Pressemitteilung | DPtV e.V. - Deutsche PsychotherapeutenVereinigung

Zunahme psychischer Erkrankungen / Gibt es einen Trend nach oben oder sehen wir heute einfach genauer hin?

(Berlin) - Der heute vorgestellte DAK-Report bestätigt alle Trends, die in den letzten Jahren zu verzeichnen waren: Der Anteil der Menschen, die wegen einer psychischen Erkrankung krankgeschrieben werden oder in Behandlung sind, steigt. "Die mit Abstand auffälligste Entwicklung im Arbeitsunfähigkeitsgeschehen ist die Zunahme von Fehltagen aufgrund einer psychischen Diagnose", heißt es im Report. Aber haben psychische Erkrankungen tatsächlich so zugenommen? Oder werden vielmehr die Diagnosen heute klarer gestellt und benannt, was es wirklich ist? Dipl.-Psych. Dieter Best, Bundesvorsitzender der Deutschen PsychotherapeutenVereinigung (DPtV) sagt dazu: "Wir sind nicht anders krank, sondern psychische Krankheiten werden eher erkannt als früher. Eine Depression war auch früher eine Depression, nur wurde sie früher von Ärzten entweder nicht erkannt oder falsch diagnostiziert. Die mit psychischen Krankheiten oft verbundenen körperlichen Symptome wie Schmerzen bei Depressionen oder Schwindel oder Herzbeschwerden bei Angststörungen wurden fälschlicherweise körperlichen Ursachen zugeordnet und dementsprechend auch oft rein medikamentös behandelt. "Der DAK-Report beklagt zwar die Zunahme psychischer Krankheiten, zieht aber nicht die nahe liegende Schlussfolgerung, dass die psychotherapeutische Versorgung ausgebaut und verbessert werden müsste" , so Best.

Die Haltung der Bevölkerung gegenüber psychisch Erkrankten hat sich nur wenig verändert, es kommt immer noch zu Stigmatisierung. Hausärzte überweisen Patienten heute häufiger an Psychotherapeuten, wenn sie einen Verdacht auf das Vorliegen einer psychischen Erkrankung haben. Diese Entwicklung ist sehr positiv, betont Best, niemand müsse auf eine psychotherapeutische Behandlung verzichten. Allerdings seien die Wartezeiten auf einen Psychotherapieplatz für die Patienten - vor allem wenn sie auf dem Land leben - oft sehr lang, es können Monate vergehen. Die seit Beginn des Jahres
geltende neue Bedarfsplanung sieht 1.350 zusätzliche Sitze für Psychotherapeuten vor, das werde die Probleme mildern aber nicht beheben, sagt Best. Das deutsche Gesundheitswesen sei immer noch viel zu stark somatisch orientiert, schildert Best, der Blick der Medizin auf den ganzen Menschen sei immer noch eher Fiktion als Wirklichkeit. "Viel Geld wird für die technisierte Medizin und für psychopharmazeutische Fehlbehandlungen ausgegeben" unterstreicht Best weiter.
So seien allein die Ausgaben für Antidepressiva genauso hoch wie die Ausgaben für die gesamte ambulante psychotherapeutische Versorgung durch 20.000 Psychotherapeuten.

Psychotherapie wirken anders als Psychopharmaka und können für den Patienten oft sehr belastend sein. Aber sie wirken nachhaltig, weil ihr Ziel darin besteht, Einstellungen und Verhalten zu verändern. Wird eine psychische Störung aber nicht frühzeitig behandelt, wird deren Chronifizierung begünstigt. Chronifizierte Krankheitsverläufe sind auch der Hauptgrund für lange Arbeitsausfälle und Frühberentungen, versehen mit hohen Kosten für Arbeitgeber und das Rentensystem und mit unnötigem Leid für die Betroffenen.

"Mit diesem Wissen erwarten wir von den Parteien, dass sie in ihren gesundheitspolitischen Programmen zur Bundestagswahl einen besonderen Schwerpunkt auf die Optimierung der Versorgung psychisch kranker Menschen richten", fordert Best.

Quelle und Kontaktadresse:
Deutsche PsychotherapeutenVereinigung e.V. (DPtV) Pressestelle Am Karlsbad 15, 10785 Berlin Telefon: (030) 235009-0, Telefax: (030) 235009-44

(cl)

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