Zur Zukunft der Universität / DHV mit Wissenschaftsrat weitgehend einig
(Bonn/Weimar) - Der Deutsche Hochschulverband (DHV) hat sich anläßlich des 56. Hochschulverbandstages in Weimar mit den Thesen des Wissenschaftsrates (WR) zur künftigen Rolle der Universitäten im Wissenschaftssystem kritisch, aber überwiegend zustimmend auseinandergesetzt. Im einzelnen:
Kompetenzen von Bund und Ländern
Die Forderung des WR nach einer klaren bildungspolitischen Kompetenzverteilung von Bund und Ländern findet die Zustimmung des DHV. Gleichzeitig warnt der DHV davor, bei der konkreten Ausgestaltung der Föderalismusreform das Kind mit dem Bade auszuschütten. Der Bund habe eine gesamtstaatliche Verantwortung für die allgemeinen Grundsätze des Hochschulwesens. Wenn der Bund diese Verantwortung nicht mehr wahrnehme, fielen die deutschen Hochschulen in den Provinzialismus zurück. Der DHV spricht sich dafür aus, die Kompetenz des Bundes für Rahmenregelungen zu erhalten. Dazu gehörten nach Auffassung des DHV vor allem die Personalstruktur, die Bestimmung der Hochschularten und ihrer Aufgaben, der Zugang zum Studium sowie die Finanzierung der Hochschulen.
Auch die Forschungsfinanzierung sollte weiterhin eine gemeinsame Aufgabe von Bund und Ländern sein. Die gemeinschaftliche Wahrnehmung der Forschungsförderung durch Bund und Länder habe sich bewährt und sei ein wichtiges Korrektiv, um Fehlsteuerungen zu vermeiden und um die Freiheit von Forschung und Lehre kompetenziell zu organisieren.
Der DHV begrüßt das erklärte Ziel der Bildungspolitik, international sichtbare Spitzenforschung zu fördern. Er schließt sich der Forderung des WR an, den Aufbau universitärer Forschungsschwerpunkte zu ermöglichen.
Finanzierung
Der DHV teilt die Ansicht, daß die Finanzierung der Universitäten auf eine neue, sichere Grundlage gestellt werden müsse. Die Grundausstattung der Universitäten sei ungeachtet der angespannten Haushaltslage in Bund und Ländern erheblich zu verbessern. Der richtige Verweis des WR auf private Einnahmequellen, die sich die Hochschulen zu erschließen hätten, entlasse den Staat jedoch nicht aus seiner finanziellen Verantwortung für die Universitäten. Die Höhe der von Hochschullehrern eingeworbenen privaten Drittmittel habe bereits ein beachtliches Maß erreicht. Dabei dürfe man nicht die Augen davor verschließen, daß die Einwerbung von Drittmitteln insbesondere aus nicht von Bund oder Ländern finanzierten Fonds stets auch die Gefahr von Abhängigkeiten und damit das Risiko einer wissenschaftsinadäquaten Forschungslenkung erhöhe.
Die Ausstattung der Universität habe sich an vergleichbaren außeruniversitären Forschungseinrichtungen zu orientieren. Dazu trage die sogenannte Vollkostenfinanzierung von Drittmittelprojekten wesentlich bei, weil dadurch die Grundausstattung der Universitäten und Fakultäten gestärkt werde. Dafür bedürfe es einer erheblichen Aufstockung der von den staatlichen Projektträgern (DFG, BMBF) vergebenen Mittel.
Einheit von Forschung und Lehre
Allerdings hält der DHV für die Universität entgegen der Empfehlung des WR, künftig zwischen stärker lehrbezogenen und stärker forschungsbezogenen Professuren zu unterscheiden unterschiedslos im Graduate- wie im Undergraduatebereich an dem Grundsatz der Einheit von Forschung und Lehre fest. Nur eine Lehre, die sich ständig aus der Forschung erneuere, sei eine universitäre Lehre. Im Einzelfall und projektbezogen müsse es gleichwohl den Fakultäten ermöglicht werden, Hochschullehrer von ihren Aufgaben in der Selbstverwaltung zu entbinden und deren Aufgaben in der Lehre mit einem verringerten Deputat zu belegen. Auch die vermehrte und entbürokratisierte Vergabe von Forschungssemestern außerhalb eines fixierten Rhythmus fördere die universitäre Forschung. Es gebe weitere individuelle Möglichkeiten, die Freiräume von Hochschullehrern für die Aufgabenwahrnehmung in der Forschung zu erweitern. Allerdings dürfe mit solchen Maßnahmen nicht die Einheit von Forschung und Lehre in Frage gestellt werden.
Wissenschaftlicher Nachwuchs
Der DHV stimmt mit dem WR überein, daß die Heranbildung und Förderung des wissenschaftlichen Nachwuchses nicht nur in individueller Verantwortung des einzelnen Hochschullehrers liege, sondern darüber hinaus auch eine institutionelle Gestaltungsaufgabe sei. Entschiedenen Widerspruch des DHV findet dagegen der Vorschlag des WR, nur noch solche Universitäten oder Fakultäten mit der Heranbildung des wissenschaftlichen Nachwuchses zu betrauen, die den hohen Ansprüchen eines angemessenen wissenschaftlichen Umfeldes genügten. Das Erkennen wissenschaftlicher Begabungen und die fördernde Begleitung des wissenschaftlichen Nachwuchses durch alle akademischen Qualifikationsphasen müsse Aufgabe aller Universitäten und jedes einzelnen Universitätsprofessors bleiben. Eine Universität, die die Heranbildung und Förderung ihres wissenschaftlichen Nachwuchses nicht mehr zu ihren vornehmlichen Aufgaben zählen könne, verliere den ihr eigenen Charakter und damit ihr Profil als Universität. Ei ne Aufspaltung in Universitäten 1. Klasse (darf wissenschaftlichen Nachwuchs ausbilden und Universitäten 2. Klasse (darf keinen wissenschaftlichen Nachwuchs ausbilden) würde zudem den geforderten Wettbewerb der Universitäten untereinander nicht fördern, sondern geradezu ausschließen: Echter Wettbewerb sei nur bei gleichen Rahmenbedingungen möglich.
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