Zwangspfand ungewiss
(Berlin) "Der Handel ist überzeugt davon, dass das Zwangspfand entweder von den Gerichten oder der nächsten Bundesregierung gestoppt wird." Dies erklärte der Generalsekretär der Bundesvereinigung Deutscher Handelsverbände (BDH), Holger Wenzel, in Berlin anlässlich der Bekanntgabe der Mehrwegquote im Bundesanzeiger. Die BDH begrüßte die am gestrigen Dienstag eingereichte Massenklage von betroffenen mittelständischen Einzelhandelsunternehmen beim Verwaltungsgericht Berlin. Allein 1.777 Rewe-Kaufleute haben Anfechtungsklage gegen das per Verwaltungsakt aufgezwungene Zwangspfand erhoben. Wenzel: "Gerade mittelständische Einzelhandelsunternehmen bieten ihren Kunden Mehrweg an und möchten das auch weiterhin tun. Wenn sie gezwungen werden, unter hohen finanziellen Belastungen ein zweites Rücknahmesystem für Einweg in ihren ohnehin oft zu kleinen Läden aufzubauen, werden sie sich für dieses System entscheiden müssen. Mehrweg wird dann aus vielen Supermärkten verschwinden."
Der BDH-Chef machte deutlich, dass der Handel wegen der nach dem Beschluss des Bundesverfassungsgerichts bestehenden weiteren Rechtsschutzmöglichkeiten derzeit keine Grundlage sehe, ein nationales Pfandsystem für Einwegflaschen, Dosen und Getränkekartons aufzubauen. Wenzel: "Gegen das Zwangspfand werden Handelsunternehmen Rechtsmittel einlegen, um den Weg zu einem neuen politischen Konsens zu Getränkeverpackungen offen zu halten. Die Klage der mittelständischen Betriebe vor dem Berliner Verwaltungsgericht ist erst der Anfang. Kleinere und große Handelsunternehmen ziehen an einem Strang gegen das Zwangspfand."
Der Handelschef wies darauf hin, dass entscheidende wirtschaftliche und technische Eckpunkte für den Aufbau eines Pfandsystems ungeklärt seien. Ohne Änderung der Verpackungsverordnung sei voraussichtlich ab 2004 auch auf Milchkartons, Weinflaschen und Saftverpackungen ein Pfandzuschlag zu entrichten. Dies müsste bei der Systemauslegung von Anfang an berücksichtigt werden, beispielsweise bei den technischen Fähigkeiten und Kapazitäten der Rücknahmeautomaten. "Für die Unternehmen ist derzeit keine Rechts- und Planungssicherheit gegeben, um irreversible Investitionen von mehr als 1,4 Milliarden Euro zur Umsetzung des Zwangspfands zu treffen, die nach einer Novelle der Verpackungsverordnung abzuschreiben wären, stellte Wenzel fest. Der Handel appelliere an alle politischen Parteien, gleich nach der Bundestagswahl den Verpackungskonsens mit der Wirtschaft zu erneuern.
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