Pressemitteilung | Deutscher AnwaltVerein e.V. (DAV)

Zum 1. Deutscher Sozialgerichtstag am 16./17. November 2006 in Berlin / Anwälte gegen Beschneidung der Rechte vor dem Sozialgericht

(Berlin) - Ende Oktober 2006 hat der Bundesrat einen Gesetzentwurf für eine Justizreform im Bereich der Sozialgerichte vorgelegt. Die Arbeitsgemeinschaft Sozialrecht im Deutschen Anwaltverein (DAV) wendet sich entschieden gegen die Pläne, da damit erheblich in die Rechte der Kläger vor Sozialgerichten eingegriffen werde. Unter anderem soll das Recht der Kläger gestrichen werden, in strittigen Fällen einen bestimmten zusätzlichen Gutachter bei Gericht durchzusetzen. Mit den Vorschlägen der Reform wird sich auch der 1. Deutsche Sozialgerichtstag beschäftigen, der am 16. und 17. November 2006 in Berlin stattfindet. Dort werden der DAV und seine Arbeitsgemeinschaft Sozialrecht ihre Kritik bekräftigen.

„Die Möglichkeit der Sozialversicherten, im Prozess selbst gewählte Gutachter benennen zu können, ist eine der wichtigsten Errungenschaften im sozialgerichtlichen Verfahren“, sagt Rechtsanwalt Hartmut Kilger, Präsident des DAV, selbst Sozialrechtler. Diese Möglichkeit sichere die Chancengleichheit im Prozess. Die Versicherten selbst haben nämlich im Vorfeld praktisch keine Möglichkeit, auf die Auswahl der sie zu untersuchenden medizinischen Gutachter Einfluss zu nehmen. Die Möglichkeit, einen selbstgewählten Gutachter hinzuzuziehen, ist deswegen ein hohes Gut. Sie könne deswegen auch streitbeilegend wirken. Wenn der eigene Gutachter zu einem für den Kläger negativen Ergebnis komme, so werde dies von den Betroffenen sehr viel öfter akzeptiert.

Auch die im Gesetzentwurf weiter vorgesehenen Vorschläge zur Einführung einer Zulassungsberufung sowie zur Einführung von Ausschlussfristen (sogenannte Präklusion) lehnt die Arbeitsgemeinschaft Sozialrecht im DAV entschieden ab. Das sozialgerichtliche Verfahren sei von der Aufklärung medizinischer Fragen geprägt. „Der Gesundheitszustand eines Klägers, der Rente beantragt, kann sich innerhalb des oft Jahre dauernden Sozialgerichtsprozesses ändern“, so Rechtsanwalt Ronald Richter, Vorsitzender der Arbeitsgemeinschaft Sozialrecht im DAV. Wenn nun neue medizinische Befunde wegen Verspätung zurückgewiesen werden, so würde dies dazu führen, dass das ganze Verfahren von Anfang an neu aufgerollt werden müsste. Richter: „Prozessökonomisch sind solche Ausschlussregelungen für angeblich verspätetes Vorbringen nicht.“

Der vom Bundesrat vorgelegte Gesetzentwurf, der auch in seiner Begründung jedes Verständnis für die grundsätzlichen Errungenschaften des Sozialgerichtsprozesse vermissen lässt, wird nachhaltigen Widerspruch der sozialrechtlich tätigen Anwälte finden.

Quelle und Kontaktadresse:
Deutscher AnwaltVerein e.V. (DAV) Swen Walentowski, Pressesprecher Littenstr. 11, 10179 Berlin Telefon: (030) 7261520, Telefax: (030) 726152190

(bl)

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