Pressemitteilung | Deutsches Kinderhilfswerk e.V.

Zum heutigen Welttag der sozialen Gerechtigkeit: Deutsches Kinderhilfswerk fordert Umdenken in der Familienförderung und mehr Anstrengungen bei der Bekämpfung der Kinderarmut in Deutschland

(Berlin) - Das Deutsche Kinderhilfswerk fordert zum heutigen Welttag der sozialen Gerechtigkeit ein Umdenken in der Familienförderung und mehr Anstrengungen bei der Bekämpfung der Kinderarmut in Deutschland. Dabei sollten vor allem armutsfeste Hartz-IV-Regelsätze für Kinder und Jugendliche sowie perspektivisch die Reform des Familienlastenausgleichs aus Kindergeld und Kinderfreibeträgen ganz nach oben auf die Prioritätenliste. Nach Berechnungen des Deutschen Kinderhilfswerkes ist der Kinderfreibetrag, von dem nur Gutverdienende profitieren, in den letzten 20 Jahren proportional stärker gestiegen als das Kindergeld im gleichen Zeitraum. Und bei den Regelsätzen für Kinder und Jugendliche hat es seit dem Hartz-IV-Urteil des Bundesverfassungsgerichtes im Jahre 2010 zwar Erhöhungen gegeben, die jedoch teils kaum die Inflationsrate ausgleichen konnten.

Der Kinderfreibetrag (incl. Freibetrag für Betreuung/Erziehung/Ausbildung) ist vom Jahr 2000 bis 2020 von 5.080 Euro auf 7.812 Euro gestiegen. Das entspricht einer Erhöhung um knapp 54 Prozent. Im gleichen Zeitraum ist das Kindergeld von 138 Euro auf 204 Euro gestiegen, was nur einer Erhöhung um knapp 48 Prozent entspricht.

Beim Hartz-IV-Regelsatz in der Regelbedarfsstufe 4 (Jugendliche von 14 bis 17 Jahre) wird die Erhöhung von 2011 bis 2019 komplett durch die Inflationsrate aufgezehrt, in der Regelbedarfsstufe 5 (Kinder von 6 bis 13 Jahre) ist inflationsbereinigt ein Plus von rund 19 Euro zu verzeichnen, in der Regelbedarfsstufe 6 (Kinder bis 5 Jahre) inflationsbereinigt ein Plus von rund 3 Euro.

"Wir müssen uns bei der finanziellen Förderung von Kindern und Jugendlichen endlich auf diejenigen konzentrieren, die es am nötigsten haben. Durch die steuerlichen Kinderfreibeträge fällt die monatliche Nettoentlastung für Spitzenverdienerinnen und Spitzenverdiener um rund 100 Euro höher aus als das Kindergeld. Dabei wird diese Lücke immer größer. Hier brauchen wir dringend eine Reform, damit dem Staat in diesem Bereich zukünftig jedes Kind gleich viel wert ist. Bei den ärmsten Kindern wird die Hartz-IV-Regelsatzerhöhung fast vollständig von der Inflationsrate aufgefressen. Dabei müssten wir gerade diese Kinder besonders unterstützen. Inzwischen sind eine halbe Million Kinder und Jugendliche auf die Tafeln angewiesen. Das sind 30 Prozent aller Tafelkundinnen und -kunden, und das, obwohl der Anteil der Kinder und Jugendlichen an der Gesamtbevölkerung in Deutschland nur bei rund 16 Prozent liegt", betont Holger Hofmann, Bundesgeschäftsführer des Deutschen Kinderhilfswerkes.

"Nach wie vor alarmierend sind auch die aktuellen Pisa-Ergebnisse, nach denen Kinder aus armen Verhältnissen in ihren Leistungen deutlich hinter denen von finanziell privilegierten zurückbleiben, und dass Kinder aus armen Haushalten besonders häufig mit Lehrermangel zu kämpfen haben. An vielen Stellen gibt es Aufstiegsmöglichkeiten vor allem für Kinder aus finanziell gut gestellten Haushalten, während Bildungskarrieren für arme Kinder nahezu systematisch verhindert werden. Vor dem Hintergrund, dass Bildung als Schlüssel für gesellschaftliche Teilhabe und für den chancengerechten Zugang zu einer angemessenen beruflichen Entwicklung nachweislich von entscheidender Bedeutung ist, stellt dies eine himmelschreiende Ungerechtigkeit dar", so Hofmann weiter.

Die den Berechnungen zugrunde liegenden Daten und dazugehörige Grafiken finden sich unter https://www.dkhw.de/welttag-soziale-gerechtigkeit-2020.

Quelle und Kontaktadresse:
Deutsches Kinderhilfswerk e.V. Pressestelle Leipziger Str. 116-118, 10117 Berlin Telefon: (030) 3086930, Fax: (030) 2795634

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