der Person des anderen Ehegatten liegen, eine „unzumutbare Härte“ darstellen würde. Diese, so die Familienrechtsexpertin, liegt in der Regel nur dann vor, wenn der Scheidungswillige von seinem Ehepartner laufend misshandelt oder betrogen wird. Auch starke Alkoholabhängigkeit kann ein Grund für die vorzeitige Scheidung sein. Einmalige „Seitensprünge“ hingegen, so Goethert, reichen für eine unzumutbare Härte im Sinne des Gesetzes in der Regel nicht aus.

Ist seit der Trennung der Ehegatten bereits ein Jahr vergangen und beantragen beide Ehegatten die Scheidung oder stimmt der Antragsgegner dem Scheidungsantrag seines Ehegatten zu, stehen der Scheidung seitens des Gesetzes keine besonderen Hinderungsgründe mehr entgegen. In diesem Fall, so Goethert, nimmt das Gesetz „unwiderlegbar“ an, dass die Ehe auch tatsächlich gescheitert ist. Allerdings müssen sich die Scheidungswilligen in diesem Fall auch über die Scheidungsfolgen einig sein, z. B. die elterliche Sorge oder das Umgangsrecht für minderjährige Kinder, die Unterhaltspflichten sowie über Aufteilung von Ehewohnung und Hausrat.

Leben die Ehegatten bereits seit drei Jahren getrennt, so Goethert, wird das Scheitern der Ehe vom Gesetz auch dann „unwiderlegbar“ vermutet, wenn sich einer der Ehegatten noch immer gegen die Scheidung wehrt. Nur in ganz besonderen Ausnahmefällen, z. B. bei der Gefahr psychischer Schäden für minderjährige Kinder als Scheidungsfolge oder gar dadurch bestehende Selbstmordgefahr, kann auch eine mehr als dreijährige Trennungszeit noch nicht ausreichend sein, wenn sich noch einer der Ehegatten gegen die Scheidung wehrt. Hilfsbedürftigkeit, Krankheiten, hohes Alter oder gar „Einsamkeit“ nach der Scheidung, reichen für eine weitere Blockierung der Scheidung nicht aus. Aufgrund der hohen psychischen Belastungen, die für die Beteiligten häufig mit einer Scheidung einhergehen, so Goethert, könne eine möglichst einvernehmliche Scheidung jedoch allen Scheidungswilligen nur dringend angeraten werden.

Quelle und Kontaktadresse:
Deutsche Anwalts-, Notar- und Steuerberatervereinigung für Erb- und Familienrecht e.V. Königstorgraben 3, 90402 Nürnberg Telefon: 0911/2443770, Telefax: 0911/2443799

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