Zollstock statt Digitalisierung: Deutschlands Zurückhaltung bei digitalen Angeboten verhindert Bildungschancen der Schüler
(Berlin) - Die Coronakrise hat offenbart, an wie vielen Stellen in Deutschland Digitalisierung bislang nicht ernst genommen wurde. Der Bundesverband Digitale Wirtschaft (BVDW) e.V. kritisiert dabei vor allem, dass die Mehrheit der deutschen Schüler in der Coronakrise keinen zuverlässigen Fernunterricht erhalten kann. Für die "digitale Schule" existieren keine einheitlichen Konzepte, über ausreichend Digitalkompetenz für "Homeschooling" verfügen bei weitem nicht alle Schulen und Lehrer. Die Landesregierungen müssen jetzt aufwachen und einheitliche Hilfestellungen und Vorgaben für den digitalen Unterricht durchsetzen - notfalls mit zentraler Steuerung durch die Bundesregierung. "Es ist völlig unverständlich, dass nach zwei Monaten Corona keine landes- oder bundesweit einheitlichen Regeln für den Bildungsbereich geschaffen wurden. Es herrscht Zollstock statt Digitalisierung", sagt Marco Zingler (Denkwerk), Vizepräsident des BVDW. Die Unternehmen der Digitalen Wirtschaft bieten hierfür erneut ihre Erfahrung und Unterstützung an.
Ungleiche Bildungschancen waren bereits in der Vergangenheit ein Problem. Durch die Coronakrise haben sich die unterschiedlichen Bildungschancen nochmal erweitert und verdeutlicht. Einige Schulen waren gut für den Fernunterricht aufgestellt, viele aber nicht. "Wenn Schulen die Möglichkeiten der Digitalisierung für ihre Schüler nicht nutzen und kein einheitliches Angebot schaffen, bleiben Schüler auf der Strecke. Es gibt Eltern, die ihre Kinder hier unterstützen können, aber das sind längst nicht alle", sagt Marco Zingler. "Das bedeutet einen weiteren Bildungsvorsprung für privilegierte Kinder." Obwohl der "Digitalpakt Schule" seit März 2019 Fördergelder für digitale Grundausstattung in Schulen bereitstellt, ist die Mehrheit der deutschen Schulen noch weit davon entfernt, den Schulbetrieb im Notfall auf Homeschooling umstellen zu können, auch weil die Fördergelder zum Großteil noch gar nicht abgerufen wurden.
"Die Gründe dafür sind unterschiedlich", sagt Marco Zingler. "Zum einen verhindert ein föderalistisches Bildungssystem bundesweit einheitliche Entwicklungen. Zum anderen ist die Digitalisierungskultur im Bildungsbereich insgesamt noch zurückhaltender als sie sein müsste und die Reaktion auf die Coronakrise hängt vom jeweiligen Kenntnisstand und Engagement eines Lehrers ab. Wir erwarten zwar nicht von allen Lehrern umfassende Digitalisierungskompetenzen. Wir erwarten aber, dass Schulträger und Landesregierungen diese Digitalkompetenz von außen einbringen." Es gebe zahlreiche Tools und Beratungsunternehmen, die sowohl Schulen als auch Schülern Digitalkompetenz vermitteln können, so Marco Zingler. "Wir bereiten unsere Schüler zwar auf die Arbeitswelt vor, bedenken dabei aber nicht, dass die digitale Transformation auch ein Kulturwandel ist, der es erfordert, dass man in kürzester Zeit auf neue Situationen reagieren muss."
Nun ist es an den Landesregierungen und der Kultusministerkonferenz (KMK), einheitliche Angebote zu schaffen und auch die Wahrnehmung der Angebote durchzusetzen. Die KMK hat Ende März "entschlossenes Handeln" in der Coronakrise angekündigt, einheitliche Konzepte wurden aber noch nicht umgesetzt.
Homeschooling-Tipps des BVDW
"Stabiles WLAN allein macht noch keine digitale Bildung", sagt Marco Zingler. "Die Länder müssen in digitale Lehrinhalte und die entsprechende Ausbildung von Lehrkräften investieren, ebenso in entsprechende Hard- und Software." Hilfestellung bieten die Unternehmen der Digitalen Wirtschaft. Der BVDW hat beispielsweise eine Seite mit Tipps zum Start ins E-Schooling erstellt. Unter https://www.bvdw.org/der-bvdw/bvdw-infos-zu-corona/e-schooling/ informiert der Digitalverband über inhaltliche Vorbereitung, technische Voraussetzungen sowie zu Fragen des Datenschutzes im Umgang mit Minderjährigen.
Quelle und Kontaktadresse:
Bundesverband Digitale Wirtschaft e.V. (BVDW)
Daniel Borchers, Pressesprecher
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