Pressemitteilung | DPtV e.V. - Deutsche PsychotherapeutenVereinigung

Zunahme psychischer Erkrankungen / Wer zieht wirksame Konsequenzen aus den steigenden Erkrankungs- und Fehltagen?

(Berlin) - Allen veröffentlichten Krankenkassenreporten der jüngsten Zeit ist eins gemein: Die Feststellung, dass psychische Erkrankungen überproportional zunehmen. Die Deutsche PsychotherapeutenVereinigung (DPtV) bemängelt, dass diese dramatische Entwicklung zwar konstatiert wird, aber keine tatsächlichen Konsequenzen und Handlungen folgen.

Die von der DAK gerade veröffentlichte Langzeitanalyse der DAK-Gesundheitsreporte zeigt, dass psychische Erkrankungen vor allem bei jungen Erwachsenen in den vergangenen zwölf Jahren überproportional gestiegen sind, bei jungen Frauen noch stärker als bei jungen Männern.

Der neue Fehlzeitenreport 2010 des wissenschaftlichen Institutes der AOK (WIdO) weist ebenfalls nach, dass psychische Erkrankungen bei den erwerbstätigen AOK-Mitgliedern kontinuierlich zunehmen und mit längeren Ausfallzeiten verbunden sind, als alle anderen Erkrankungsarten. Psychische Erkrankungen verursachten bei AOK-Mitgliedern im Jahr 2009 8,6 Prozent der Krankheitstage und stehen damit an vierter Stelle der Arbeitsunfähigkeitstage verursachenden Krankheitsarten.

Sowohl die Arbeitsunfähigkeits-Fälle (AU-Fälle) als auch die AU-Tage durch psychische Erkrankungen sind in den letzten zwölf Jahren kontinuierlich angestiegen. Keine andere Krankheitsart hält die Berufstätigen so lange von der Arbeit fern. Pro Arbeitsunfähigkeitsfall fehlt ein Arbeitnehmer im Schnitt 22,6 Tage. Als Grund für diese Entwicklung nennen die Fehlzeitenreporte die Veränderungen in der Arbeitswelt, in der sich immer mehr Arbeit auf immer weniger Mitarbeiter verteilt und der Stress immer größer wird. In psychotherapeutischen Praxen melden sich immer häufiger Patienten, die mit den Anforderungen nicht mehr zurecht kommen, die Angst vor dem Arbeitsplatzverlust haben und die deswegen vom Hausarzt an den Psychotherapeuten überwiesen werden.

Aus Sicht der DPtV probates Mittel für das zielgerechte Erkennen und gegen die Chronifizierung psychischer Erkrankungen ist eine rechtzeitige Psychodiagnostik ebenso wie antragsfreie Behandlungsmöglichkeiten zur Krisenintervention und Akutversorgung. Diese werden allerdings derzeit nicht kostendeckend vergütet, bemängelt der Bundesvorsitzende der DPtV, Dipl.-Psych. Dieter Best jetzt in Berlin.

Regelmäßige Sitzungstermine während der Arbeitszeit sind für manche Arbeitnehmer nicht zu realisieren, weil zu viele Ausfallzeiten entstehen. "Die Förderung von Sprechzeiten am Samstag durch Honorarzuschläge, wie sie für jede andere Arztgruppe vorgesehen sind, könnte die langen Wartezeiten und Fehlzeiten verringern, die durch psychotherapiebedingte Abwesenheiten am Arbeitsplatz entstehen", ist sich Best sicher.

"An diesen Maßnahmen scheinen die Krankenkassen jedoch aus Kostengründen nicht interessiert zu sein", kritisiert Best. Er fordert deutliche Verbesserungen der Arbeitsmöglichkeiten der Psychotherapeuten. "Diese kämen direkt unseren Patienten zu Gute", betont der Psychotherapeut.

Notwendig seien aber auch gesetzliche Änderungen wie z.B. die Aufhebung des Verbots der Einweisung von Patienten zur stationären Psychotherapie und Psychiatrie und die Aufhebung des Verbots der Feststellung von Arbeitsunfähigkeit aufgrund einer psychischen Erkrankung, denn Psychotherapeuten können die Notwendigkeit solcher Maßnahmen besser entscheiden als der Arzt, der die Patienten somatisch mitbehandelt.

Die bislang geltenden gesetzlichen Einschränkungen der Befugnisse von Psychologischen Psychotherapeuten und Kinder- und Jugendlichenpsychotherapeuten nach § 73 Abs. 2 Sozialgesetzbuch V (SGB V) waren als Übergangsregelungen zum Psychotherapeutengesetzes von 1999 vorgesehen und sind heute nur noch als überflüssiges Relikt anzusehen. Sie stehen einer effizienten und effektiven sowie patientenorientierten psychotherapeutischen Versorgung von Menschen entgegen und widersprechen zudem der berufsrechtlichen Gleichstellung des Psychotherapeuten mit dem Arzt.

Quelle und Kontaktadresse:
Deutsche PsychotherapeutenVereinigung e.V. (DPtV) Pressestelle Am Karlsbad 15, 10785 Berlin Telefon: (030) 235009-0, Telefax: (030) 235009-44

(el)

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